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Marlene Suson 1

Marlene Suson 1

Titel: Marlene Suson 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Mitternachts-Braut
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ihn so zornig und herausfordernd an, als erwartete sie, daß er Sophia verteidigte. Er konnte es kaum fassen. Was für eine geringe Meinung sie von ihm haben mußte.
    Seine Meinung von ihr dagegen wurde von Mal zu Mal besser. Ihre Herzensgüte und die echte Sorge um ihre Mitmenschen im- ponierten ihm so sehr, wie sie ihn überraschte. Bis zum heuti- gen Tag war ihm nie eine Frau begegnet, die seine auf leidvol- ler Erfahrung beruhende schlechte Meinung von schönen Frauen ins Wanken gebracht hatte. In seinen Augen waren alle schönen Frauen egoistisch, verlogen, durchtrieben und treulos.
    Rachel dagegen war nobel und mutig. Sie zögerte nicht, dafür einzutreten, was sie für recht hielt. Sie hatte so um seinen ,Reit- knecht’ gebangt, daß sie in sein Zimmer gekommen war, um für ihn zu bitten. Sie hatte ein mitfühlendes Herz, eine seltene Aus- nahme bei einer Frau ihres Aussehens.
    Sein erster Eindruck von ihr war offenbar völlig falsch gewe- sen. Sie unterschied sich grundlegend von allen Frauen, die ihm bisher begegnet waren.
    Oder war sie nur, raffinierter? Sein Mißtrauen war so tief ver- wurzelt, daß er einfach den Verdacht nicht loswurde, womöglich doch wieder in eine Falle zu tappen.
    „Wenn es Gentleman Jack nicht gäbe, wären einige sicher schon verhungert‚, fuhr Rachel fort. „Dem Himmel sei Dank, daß er ihn uns geschickt hat.‚
    Jerome hatte sich von Rachel so bezaubern lassen, daß er die Angst um seinen Bruder ganz vergessen hatte. Jetzt kehrte sie mit einem Schlag zurück, und ihm fiel auch der Anschlag auf Rachels Leben wieder ein. „Man munkelt, daß Sie in Gefahr sind, daß kürzlich jemand auf Sie geschossen hat.‚

„Ach, das!‚ sagte sie wegwerfend. „Es war nur ein Unfall, des- sen bin ich sicher. Es gibt genug Leute hier in der Gegend, die der Hunger zum Wildern treibt. Ich kann ihnen keinen Vorwurf daraus machen.‚
    Jerome auch nicht, aber trotzdem nahm er die Sache nicht so leicht. „Was macht Sie so sicher, daß es nur ein Versehen war?‚
    Sie lächelte sonnig. „Wer sollte mich töten wollen? Und warum?‚
    Jerome dachte an Ferris’ Worte, daß alle Welt Rachel liebte – außer Fletcher. „Vielleicht war es ein abgewiesener Bewerber wie Sir Waldo.‚
    Rachel zog eine Grimasse. „Zugegeben, er ist ein abscheulicher Mensch, doch ich kann nicht glauben, daß er versuchen würde, mich zu töten.‚ Ein mutwilliges Lächeln umspielte ihre Lippen. „Wenn er es trotzdem versucht, dann trifft er mich ohnehin nicht.‚
    Jerome hoffte inständig, daß sie Fletchers Schießkünste richtig einschätzte. „Und was, wenn Sir Waldo ein besserer Schütze ist, als Sie glauben? Wenn er Gentleman Jack gestern abend doch getroffen hat? Glauben Sie, daß die Leute, denen er geholfen hat, sich erkenntlich zeigen und ihm helfen würden? Oder würden sie ihn gegen Belohnung verraten?‚
    „Sie würden ihm helfen, das steht absolut fest.‚ Verwirrt sah Rachel Jerome an. „Das klingt ja, als machten Sie sich wirklich Sorgen um Gentleman Jack. Wieso sollten Sie?‚
    Er spielte mit dem Gedanken, Rachel ins Vertrauen zu ziehen, verwarf ihn jedoch sofort wieder. Es wäre Wahnsinn und könnte seinen Bruder das Leben kosten. Einer so schönen Frau wie Rachel durfte man ein so gefährliches Geheimnis nicht anvertrauen.
    Sie mußte ihn verhext haben, daß er überhaupt auf den Ge- danken gekommen war. Verdammt, die Frau war gefährlich. Er war entschlossen gewesen, nicht in das Labyrinth zu gehen, und doch hatte er es nicht fertiggebracht, sich von ihr fernzuhalten.
    Nun würde es auch nicht möglich sein, ihr und Yorkshire heute wie geplant den Rücken zu kehren. Er konnte nicht abreisen, bevor er nicht sicher war, daß es seinem Bruder gutging. Doch wenn er nicht auf der Hut war, würde er womöglich sein Herz an die liebreizende Lady Rachel verlieren, und er wußte nur zu gut, wieviel Schmerz und Enttäuschung ihm das bringen würde.
    Abrupt setzte er Maxi, der auf seinem Schoß eingeschlummert war, auf den Boden und stand auf. Für den Rest seines Aufenthalts auf Wingate Hall mußte er Rachel unbedingt fernbleiben. Auch

wenn das bedeutete, daß er dafür die Gesellschaft ihrer Tante ertragen mußte.
    Er verabscheute Sophia, doch im Gegensatz zu ihrer Nichte bedeutete sie für ihn keine Versuchung.
    An diesem Abend eilte Rachel nach dem Dinner zutiefst depri- miert hinauf in ihr Zimmer. Sie hatte sich so auf das Zusammen- sein mit dem Herzog gefreut, doch anstatt sie zu Tisch zu führen

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