Marlene Suson 2
er die Waffe auf den Boden, stapfte mit langen Schritten hinaus und warf die Tür so heftig hinter sich zu, daß die Teller auf dem Regal klirrten.
Stephen grinste Megan an. „Ich schätze, Quentin wird heute im Wirtshaus speisen.“
„Er ist so schrecklich jähzornig. Ich fürchte, das wird ihn eines Tages noch in echte Schwierigkeiten bringen.“
Stephen war der Meinung, daß diese Sorge durchaus berech- tigt war. Er senkte den Kopf, um Megan wieder zu küssen, doch bevor er es tun konnte, ging die Tür erneut auf, und Josh trat ein. Stephen wünschte ihn dorthin, wo der Pfeffer wächst.
Josh griff nach dem Joch für die Wassereimer. „Ich gehe zur Quelle.“
Das war vielleicht für eine Weile die einzige Gelegenheit, al- lein mit dem Jungen reden zu können, und Stephen beschloß, sie zu ergreifen. „Komm, ich helfe dir.“ Er nahm Josh das Joch ab und legte es sich selbst über die Schultern. „Dann brauchst du es nicht zu tragen.“
Der Junge folgte ihm den Weg hinunter zum Fluß.
Während Stephen die Eimer füllte, fragte er Josh: „Bist du froh, daß dein Bruder zurück ist?“
„Quentin ist fast so faul wie Galloway“, gab der Junge achselzuckend zurück.
„Wenn er bleiben will, muß er genauso arbeiten wie wir.“
Hoffnungsvoll sah Josh zu ihm auf. „Wirst du ihn dazu bringen?“
„Worauf du dich verlassen kannst.“
„Prima!“ fand Josh. Dann betrachtete er Stephen mit einem nachdenklichen Blick. „Ich wünschte, Mama könnte dich sehen.“
„Warum?“
„Sie hat Meg immer niedergemacht und ihr eingeredet, daß kein Mann so ein fades, dürres Ding wie sie heiraten würde.“
Stephen war wie vor den Kopf geschlagen. „Warum in Gottes Namen sollte eure Mutter Megan solche Gemeinheiten weisma- chen?“
„Mama war schrecklich zu Meg. Sie hat immer an ihr herum- genörgelt, was sie auch sagte oder tat.“ Josh sah sich um, als fürchtete er, belauscht zu werden. „Ich habe Papa mal gefragt, warum sie so biestig zu Meg ist, und er meinte, daß Mama eifer- süchtig war.“
„Wieso?“
„Weil Meg so tüchtig ist. Weil sie immer alles so gut machte. Außerdem war sie Papas rechte Hand, und Mama war so ziemlich Luft für ihn. Man konnte es aber auch wirklich nicht mit ihr aus- halten. Immerfort hat sie gejammert, wie krank sie wäre.“ Joshs junges Gesicht wurde plötzlich ganz starr. „Dann hatte Papa den Schlaganfall, und Galloway fing an, um sie herumzuschwänzeln. Und schon war sie wieder gesund.“
Stephen hängte die Eimer an die Haken und legte sich das Joch wieder über die Schultern. „War deine Mama auch zu dir so?“
„Nein, ich hatte Glück. Mich hat Mama überhaupt nicht be- achtet. Eigentlich war Meg immer meine Mutter. Quentin war der einzige, um den Mama sich gekümmert hat.“
Stephen machte sich mit seiner Last auf den Weg. „Würdest du mir einen Gefallen tun, Josh, und Bess heute abend für mich melken? Dafür übernehme ich morgen deine Arbeit.“
„Nicht nötig“, versicherte der Junge herzlich. „Für dich tue ich es gern.“
„Wenn du damit fertig bist, könntest du eigentlich zu Wilhelm und Gerda gehen und ihnen erzählen, daß ich deine Schwe- ster geheiratet habe. Wahrscheinlich werden sie dich zum Essen einladen und dir vorschlagen, über Nacht zu bleiben.“ Liebe- voll zauste Stephen das blonde Haar des Jungen. „Sie werden verstehen, daß Megan und ich heute abend gern allein sein möchten.“
Zumindest er wollte mit ihr allein sein. Er bezweifelte, daß sie diesen Wunsch teilte, doch er würde schon dafür sorgen, daß sie ihre Meinung änderte. Als er sie küßte, hatte er ihre Erregung gespürt. Diese Erregung würde er zu einer Leidenschaft schüren, die sie beide mitreißen und Megans Zweifel zerstreuen würde. Er konnte nur hoffen, daß Quentin möglichst lange im Wirtshaus blieb.
Josh grinste seinen neuen Schwager verständnisinnig an. „Ich bin ja so froh, daß du Meg geheiratet hast.“ Dann flog ein Schat-
ten über sein Gesicht. „Aber sie wirkt irgendwie gar nicht so glücklich darüber.“
Ein zuversichtliches Lächeln erhellte Stephens Gesicht. „Gib mir ein bißchen Zeit, Josh. Dann sorge ich dafür, daß sie sogar sehr glücklich darüber sein wird.“
Meg saß in ihrem Schaukelstuhl und schaute versonnen in das flackernde Kaminfeuer. Die Tür ging auf, und Stephen kam mit den Wassereimern herein.
Er lächelte ihr zu, und ihr Herz begann zu klopfen. Er war der faszinierendste Mann, der ihr je begegnet war. Und
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