Marlene Suson 2
es auf. „In gewisser Weise weiß ich es besser als du, meine süße kleine Unschuld.“ Seine Stimme, plötzlich heiser und erregend wie ein heimliches Versprechen, ließ sie erbeben.
Er senkte den Kopf und küßte sie zärtlich.
19. KAPITEL
Stephen spürte, wie ein Zittern durch Megans Körper lief, und Erleichterung durchflutete ihn. Er war ihr doch nicht gleichgül- tig!
Ihre strikte Weigerung, ihn zu heiraten, war ein harter Schlag für seinen Stolz gewesen. Nie hätte er sich träumen lassen, daß, wenn er sich endlich zur Ehe entschloß, die von ihm gewählte Frau ihn ablehnen würde. Er dachte an die vielen schönen Töch- ter aus Adelshäusern, die nur zu gern seine Gemahlin geworden wären.
Plötzlich erwachte der Zyniker in ihm. Wäre er kein Earl ge- wesen, hätte ihm vermutlich auch sein ganzer Charme nichts genutzt. Wahrscheinlich hatte seine größte Anziehungskraft in seinem Titel und Reichtum bestanden.
Als er den Mund von Megans Lippen löste, seufzte sie.
„Was hast du?“ fragte er besorgt.
Ein wehmütiger Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. „Dies war nicht unbedingt die Art Hochzeit, von der jedes junge Mädchen träumt.“
Schuldbewußt sah er sie an. Sie hatte ja recht. Für eine Frau war ihr Hochzeitstag der wichtigste Tag im Leben, und sie wünschte sich natürlich, ihn so feierlich wie möglich zu bege- hen. Sein Herz wurde schwer bei dem Gedanken, was für eine Enttäuschung dieser Tag für Megan gewesen sein mußte.
Irgendwie mußte er es wiedergutmachen. Vielleicht würde das Hochzeitsgeschenk, das er für sie im Sinn hatte, ein wenig da- bei helfen. Er konnte sich die Kolibri-Brosche, die er für sie in Auftrag geben würde, genau vorstellen. So ein kostspieliges Ge- schenk konnte er sich freilich erst leisten, wenn sie in England waren.
Falls sie England je erreichten.
Die Tür ging auf, und Quentin kam herein. Nur widerwillig
ließ Stephen Megan los. Im stillen verfluchte er ihren Bruder, weil er so schnell zurückgekommen war. Quentin zog sich den Schaukelstuhl zum Kamin und flegelte sich hinein.
Nachdem er überzeugt war, die bequemste Stellung gefunden zu haben, sah er zu seiner Schwester hinüber, die neben dem Tisch stand, und forderte quengelig: „Mach mir was zu essen, Meg. Ich bin am Verhungern.“
Ärger über den unverschämten Befehlston ihres Bruders flammte in ihren Augen auf, doch bevor sie zu einer Antwort ansetzen konnte, glitt Stephens Arm um ihre Taille.
„Den Teufel wird sie, du fauler Sack! Du wirst meine Frau nicht wie eine Dienstmagd herumkommandieren. Sie hat heute schon genug hinter sich. Erst schlägt sie mit dem Kopf so fest an einen Felsen, daß sie die Besinnung verliert und um ein Haar ertrinkt. Dann zwingst du sie mit Gewalt in eine Ehe, die sie nicht will. Und jetzt befiehlst du ihr auch noch, für dich zu ko- chen, als wäre sie deine Sklavin. Wenn du Hunger hast, mach dir selbst was zu essen, oder geh ins Wirtshaus.“
Quentins Gesicht verzerrte sich vor Wut. Er sprang auf die Füße und griff nach seinem Gewehr. Seine Schwester keuchte entsetzt auf, als er die Waffe wieder auf Stephens Brust richtete.
„So lasse ich nicht mit mir reden“, knurrte Quentin seinen neuen Schwager an. „Du wirst mich gefälligst mit dem Respekt behandeln, der mir zusteht.“
„Einem pflichtvergessenen Faulenzer, der seine Schwester und seinen halbwüchsigen Bruder in so einem Schlamassel sitzenläßt, steht überhaupt kein Respekt zu.“
Quentins Gesicht verdunkelte sich. „Auf der Stelle wirst du dich entschuldigen, verdammt noch mal“, tobte er.
Mit einem Blick, der vor Verachtung troff, maß Stephen den anderen von oben bis unten. „Glaubst du etwa, du verschaffst dir Respekt, wenn du dich hinter einem Gewehrlauf verkriechst?“
Quentin zitterte vor Wut. Die Waffe, die noch immer auf Ste- phens Brust gerichtet war, wackelte gefährlich. „Entschuldige dich, oder mach deinen Frieden mit dem Himmel.“
„Geh zum Teufel.“
Quentins Finger krümmte sich um den Abzug. Megan schrie auf, sprang vor und stellte sich vor ihren Mann, um ihn mit ihrem eigenen Körper zu schützen.
Stephen griff nach ihr und schob sie hinter sich. Ihr beherztes
Eingreifen verriet ihm viel mehr über ihre Gefühle für ihn, als sie zuzugeben bereit war – vielleicht sogar vor sich selbst. „Reg dich nicht auf, Megan. Dieser Trottel hat ja nicht mal nachgeladen.“
Quentin zuckte vor Scham zusammen und wurde noch röter. Mit einem gotteslästerlichen Fluch warf
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