Marlene Suson 2
die Hacke in die linke Hand, und mit der rechten schnappte er nach ihrer Haube und versteckte sie hinter seinem Rücken.
„Lassen Sie das doch endlich!“ Sie merkte selbst, wie halb- herzig ihr Protest klang.
Er grinste. „Nur wenn Sie aufhören, Ihr herrliches Haar unter diesem häßlichen Ding zu verstecken.“
„Was für dummes Zeug Sie immer daherschwatzen“, gab Meg zurück, doch sein Kompliment freute sie insgeheim. Hielt er ihr Haar wirklich für „herrlich“? Sie versuchte, nach der Haube hinter seinem Rücken zu greifen.
Er hob den Arm und hielt die Haube außerhalb ihrer Reich- weite.
Mit ausgestreckten Händen sprang sie hoch, konnte die Haube jedoch nicht erwischen. Als sie wieder am Boden landete, trat Meg auf einen Stein und verlor das Gleichgewicht.
Stephen ließ die Hacke fallen und fing Meg mit beiden Armen auf. Scheu sah sie ihn an. In seinem Blick glomm ein seltsames Feuer auf, als er in ihre Augen schaute, und langsam senkte er den Kopf.
Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Jetzt würde er sie wieder so küssen wie neulich unten am Fluß.
Sie mußte ihn davon abhalten.
Doch sie tat es nicht.
Mit jeder Faser ihres Körpers sehnte sie sich danach, wieder so geküßt zu werden.
Er roch nach Sonne und Schweiß. Es war ein Geruch, den Meg ungeheuer erregend fand.
Seine Lippen strichen flüchtig über ihre. Dann begann er, zärt- lich und aufreizend an ihrer Unterlippe zu knabbern, und fachte die in ihr schwelende Glut zu hellem Feuer an.
„Oh, Megan, Megan“, raunte er leise.
Meg liebte es, wenn er sie Megan nannte. Nur ihr Vater hatte sie früher so genannt.
Seine Arme schlossen sich fest um sie, und er küßte sie hart und fordernd. Sie schlang die Arme um seinen Nacken und erwiderte rückhaltlos seinen Kuß.
Er stöhnte unterdrückt auf. „O Megan, was tust du mir an.“
Konnte es auch nur annähernd so schlimm sein wie das, was er ihr antat?
Er gab ihren Mund frei und ließ die Lippen an ihrem Hals hin- abgleiten. Ein Wonneschauer ließ sie erbeben, und sie wünschte, er würde niemals aufhören.
„Meg, Meg, wo bist du?“
Joshs Stimme riß sie unsanft aus dem sinnlichen Zauberbann, den Stephen über sie geworfen hatte.
Stephen zerdrückte einen Fluch zwischen den Zähnen.
Und Meg hätte es ihm am liebsten gleichgetan.
Nur widerwillig ließ sie die Arme sinken und trat einen Schritt zurück. Mußte Josh ausgerechnet jetzt auftauchen?
„Ich bin hier!“
Josh bog um die Ecke des Maisfelds und lief auf sie zu. „Über- morgen wollen sie ein Blockhaus für die Loewys bauen. Es soll fertig sein, bevor die Ernte beginnt. Ich habe gesagt, daß wir auch kommen.“ Fragend sah Josh Stephen an. „Und daß Sie auch helfen werden.“
„Wie nett von dir, so großzügig über mich zu verfügen“, bemerkte Stephen trocken.
Doch Meg wußte genau, daß er einverstanden war. Egal, wie müde Stephen war oder wieviel Arbeit noch auf ihn war- tete, er war jederzeit bereit, den Nachbarn zu helfen, wenn sie Unterstützung brauchten.
Als Meg mit ihrem Bruder zurück zum Blockhaus ging, dachte sie über den Zwischenfall nach, den Josh unterbrochen hatte. Es lag klar auf der Hand: Stephen Wingate machte aus ihr eine lüsterne Frau.
Oder eine Närrin wie ihre Mutter.
Meg ballte die Fäuste so fest, daß die Nägel in ihre Handteller schnitten. Sie würde sich nicht zum besten halten lassen, noch dazu von einem Mann, der nach der Ernte auf und davon gehen würde.
14. KAPITEL
Stephen versuchte vergeblich, das aufreizende Rascheln hinter den Vorhängen von Megans „Schlafzimmer“ zu ignorieren. Sie zog sich gerade für das Blockhaus-Richtfest um.
Wieso brauchte sie so lange dafür? Wollte sie ihn mit Gewalt verrückt machen?
Stephen stand mit bloßem Oberkörper vor dem Spiegel an der Wand und rasierte sich.
Megans Vorwurf, sich nicht einmal selbst rasieren zu können, hatte ihn so getroffen, daß er es gelernt hatte. Anfangs hatte er nach der Rasur ausgesehen, als wäre jemand mit dem Messer auf ihn losgegangen. Inzwischen war er jedoch in der Lage, die Sache leidlich über die Bühne zu bringen.
Und es würde ihm noch besser gelingen, wenn dieses verflixte Rascheln hinter dem Vorhang endlich aufhörte!
Draußen war es sehr heiß, zu heiß, um das Jagdhemd zu tra- gen, das Megan für ihn genäht hatte. Deshalb hatte sie ihm aus dem Schrankkoffer ihres Stiefvaters ein weißes Hemd und eine schwarze Kniehose gegeben.
Da die Hose auch zu weit war, hatte sie Stephen gebeten, sie
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