Mars 01 - Die Prinzessin vom Mars
der Brutstation, wo die Krieger standen.
Dort angelangt, zeigte mir ein Blick, daß die Jungen bis auf wenige Ausnahmen bereits geschlüpft waren und es auf der Brutstation von den häßlichen, kleinen Teufeln nur so wimmelte. Sie waren drei bis vier Fuß groß und bewegten sich innerhalb der Mauern ruhelos hin und her, als suchten sie nach Nahrung.
Tars Tarkas wies auf die Brutstation und sagte zu mir: 'Sak'. Ich verstand, daß er wünschte, ich solle die gestrige Vorstellung vor Lorquas Ptomel wiederholen, und da mir mein außergewöhnliches Können zugegebenermaßen nicht wenig Befriedigung verschaffte, reagierte ich schnell und sprang bis über die Kutschen auf der gegenüberliegenden Seite der Eingrenzung. Als ich zurückkehrte, grunzte Lorquas Ptomel mir etwas zu, wandte sich an seine Krieger und gab ihnen einige Befehle hinsichtlich der Brutstation. Sie achteten nicht weiter auf mich, und so konnte ich in der Nähe bleiben und verfolgen, wie sie eine Öffnung in die Wand brachen, die groß genug war, um die jungen Marsmenschen herauszulassen.
Vor dem Loch bildeten die Frauen und Jugendlichen eine ziemlich weit ins Flachland reichende Gasse zu den Kutschen. Die Kleinen sprangen darin wie Rehe umher. Man ließ sie bis zum Ende des Ganges laufen, wo sie einer nach dem anderen von den Frauen und älteren Kindern eingefangen wurden. Der letzte in der Reihe griff sich den ersten Ankömmling, sein Gegenüber den zweiten, und so ging es weiter, bis alle die Brutstation verlassen hatten und von einem Jugendlichen oder einer Frau in Gewahrsam genommen worden waren. Hatte eine Frau einen Kleinen eingefangen, kehrte sie mit ihm zu ihrer Kutsche zurück, während die Jugendlichen den eingefangenen Wicht später einer der Frauen übergaben.
Ich sah, daß die Zeremonie vorbei war, falls man sie so umschreiben konnte, und machte Sola in unserer Kutsche ausfindig, die eine der entsetzlichen kleinen Kreaturen fest in den Armen hielt.
Die Erziehung der jungen, grünen Marsmenschen besteht lediglich darin, ihnen die Sprache sowie die Handhabung der Kriegsausrüstung beizubringen, mit der sie von klein auf überhäuft werden. Nach einer Brutzeit von fünf Jahren schlüpfen sie aus den Eiern und kommen, abgesehen von der Größe, voll entwickelt zur Welt. Sie sind die Kinder der Gemeinschaft, den leiblichen Müttern völlig unbekannt, die ihrerseits Schwierigkeiten hätten, auch nur annähernd zu sagen, wer ihre Väter sind. Die Erziehung wird der jeweiligen Frau überlassen, die sie gleich nach Verlassen der Brutstation einfängt.
Unter Umständen haben ihre Pflegemütter nicht einmal ein Ei in die Brutstation gelegt, wie es bei Sola der Fall war, die noch nicht zu legen begonnen hatte und erst vor einem knappen Jahr den Nachkommen einer anderen Frau aufgezogen hatte. Aber das zählt bei den grünen Marsmenschen wenig, denn Liebe zwischen Eltern und Kind ist ihnen ebenso unbekannt wie uns selbstverständlich. Ich sehe in diesem schrecklichen System, das seit Jahrhunderten existiert, den eigentlichen Grund für das Fehlen aller edleren Gefühle und aller höheren menschlichen Instinkte bei diesen armen Kreaturen. Von Geburt an wissen sie nichts von Vater- oder Mutterliebe, sie kennen nicht die Bedeutung des Wortes Zuhause, man lehrt sie, daß sie nur solange geduldet werden, bis sie durch ihre äußere Erscheinung und ihre Gewalttätigkeit beweisen, daß sie lebensfähig sind. Sollten sie sich in irgendeiner Form als verunstaltet oder unvollkommen erweisen, werden sie unverzüglich erschossen. Auch hegen sie kein Bedauern auch nur für eine der vielen Grausamkeiten, die ihnen von frühester Kindheit an angetan werden.
Ich meine damit nicht, daß die Erwachsenen auf dem Mars jungen Menschen gegenüber unnötigerweise oder absichtlich grausam sind, aber sie führen einen harten und erbarmungslosen Existenzkampf auf einem sterbenden Planeten, dessen natürliche Rohstoffe soweit abgenommen haben, daß die Erhaltung eines jeden zusätzlichen Lebens eine weitere Belastung für die jeweilige Gemeinschaft bedeutet.
Durch sorgfältige Auswahl ziehen sie nur die widerstandsfähigsten Exemplare jeder Gattung auf und regulieren mit fast übernatürlicher Voraussicht die Geburtenrate so, daß lediglich die Sterbefälle ausgeglichen werden. Jede erwachsene Frau auf dem Mars legt jährlich ungefähr dreizehn Eier, und alle, die einer bestimmten Größe und Gewicht entsprechen, werden in den Tiefen eines unterirdischen Gewölbes versteckt,
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