Marlene Suson 2
erteilen.“
Stephen grinste. „Sie haben ihn geschlagen.“
„Nein, ich richtete die Pistole meines Vaters auf ihn und drohte abzudrücken, wenn er nicht sofort verschwinden würde.“
Stephen starrte sie so ungläubig an, daß Meg versicherte: „Ich hätte es auch getan.“
„Dessen bin ich sicher.“ Seine Stimme klang ernst, doch seine Augen leuchteten. „Daraufhin hat er sich ja wohl aus dem Staub gemacht, oder?“
Verdrossen biß sie sich auf die Lippen. „Sie lachen mich aus.“
„Weit gefehlt! Ich klatsche Ihnen Beifall.“ Stephens Lächeln erwärmte ihr Herz. „Zu schade, daß Sie Ihre Drohung nicht wahr gemacht und ihn über den Haufen geschossen haben. Mit Sicherheit wäre die Welt damit ein Stückchen besser geworden.“
Als Stephen an diesem Abend im Bett lag, fragte er sich wie- der, ob er Megan die Wahrheit über sich und seine Beziehung zu Flynt hätte gestehen sollen. Immerhin wußte sie ja, was für ein Mensch er war. Doch Stephen hatte befürchtet, daß sie ihm seine Geschichte wieder nicht glauben würde. Dann wäre ihr noch sehr zerbrechliches Vertrauen in ihn für immer dahin. Dieses Risiko wollte er nicht eingehen.
Er war sicher, daß Flynt Galloway und Baylis benutzt hatte, um Ashley Grove in die Finger zu bekommen. Aber wie sollte er das beweisen? Er dachte an die mit einem roten Band verschnür- ten Briefe und Dokumente in der Kiste mit Galloways Sachen. Vielleicht fand er darin einen Hinweis.
Er hörte ein Geräusch, das aus der rechten Zimmerecke kam. Richtig, der Augenblick seiner allabendlichen Marter war wieder gekommen.
Er drehte den Kopf auf dem Kissen und schaute zu Megans Bett hinüber. Natürlich war der Vorhang wieder fest zugezogen.
Dieser vermaledeite Wilhelm! Mußte er sich unbedingt diese Konstruktion einfallen lassen? Hätte er sich doch lieber um seinen eigenen Kram gekümmert.
Die Stoffwände schützten Megan zwar vor Stephens Blick, doch sie konnten die Geräusche nicht dämpfen, die dahinter entstanden, wenn sie sich auszog.
Stephen lauschte auf das provozierende Rascheln. Vor seinem inneren Auge sah er die Szene, die sich hinter dem Vorhang abspielte, und er spürte sofort, wie sein Körper sich regte.
Zuerst würde sie die Strümpfe abstreifen, wobei wohlgeformte Waden zum Vorschein kamen. Dann folgte das Kleid und ent- blößte Linien, die man unter dem gräßlichen Sack nur ahnen konnte. Zum Schluß würde das Hemd fallen, und Megan würde in berückender Nacktheit neben dem Bett stehen.
Stephen stellte sich vor, wie sie ihren Zopf löste und das wun- dervolle Goldhaar ausschüttelte. Es würde ihr bis zu den Hüften herabfallen, und die rosigen Knospen ihrer Brüste würden durch die schimmernden Wellen lugen.
Er war so erregt, daß es schmerzte. Hol’s der Henker! Er würde sich noch um den Verstand bringen. Er mußte unbedingt an etwas anderes denken.
Er versuchte es.
Er versuchte es wirklich.
Doch vergebens.
Als die Geräusche ihm schließlich verrieten, daß sie im Bett lag, hätte er sich so gern zu ihr gelegt. Er glaubte sterben zu müssen, weil er es nicht durfte.
Was hatte diese Frau nur an sich, daß er sich dermaßen nach ihr verzehrte?
Am nächsten Morgen verkündete Stephen vor dem Frühstück, daß er hinausgehen und Holz hacken wollte.
Megan maß ihn mit einem skeptischen Blick.
Verdammt, hielt sie ihn denn für so dämlich, daß er nicht ein- mal Holz hacken könnte? Das war ja wohl eine seiner leichtesten Übungen.
„Ich zeige Ihnen, wo Josh es immer tut.“ Sie gingen hinaus, und Stephen folgte Megan zu dem Holzstoß. Oder besser, zu den kläglichen Überresten, die einst der Holzstoß gewesen waren. Er war zu einem kleinen Häufchen Anzündholz zusammenge- schmolzen.
Daneben stand ein alter, verwitterter Hackklotz. Er bestand aus dem Stück eines Baumstamms, das sich oben gabelte. Neben dem Hackklotz lag eine gefällte Ulme, deren Stamm bereits in handliche Stücke gesägt war, die man jetzt nur noch zu spalten brauchte. Eines dieser Stücke stand aufrecht in der Gabel des Hackklotzes.
„So bleibt das Holz schön an Ort und Stelle, wenn Sie es spal- ten“, erklärte Megan. „Es geht ganz hervorragend. Auch dieses Patent verdanken wir Wilhelm.“
Stephens Kamm schwoll bei der Erwähnung dieses Wunder- knaben. Es machte ihn rasend, daß Megan diesen Einfaltspinsel soviel mehr bewunderte und schätzte als ihn.
Bevor Megan zum Blockhaus zurückging, sagte sie noch: „Ich rufe Sie, wenn das Frühstück fertig
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