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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Warum bist du auf dem Mars? Du mußt mir sagen, was du hier willst.« Sie brachten ihn in den Gemeinschaftsraum und teilten Tassen aus. Dann brachten sie einen Topf mit aromatischem Tee. Er hatte immer noch das Gefühl, sich zu drehen, und der an den Kristallfenstern vorbeibrausende Staub war keine Hilfe.
    Eine alte Frau bei ihm nahm den Topf und goß Johns Tasse voll. Dann stellte sie den Topf hin und gab ihm zu verstehen: »Jetzt schenkst du mir ein.« John tat es unsicher, und dann machte der Topf im Raum die Runde. Jeder füllte die Tasse eines anderen.
    Die alte Frau sagte: »Wir beginnen jedes Mahl so. Es ist ein kleines Zeichen dafür, wie wir zueinander sind. Wir haben die alten Kulturen studiert, ehe euer globaler Markt alles einfing; und in jenen Zeiten gab es viele verschiedene Formen des Tausches. Einige beruhten auf dem Geben von Geschenken. Jeder von uns hat eine Gabe, siehst du, die uns unentgeltlich vom Universum zuteil wurde. Und jeder von uns gibt mit jedem Atemzug etwas zurück.«
    »Das ist wie die Gleichung für ökologische Leistung«, sagte John.
    »Vielleicht. In jedem Fall wurden ganze Kulturen auf der Idee des Geschenkes aufgebaut. In Malaysia, im amerikanischen Nordwesten, in vielen primitiven Kulturen. In Arabien gaben wir Wasser oder Kaffee, Nahrung und Unterkunft. Und was immer man erhielt, es wurde erwartet, daß man es nicht behielt, sondern seinerseits zurückgab, im günstigen Falle mit Zinsen. Man arbeitete, um mehr geben zu können, als man empfing. Jetzt denken wir, daß dies die Grundlage für eine ehrerbietige und rücksichtsvolle Ökonomie sein kann.«
    »Dies ist genau das, was Vlad und Ursula gesagt haben!«
    »Vielleicht ja.«
    Der Tee half. Nach einer Weile kehrte sein Gleichgewicht zurück. Sie sprachen über andere Dinge, den großen Sturm, den großen harten Sockel, auf dem sie lebten. Spät am Abend fragte er, ob sie von dem Cojoten gehört hätten. Aber das war nicht der Fall. Sie kannten aber Geschichten über eine Kreatur, die sie den >Verborgenen< nannten, den letzten Überlebenden einer alten Rasse von Marsbewohnern, ein runzliges Wesen, das über den Planeten zog und Wanderern, Rovern und Siedlungen Hilfe angedeihen ließ. Man hatte es im letzten Jahr bei der Wasserstation in Chasma Borealis gesehen, als ein Eisfall aufgetreten war und anschließend die Energie ausfiel.
    »Ist das nicht der sagenhafte Große Mann?« fragte John. »Nein, nein. Der Große Mann ist ein Riese. Der Verborgene ist wie wir. Seine Leute waren Untertanen des Großen Mannes.«
    »Ich verstehe.«
    Aber er verstand nicht, nicht richtig. Wenn der Große Mann für den Mars selbst stand, dann war die Geschichte von dem Verborgenen vielleicht von Hiroko inspiriert worden. Unmöglich zu sagen. Er brauchte einen Volkskundler oder Fachgelehrten für Sagen, jemanden, der ihm sagen konnte, wie Stories entstehen. Aber er hatte nur die Sufis, lächelnd und sonderbar, selbst Sagengestalten. Seine Mitbürger in diesem neuen Lande. Er mußte lachen. Sie lachten mit ihm und brachten ihn zu Bett. Die alte Frau sagte: »Wir sprechen ein Gutnachtgebet des persischen Dichters Jalaluddin Rumi.« Sie rezitierte:
     
    Ich starb als Stein und wurde eine Pflanze.
Ich starb als Pflanze und erhob mich als Tier.
Ich starb als Tier und wurde Mensch.
Um aufzusteigen mit gesegneten Engeln in der Höhe.
    Und wenn ich meine Engelsseele opfere,
Werde ich werden, was noch kein Verstand je erfaßte.
     
    »Schlaf gut!« sagte sie in seinen einschlummernden Geist. »Dies ist all unser Weg.«
    Am nächsten Morgen kletterte er steif in seinen Rover, kniff die Augen zusammen aus schmerzlichem Unbehagen und beschloß, etwas Omeg einzunehmen, sobald er unterwegs wäre. Die alte Frau war da, um ihn zu verabschieden, und er drückte herzlich seine Gesichtsscheibe gegen die ihre.
    Sie sagte: »Ob von dieser oder jener Welt, deine Liebe wird dich am Ende hinüberführen.«

D ie Transponderstraße führte ihn durch die braunen, vom Wind gepeitschten Tage. Er durchquerte das zerklüftete Land südlich vom Margaritifer Sinus. Er würde noch einmal zu anderer Zeit hindurchfahren müssen, um etwas davon zu sehen; denn in dem Sturm war es nichts als fliegender Kakao von momentanen goldenen Lichtspeeren. Nahe dem Bakhuysen- Krater hielt er bei einer neuen Siedlung namens Turner Wells an. Hier war man auf einen Wasservorrat gestoßen, der unter solchem hydrostatischem Druck stand, daß sie dabei waren, Energie zu gewinnen, indem sie den

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