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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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notwendiges Personal zu. Sie ignorierten die zahlreichen lokalen Gruppen und Mars-zuerst. Das meiste geschah im Namen des Aufzugs selbst, der eine endlose Kette von Entschuldigungen lieferte, 35000 Kilometer lang. 120 Milliarden Dollar an Entschuldigungen. Was gar nicht allzu teuer war im Vergleich mit den Militäretats des vorigen Jahrhunderts. Und die meisten Geldmittel für den Aufzug waren in den ersten Jahren gebraucht worden, um den Satelliten zu finden und in die richtige Umlaufbahn zu bringen und um die Kabelfabrik zu errichten. Danach fraß die Fabrik den Asteroiden und spie das Kabel aus, und das war es dann. Sie mußten nur noch abwarten, bis das lang genug wurde, und es dann in Position bringen. Ein wirklich gutes Geschäft!
    Und auch eine großartige Entschuldigung, den Vertrag zu verletzen, wann immer es passend schien. »Verdammt!« rief Frank am Ende eines langen Tages in der ersten Woche nach seiner Rückkehr. »Warum hat UNOMA so klein beigegeben?«
    Jeeves und sein übriger Stab verstanden das als eine rhetorische Frage und boten keine Theorien an. Er war entschieden zu lange fort gewesen. Sie hatten jetzt vor ihm Angst. Er mußte die Frage selbst beantworten. »Ich nehme an, es ist Habsucht, sie werden alle auf die eine oder andere kosmetische Art bezahlt.«
    An diesem Abend traf er beim Dinner auf Janet Blyleven, Ursula Kohl und Vlad Taneev. Beim Essen sahen sie sich die Nachrichten von der Erde an einem Fernseher der Bar an. Es war wirklich fast zu viel geworden, um alles aufzunehmen. Kanada und Norwegen traten dem Plan bei, das Bevölkerungswachstum zu verlangsamen. Niemand wollte natürlich von Geburtenkontrolle sprechen. Das war in der Politik eine verbotene Parole. Aber in Wirklichkeit war es das Hauptproblem, und es war wieder dabei, zu einer Tragödie des einfachen Volkes zu werden. Wenn ein Land die UN-Resolutionen ignorierte, heulten benachbarte Länder auf aus Furcht, überwältigt zu werden. Eine törichte Angst, aber es gab sie. Inzwischen hatten Australien, Neuseeland, Skandinavien, Azania, die Vereinigten Staaten, Kanada und die Schweiz alle Immigration für illegal erklärt, während Indien jährlich um acht Prozent zunahm. Hungersnot würde die Lösung sein wie in vielen Ländern. Die vier apokalyptischen Reiter waren gut für Bevölkerungskontrolle. Bis dann... Das Fernsehen schaltete um auf Werbung für ein beliebtes Diätfett, das unverdaulich war und unverändert den Darm durchlief. »Essen Sie alles, was Sie wollen!«
    Janet stellte den Apparat ab. »Laßt uns das Thema wechseln!«
    Sie saßen um ihren Tisch herum und blickten auf ihre Teller. Es stellte sich heraus, daß Vlad und Ursula von Acheron gekommen waren wegen eines Ausbruchs resistenter Tuberkulose in Elysium. »Der cordon sanitaire ist zerrissen«, sagte Ursula. »Einige der Emigrantenviren werden sicherlich mutieren oder sich mit einem unserer maßgeschneiderten Systeme verbinden.«
    Wieder die Erde. Es war unmöglich, ihr zu entgehen. Janet sagte: »Da unten fällt alles auseinander.«
    »Das war schon seit Jahren im Gange«, sagte Frank grob. Seine Zunge war durch die Gesichter der alten Freunde gelöster geworden. »Schon vor dem Vertrag war die Lebenserwartung in den reichen Ländern fast doppelt so hoch wie in den armen. Denkt darüber nach! Aber in alten Zeiten waren die Armen so arm, daß sie kaum wußten, was Lebenserwartung war. Sie lebten nur in den Tag hinein. Jetzt hat jeder Laden an der Ecke einen Fernseher, und sie können sehen, was passiert - daß sie AIDS bekommen haben, während die Reichen die gerontologische Behandlung erhalten. Es ist über einen graduellen Unterschied hinausgegangen. Ich meine, sie sterben jung, und die Reichen leben für immer! Warum sollten sie sich zurückhalten? Sie haben nichts zu verlieren.«
    »Und alles zu gewinnen«, sagte Vlad. »Sie könnten leben wie wir.«
    Sie scharten sich um Tassen mit Kaffee. Das Licht im Raum war gedämpft. Die Möbel aus Kiefernholz hatten eine dunkle Patina: Flecke, Kerben, von Hand einpolierter Grus... Es hätte eine jener Nächte sein können in jener fernen Zeit, da sie die einzigen auf der Welt waren und miteinander sprachen. Nur Frank blinzelte und sah sich um und erkannte in den Gesichtern seiner Freunde die Müdigkeit, das weiße Haar, die schildkrötenartigen Gesichter des Alters. Es war Zeit vergangen, sie hatten sich über den Planeten verteilt und liefen herum wie er, oder waren versteckt wie Hiroko oder tot wie John.

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