Mars Trilogie 1 - Roter Mars
Waffen. Alte Gleichungen, alte Geschäfte. Aber er war nicht auf Originalität aus. Es war etwas, das funktionieren würde.
An dem langen Tisch selbst würde nichts passieren. Das war sicher. Jemand mußte den Knoten durchhauen. Er stand auf und ging hinüber zu der indischen und chinesischen Delegation, einer Gruppe von ungefähr zehn Personen, die sich in einem für Kameras unzugänglichen Nebenzimmer besprachen. Nach dem üblichen Austausch von Höflichkeiten lud er die zwei Anführer, Haravada und Sung, zu einem Spaziergang auf der Brücke des Observatoriums ein. Nach einem Wechsel von Blicken und kurzen Gesprächen in Mandarin und Hindi mit ihren Adjutanten stimmten sie zu.
Also gingen die drei Delegierten aus den Räumen und die Korridore hinab zur Brücke, einem starren Gehrohr, das an der Wand ihrer Mesa anfing und sich über das Tal und mit einem Bogen in den Hang einer kleineren Mesa im Süden mündete. Ihre Höhe gab der Brücke einen luftigen, fliegenden Eindruck. Nur sehr wenige Leute gingen ihre vier Kilometer entlang oder standen in der Mitte und nahmen die Ansicht von Burroughs in sich auf.
»Sehen Sie«, sagte Chalmers zu seinen Kollegen, »die Kosten der Emigration sind so hoch, daß Sie nie Ihre Bevölkerungsprobleme lösen werden, indem Sie die Menschen hierher umziehen lassen. Das wissen Sie. Und Sie haben schon viel mehr nutzbares Land daheim. Was Sie also vom Mars haben wollen, ist nicht Land, sondern es sind Rohstoffe oder Geld. Der Mars ist der Hebel, um zu Hause Ihren Anteil an Ressourcen zu bekommen. Sie hinken hinter dem Norden zurück, weil Ihre Ressourcen Ihnen in den Kolonialjahren ohne Bezahlung genommen wurden, und Sie sollten dafür jetzt Vergütung erhalten.«
»Ich fürchte, daß die Kolonialperiode eigentlich nie zu Ende gegangen ist«, sagte Haravada höflich.
Chalmers nickte. »Das ist das Wesen des transnationalen Kapitalismus. Wir alle sind jetzt Kolonien. Und auf uns hier wird ein furchtbarer Druck ausgeübt, den Vertrag zu ändern, so daß der Löwenanteil der Profite aus lokalem Bergbau zum Eigentum der Transnationalen wird. Die entwickelten Nationen empfinden das sehr stark.«
»Das wissen wir«, sagte Haravada und nickte.
»Okay. Und jetzt haben sie den Akzent auf proportionale Emigration gelegt, was ebenso logisch ist wie die Zuteilung von Gewinnen im Verhältnis zur Investition. Aber keiner dieser Vorschläge liegt in Ihrem wesentlichen Interesse. Die Emigration wäre für Sie ein Tropfen in einem Eimer, aber das Geld nicht. Inzwischen haben die entwickelten Nationen ein neues Bevölkerungsproblem. Darum wäre eine Chance für größeren Anteil an der Emigration willkommen. Und sie können das Geld sparen, das ohnehin größtenteils an die Transnationalen geht und frei vagabundierendes Kapital sein würde außerhalb jeder nationalen Kontrolle. Warum sollten die entwickelten Nationen Ihnen nicht mehr davon geben? Das käme ohnehin eigentlich nicht aus ihren Taschen.«
Sung nickte rasch und machte ein ernstes Gesicht. Vielleicht hatten sie diese Reaktion vorausgesehen und ihren Vorschlag gemacht, um sie anzuregen, und warteten nun, daß er seine Rolle spielte. Aber genau das machte es leichter. Sung fragte: »Glauben Sie, daß Ihre Regierungen einem solchen Handel zustimmen würden?«
»Ja«, sagte Chalmers. »Was ist es mehr, als daß Regierungen ihre Macht über die Transnationalen wieder festigen? Teilung der Profite ähnelt irgendwie Ihren alten Nationalisierungsbewegungen. Nur würden diesmal alle Länder davon profitieren. Internationalisierung, wenn Sie wollen.«
Hanavada bemerkte: »Es würde Investitionen durch die Korporationen beschneiden.«
»Was den Roten gefallen wird«, sagte Chalmers. »Besonders der Mars-zuerst-Gruppe.«
»Und Ihre Regierung?« fragte Hanavada.
»Das kann ich garantieren.« Tatsächlich würde die Administration ein Problem sein. Aber Frank würde sich darum kümmern, wenn die Zeit käme. Sie waren in diesen Tagen ein Haufen Handelskammerkinder, arrogant, aber stur. Wenn man ihnen sagte, die Alternative wäre ein Mars der Dritten Welt, ein chinesischer Mars, ein hinduistischer Mars, mit kleinen braunen Menschen und frei herumlaufenden heiligen Kühen in den Gehröhren, würden sie anrücken. Tatsächlich würden sie sich hinter seinen Knien verstecken und um Protektion winseln. Opa Chalmers, bitte rette mich vor der gelben Horde!
Er beobachtete, wie sich der Inder und der Chinese anschauten und sich ganz offen mit Blicken
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