Markus, glaubst du an den lieben Gott? (German Edition)
Anschauungen aufzudrängen. Ich persönlich finde es viel schöner und effektiver, wenn ältere Menschen respektvoll im Familienverbund leben, sie dementsprechend behandelt werden und ihnen die Möglichkeit gegeben wird, ihre Lebenserfahrungen erzählerisch oder sogar spielerisch weiterzugeben. Und damit sind wir wieder bei unseren ausländischen Mitbürgern: Gerade in Ländern wie Italien, Spanien und Griechenland wird der Familienverbund viel enger und authentischer gepflegt als bei uns in Deutschland. Jung und Alt erfahren Familie so, dass sie mit der höchstmöglichen Bereitschaft, gesunde Kompromisse miteinander zu diskutieren, oft auf engem Raum zusammenleben können. Unsere mitteleuropäische Wirtschaft ist zwar erfolgreicher als die in einigen dieser Länder, dafür vereinsamen die Menschen hier aber viel häufiger, weil unser Ego sehr im Vordergrund steht. Diesem Ego kann man es nur schwer recht machen. Uns wird eine Familien- oder Beziehungssituation sehr schnell zu eng und wir klagen gerne lautstark darüber. Dies führt zu Polarisierung und Verletzungen bei den schwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft. Beides ist auf soziale Kälte zurückzuführen. Und soziale Kälte entsteht, wenn Menschen nicht genug miteinander reden. Es fehlt dadurch automatisch auch an Streitkultur: Lieber meidet man den Konflikt und kehrt ihn sozusagen unter den Teppich, als eine Situation gemeinsam auszuhalten und zu lösen. Unser soziales Gefüge kann sich glücklich schätzen, von ausländischen Mitbürgern Familienwerte assimilieren zu dürfen – und ich wünsche mir, dass wir Deutschen dies sehr viel häufiger auch tun würden, beispielsweise, indem mehr Geld und Engagement in öffentliche Begegnungsstätten investiert wird.
Zum Thema Eigeninitiative von uns Bürgern fällt mir als gläubigem Menschen wieder einmal der arabische Satz ein: „Vertraue ruhig auf Gott, deine Kamele losbinden musst du schon selbst!“
Gott, ich danke dir für meine Gelassenheit! Apropos Gelassenheit: Ich kenne da jemanden, der sollte bei mir zu Hause im Badezimmer eine Glasduschkabine einbauen. So ein schickes Teil, ebenerdiger Eintritt und so weiter. Komme ich abends auf die Baustelle, was hängt da? Ein Duschvorhang aus Plastik, so ein komischer Lappen, über einer klitzekleinen Duschwanne. Ich wieder raus. Erst mal sammeln. Hab ich mich verguckt? Soll ich dem Meister vielleicht ein Bierchen anbieten? Ich hab gar keins. Ich wieder rein ins Bad.
Sag ich zu dem, ganz höflich: „Hallo. Sagen sie, Meister, Sie wollten mir doch ’ne Glasduschkabine einbauen, oder? Wo ist die denn?“ Der zu mir: „Wissen Sie, Herr Makowski, wenn ich mir was wünsche, ganz doll wünsche, dann braucht es ’ne lange Zeit. Es kommt. Vielleicht. Aber es braucht. Die Strecke bis dahin ist oftmals sehr verschwommen, indifferent, seltsam. Und meistens kommt es sowieso anders, als man denkt. Manchmal kommt auch gar nichts. Was meinen Sie eigentlich, wie lange ich dafür gebraucht habe, um das zu kapieren? Abwarten, das ist wohl nicht so Ihr Ding, hm? Tja, Makowski, es ist schon hart, durch die Hölle zu reisen, aber Sie müssen da ja nicht parken! So, ich sag Ihnen mal was: Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche. Wenn Sie Glück haben, dann kommt’s – und wenn’s im vorletzten Moment ist. So, ich geh dann mal, hm!“ Und geht. Der lässt mich stehen und geht.
Kalt duschen wäre jetzt nicht schlecht. Hm? Ja, damit ich immer daran erinnert werde, wie vergänglich mein Glück ist, egal, was ich mein Eigentum nenne ... Kaum habe ich es erworben und halte es in den Händen, kommt etwas angeflogen und belegt es mit einem fiesen Zauber.
Es gibt auch noch die Bibel, und wirklich konzentriert kann ich die immer dann lesen, wenn es mir schlecht geht. Bin ich obenauf, muss ich mich sehr anstrengen. Und bin ich wieder unten, reicht mir manchmal schon eine Seite. Das ist interessant. Ich spüre jedes Mal, wenn ich an diesem Buch übe: Es steht längst alles in meinem Herzen drinnen. Da hat Gott es reingeschrieben. Und ich? Ich habe jeden Tag eine neue Chance. Ich kann zum Beispiel meine Angst ausschalten. Die Angst, ich könnte irgendetwas verpassen. Den Sinn des Lebens womöglich! Zack! Da kommt er gerade vorbei gebraust. Mist! Ich hätte ihn nur packen müssen, den Sinn des Lebens.
Wenn Sie auf einer Autobahn das Vergnügen haben, nur Beifahrer zu sein, sollten Sie sich etwas ganz Besonderes gönnen. Es muss strahlendes Wetter sein, am besten ein kalter
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