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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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Sie konnte momentan nicht einmal mehr weinen, so starr war sie vor Angst und ihr Körper reagierte nur noch auf das Seil und die Richtung. Mechanisch setzten ihre Beine einen Schritt vor den anderen und eine große Leere herrschte in Julias Kopf, denn sie stand unter Schock.
    In den frühen Morgenstunden waren Hetigrim, Thiustri und Haduolf erwacht und hatten überaus erstaunt festgestellt, dass ihr Gefangener sich hatte befreien können. Anhand des durchgeschmorten Seils waren sie auch schnell darauf gekommen, wie ihm das gelungen war, und sie hatten keine Zeit verschwendet. Schließlich brachte so ein hochgewachsener, unverletzter und kräftiger junger Mann sogar auf den aus römischer Sicht weit im Hinterland gelegenen Märkten noch einen stattlichen Preis in Form von Pferden ein. Und Pferde bedeuteten Ansehen und Macht! Für die Römer arbeitete er wohl nicht, denn welchen Sinn hätte dies gehabt, wenn man nicht einmal der Sprache der Nordstämme mächtig war?
    Ahenobarbus, selbst von den wilden Langobarden respektierter Oberbefehlshaber der römischen Truppen, hatte in den letzten Jahren immer wieder isolierte Attacken und militärische Machtdemonstrationen durch seinen wichtigsten Militärbefehlshaber Marcus Vinicius durchführen lassen – und das nach fast zehn Jahren dürftigen Friedens! »Feuerbart«, wie sie den rotbärtigen Römer nannten, war sogar über den »Weißen Fluss« vorgedrungen, welcher die Westgrenze ihres Stammesgebietes markierte, und in ihr Territorium eingedrungen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis offener Krieg zwischen Langobarden und Römern ausbrach. Andere Stämme, vor allem die schwachen, wurden umgesiedelt, Verträge mit den Römern abgeschlossen und Tribute gezahlt. Viele vertrieb man aus ihren angestammten Gebieten.
    Vielleicht waren diese beiden merkwürdigen Gestalten ja durch militärische Vorgänge weit im Süden hierher verschlagen worden? Aber es konnte ihnen eigentlich auch egal sein. Niemand würde genauer wissen wollen, ob ihre Gefangenen nun Freie oder Unfreie gewesen waren. Aufgrund ihres Sprachproblems konnten sie es sowieso nicht richtigstellen. Aber um den Burschen zu verkaufen, mussten sie ihn erst einmal wieder einfangen. Sie alle waren erfahrene Jäger und trauten dem Flüchtling nicht zu, weit zu kommen.
    Hetigrim war zurückgeblieben, um auf die Pferde zu achten. Haduolf und Thiustri würden ihm einfach die Frau übergeben, bevor sie die Suche fortsetzten, denn auch mit ihr konnte man sicher einen hohen Preis bei einem der Zwischenhändler erzielen. Sie war sehr hübsch und gut gebaut – und vielleicht konnte man ihr blondes Haar ja vorher noch anderweitig zusätzlich verkaufen. Reiche Römerinnen rissen sich um Perücken aus langem Haar von den blonden Frauen der Nordstämme und zahlten fast jeden Preis.
    Julia ahnte glücklicherweise nichts von den Gedanken ihrer beiden Begleiter, sonst wäre sie wahrscheinlich auf der Stelle wahnsinnig geworden vor Angst.
    Eine knappe Stunde später, in der sie ohne Pause durch den kahlen Wald geeilt waren, kamen sie am Lager der drei an. Sichtlich erstaunt betrachtete Hetigrim die erschöpfte und ziemlich teilnahmslose junge Frau, die Haduolf und Thiustri da anschleppten. Am Kopf hatte sie eine kleine Schramme und eine leichte Schwellung, aber die würde in wenigen Tagen wieder verschwunden sein. Erstaunlich war der Stoff ihres Umhangs – und dass sie Hosen darunter trug! Zwar aus einem grotesk dünnen Stoff, aber Hosen! Als Frau! Und auch ihre Schuhe wirkten auf ihn irgendwie unpassend. Sie war so anders als alle Frauen, die er bislang gesehen hatte. Er überlegte kurz … So makellos – ja, das war es! Ihr fehlten keine Zähne, Finger oder Augen, sie war kräftig, hatte keine ernsthaften Verletzungen, humpelte nicht, hatte keine steifen Glieder und glatte Haut. Sie musste eine römische Adlige sein, trotz der Größe und Gesichtszüge einer Frau der Stämme. Vielleicht war sie adoptiert worden? Das war jedenfalls nicht unüblich. In der Welt der langobardischen freien Bauern und Krieger war der Alltag sehr, sehr hart und ging an keinem spurlos vorüber. Entweder zeichneten Krankheiten die Menschen oder Dürrejahre mit Mangelernährung hinterließen ihre Spuren. Die harte Arbeit oder das Kriegshandwerk bargen enorme Verletzungsrisiken, sodass die einfachen Menschen mit 30 Jahren nur selten keine äußeren Anzeichen davongetragen hatten. Diese Frau aber war makellos und sie erinnerte ihn ein wenig an seine

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