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Marlene Suson 2

Marlene Suson 2

Titel: Marlene Suson 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Mitternachts-Lord
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mehr einholen würde. Dazu war er schon zu weit weg.

Als Stephen Wilhelms Farm erreichte, war er beeindruckt, weil sie so gepflegt und ordentlich wirkte. Der Riese war gerade mit einer der Arbeiten beschäftigt, die Stephen von ihm lernen wollte – das Holzhacken. Auch Wilhelm benutzte dafür einen Hackklotz, der oben gegabelt war. Stephen betrachtete den großen Haufen Klafterholz, der neben ihm lag, mit ganz neuen Augen.
    Wilhelm musterte ihn eine Weile schweigend, bevor er fragte: „Was führt Sie her?“
    „Ich möchte Sie bitten, mir beizubringen, wie man Holz hackt.“
    Wilhelm starrte ihn so fassungslos an, daß Stephen sich wie ein Idiot vorkam. Trotzdem fragte er noch einmal: „Wollen Sie es mir zeigen?“
    Wilhelm überlegte einen Augenblick. „Warum wollen Sie es lernen?“
    Was, zum Teufel, ging ihn das an? Stephen schluckte eine schroffe Bemerkung hinunter. Als Bittsteller mußte er sich be- scheiden. Also erklärte er Wilhelm die ganze Geschichte von Joshs verstauchtem Fußgelenk und seiner Absicht, auf der Farm zu bleiben und Meg zu helfen, bis der Junge wieder auf dem Damm war.
    „Sie braucht Sie länger als nur für ein paar Tage. Sie braucht Hilfe bei der Ernte.“
    „Das wäre ja erst in einem Monat!“ So lange konnte Stephen unmöglich bleiben. Er spielte ja jetzt schon mit seinem Leben.
    Obwohl inzwischen ziemlich klar war, daß Flynt Stephens Fährte verloren hatte, würde Flynt trotzdem seinen zweibeini- gen Spürhund Silas Reif und noch andere Kopfgeldjäger hinter ihm herhetzen. Reif lebte davon, entflohene Sklaven und Fron- arbeiter gegen Belohnung wieder bei ihren Herren abzuliefern. Er galt als der Beste in seinem Job. Noch nie war ein von ihm gehetztes Wild entkommen.
    Stephen hoffte inständig, die Ausnahme von der Regel zu sein.
    „Selbst mit Joshs Hilfe kann Fräulein Drake die Erntearbeit nicht schaffen. Bleiben Sie bis zur Ernte, und ich zeige Ihnen, wie man Holz hackt.“
    „Ihr Bruder Quentin hat versprochen, zurückzukommen und bei der Ernte zu helfen.“
    „Ach, glauben Sie an den Weihnachtsmann?“ schnaubte der Riese verächtlich. „Versprechen Sie, bis zur Ernte zu bleiben, dann bringe ich Ihnen alles bei, was Sie wollen.“

Stephen war nicht bereit, ein Versprechen abzugeben, das er womöglich nicht halten konnte. „Ich bleibe so lange, wie ich nur kann. Mehr will ich nicht versprechen.“
    Ihre Blicke kreuzten sich, und sie fixierten sich stumm.
    Dann sagte Stephen ruhig: „Ist es nicht besser, wenigstens für eine Weile zu bleiben, als ihr überhaupt nicht zu helfen?“
    Wilhelm dachte darüber nach und nickte dann. „Passen Sie auf.“ Er schwang die Axt hoch über den Kopf und ließ sie auf den Holzkloben heruntersausen, der auf dem Hackklotz stand. Prompt fiel er in zwei Stücken zu Boden.
    „Wieso habe ich das nicht geschafft?“ rief Stephen frustriert. „Bei mir ist die Axt im Holz steckengeblieben.“
    „Was hatten Sie? Ulmenholz?“
    Stephen nickte.
    „Das ist schwammig und zäh. Warten Sie, ich zeige es Ihnen.“ Wilhelm suchte ein Stück Ulme heraus und stellte es auf den Hackklotz. „Hierbei müssen Sie an den Seiten entlanghauen.“
    Fünfmal schlug Wilhelm mit der Axt zu, wobei er jeweils seitlich ein Fünftel des Holzklobens abspaltete. Er machte das so akkurat, als hätte er vorher ein Fünfeck auf das Holzstück gemalt.
    Als er fertig war, stellte er einen neuen Kloben in die Hack- klotzgabel und reichte Stephen die Axt. „Jetzt versuchen Sie es.“
    Stephen konnte die Axt zwar nicht so präzise und rhyth- misch wie Wilhelm führen, doch schließlich bekam er das Holz entzwei.
    Während Stephen sich weiter abmühte, fragte er: „Was haben Sie von Charles Galloway gehalten?“
    Wilhelm verzog angewidert das phlegmatische Gesicht. „Es war gut für Fräulein Drake, daß er umgebracht wurde.“
    „Mit wem hat er sich denn angelegt?“
    „Mit zwei Fremden. Sie haben zusammen im Wirtshaus ge- spielt. Galloway war ziemlich betrunken.“
    „Und dann hat er Streit angefangen?“
    „Nein, das waren die Fremden. Ich glaube, sie sind nur aus dem Grund hergekommen.“
    Stephen ließ die Axt sinken. „Wollen Sie damit sagen, daß sie in der Absicht hergekommen sind, Galloway zu töten?“
    Der Riese hob die Schultern. „Sie sind vorher nie in dieser

Gegend aufgetaucht. Als sie kamen, haben sie als erstes nach Charles Galloway gefragt.“
    Wilhelms Worte bestätigten Stephens finsteren Verdacht und weckten eine tiefe Besorgnis in ihm.

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