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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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scheinbar mühelos aus der kleinen Höhle unter den Steinen hervor.
    Auf dem feuchten Waldboden ließ er ab von ihr und brüllte ihr Speichel spritzend etwas in einer ihr völlig fremden Sprache ins Gesicht. Ein anderer Mann tauchte nun auf, auch langbärtig, aber einen langen Speer schwingend! Als er Julia am Boden erblickte, ließ er die Waffe sinken und starrte sie nur stirnrunzelnd an. Julia wich vor dem sie bedrängenden Mann zurück, doch mit einem der Steine im Rücken ging es nicht weiter. Wieder beugte sich der grimmig Aussehende über sie und bellte sie in seiner Sprache an.
    »Bitte, ich verstehe Sie nicht! Ich spreche nur Deutsch! Bitte tun Sie mir nichts!«, flehte sie.
    Doch ihr Peiniger verstand sie genauso wenig wie sie ihn. Er überlegte kurz, formte dann die Lippen, so, als würde es ihm Mühe bereiten, und zischte zwei Silben: »Lee-hon!«
    Mit großen Augen und voller Hoffnung beging Julia jetzt einen gewaltigen Fehler. Die vermeintliche Wendung zum Besseren trat nicht ein, als sie »Leon? Ja, das ist mein Freund! Bitte bringen Sie mich zu ihm!« entgegnete.
    Wutentbrannt schlug ihr der fremde Mann daraufhin heftig ins Gesicht, sobald er den Namen »Leon« herausgehört hatte.
    Für Haduolf war damit klar, dass diese Frau zu der anderen Witzfigur gehörte, die sie gestern bereits in diesem Waldstück aufgespürt hatten. Die beiden hatten offensichtlich schon lange im Imperium gelebt, denn sie sahen zwar aus und sprachen auch wie welche von den südlichen Stämmen, aber der verweichlichte Mann war weder Krieger noch Bauer gewesen.
    Was sie hier verloren hatten, war ihm jedoch nicht klar, aber er und seine Leute befanden sich im Krieg mit den Römern und da konnte man nicht vorsichtig genug sein – insbesondere nicht in diesem verdammten Chaukenland, dessen Häuptlinge sich ohne große Not vor vielen Wintern schon kampflos den Römern ergeben hatten!
    Beim Hängegott – als Langobarde würde sich Haduolf lieber in Stücke hacken lassen, als sich jemals vor die Füße eines Römers zu werfen!
    Hetigrim und Thiustri sahen das auch nicht anders. Sie würden den Gockel schon noch einfangen und am Wisuraha [2] , dem »Wiesenfluss«, an einen Sklavenhändler verkaufen. Falls das nicht klappte, dann eben während des Things [3] zum Schnitterfest, dem Beginn der Erntezeit zwei Vollmonde nach der Sonnenwende. Anschließend würden sie endlich zurückkehren zum »Weißen Fluss«, ihrem Fluss, den die Römer Albis [4] nannten. »Thiustri! Fessele unseren bunten Schmetterling hier! Wir bringen sie zu Hetigrim und suchen dann weiter nach dem Gockel!« Thiustri nickte und band Julia einen kurzen rauen Strick um die Handgelenke, während Haduolf einen letzten Blick in Julias Unterschlupf warf. Verwundert musterte er noch einmal die Kleidung der jungen Frau und befühlte diese. Sowohl die Farben als auch die Stoffe kamen den beiden gänzlich unbekannt vor. Sie konnten nur den Kopf über die Unangepasstheit an diese Umgebung schütteln. Sie hatte ja kaum richtiges Schuhwerk an! Ihm fiel ein buntes Ding auf, das aus der Tasche dieses grotesk aussehenden Umhangs des Mädchens ragte. Haduolf zog dran und hielt eine Art runden stoffartigen Gürtel in der Hand, an dem einige Metallscheiben baumelten. Allerdings war er viel zu kurz, um einem Menschen zu passen. Außerdem war er ein wenig fettig und so roch er daran. Hatte wohl einem Tier gehört. Aber wozu band man einem Tier wertvolle Metallscheiben an einem Gürtel um den Hals? Es sah irgendwie römisch aus, also musste diese Frau wohl sehr reich sein. Denn solche Scheibchen hatte er schon einmal gesehen, nur dicker und nicht so glatt. Konnte er bestimmt gegen etwas Nützliches tauschen …
    Er steckte es ein und ging voran. Thiustri warf der schluchzenden und zitternden Julia ein Seil mit einer Schlinge über den Kopf und zog sie wie ein Stück Vieh hinter sich her. Sie folgten Haduolf zu ihrem Anführer Hetigrim.
    Julia stolperte fast ohne Wahrnehmung und klare Gedanken hinter diesen beiden Gestalten her. Sie war nahe an einem Nervenzusammenbruch, denn zu all ihrem Unglück war sie offenbar auch noch von zwei Wahnsinnigen gefangen genommen worden! Der Horror nahm kein Ende! In einem regennassen Wald halb nackt diesen wildfremden, bewaffneten Männern an einem Strick ausgeliefert zu sein, das überstieg ihr Fassungsvermögen. Eigentlich hatte sie sich am heutigen Tag endlich die ersehnte Hilfe erhofft, stattdessen stürzte sie von einer Katastrophe in die nächste.

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