Mars Trilogie 1 - Roter Mars
Plötzlich erschien Johns Abwesenheit wie eine riesige Lücke, wie ein Krater, auf dessen Rand sie sich mürrisch zusammendrängten, um ihre Hände zu wärmen. Frank grauste es.
Später gingen Vlad und Ursula zu Bett. Frank sah Janet an. Er fühlte sich unbeweglich wie manchmal am Ende eines langen Tages, unfähig, sich wieder zu rühren. Er fragte: »Wo treibt sich Maya eigentlich herum?«, um zu verhindern, daß sich auch Janet zurückzog. Sie und Maya waren in den Hellas-Jahren gut befreundet gewesen.
»Oh, sie ist in Burroughs. Wußtest du das nicht?« sagte Janet.
»Nein.«
»Sie hat Samanthas alte Zimmer bekommen. Vielleicht geht sie dir aus dem Wege.«
»Was?«
»Sie ist auf dich ziemlich böse.«
»Auf mich böse?«
»Sicher.« Sie sah ihn in dem halbdunklen, von gedämpftem Stimmengewirr erfüllten Raum an. »Das hättest du wissen müssen.«
Während er noch überlegte, wie offen er mit ihr sein könnte, sagte er: »Nein! Warum sollte sie das sein?«
Sie lehnte sich in ihrem Sessel vor und sagte: »O Frank! Hör auf, dich so zu benehmen, als hättest du eine Elle verschluckt! Wir kennen dich, wir waren da, wir haben gesehen, wie alles geschah.« Und als er zurückwich, lehnte sie sich auch zurück und sagte ruhig: »Du mußt wissen, daß Maya dich liebt. Sie mag es hart. Und das bist du.«
Er schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht.«
Janet lachte. »Ich weiß, daß ich recht habe. Sie hat mir genug erzählt. Schon seit der Vertragskonferenz ist sie dir gram, und sie spricht immer davon, wenn sie wütend ist.«
»Aber warum ist sie wütend?«
»Weil du sie verschmäht hast. Verschmäht, nachdem du ihr Jahre um Jahre nachgestellt hast. Und sie hatte sich daran gewöhnt, und es gefiel ihr. Die Art, wie beharrlich du warst, war romantisch. Sie war sich dessen sicher, gewiß, aber sie liebte dich deswegen. Und sie liebte es, wie mächtig du warst. Und jetzt ist John tot, und sie könnte dir endlich ja sagen; und du hast sie fortgeschickt. Sie war wütend, und das hält bei ihr lange an.«
»Das...« Frank bemühte sich um Fassung. »Das paßt einfach nicht zu dem, wie ich das Geschehene verstehe.«
Janet stand auf, um zu gehen, und im Vorbeigehen klopfte sie ihm leicht auf den Kopf. »Vielleicht solltest du dann mit Maya darüber reden.« Sie ging fort.
Er saß lange da, fühlte sich benommen und betrachtete die feine Körnung der Sessellehne. Schließlich hörte er auf und ging zu Bett.
Er schlief mäßig, und am Ende einer langen Nacht träumte er wieder von John. Sie waren in den langen, zugigen, nach oben gekrümmten Räumen der Raumstation, die mit Marsschwere rotierte, bei ihrem langen Aufenthalt da oben, sechs Wochen beisammen, jung und stark. John sagte: Ich fühle mich wie Superman, diese Schwere ist großartig! Laufe Runden durch den großen Ring der Stationskorridore. Auf dem Mars wird sich alles ändern, Frank. Alles!
Nein. Jeder Schritt war wie der letzte Schritt eines Dreisprungs. Päng, päng, päng.
Ja! Es kommt nur darauf an, schnell genug laufen zu lernen.
Ein perfektes Interferenzmuster von Wolkenflecken hing über der Westküste von Madagaskar. Die Sonne verlieh dem Ozean unten einen Bronzeschimmer.
Von hier oben sieht alles so schön aus.
Geh näher, und du beginnst, zu viel zu sehen, murmelte Frank.
Oder nicht genug.
Es war kalt, sie diskutierten über die Temperatur. John war aus Minnesota und hatte als Junge stets bei offenem Fenster geschlafen. Darum erschauerte Frank. Er hatte eine Daunendecke um die Schultern gelegt, Seine Füße waren Eisklumpen. Sie spielten Schach, und Frank gewann. John lachte. Wie dumm, sagte er.
Was meinst du?
Spiele haben keine Bedeutung.
Bist du sicher? Manchmal kommt mir das Leben wie eine Art Spiel vor.
John schüttelte den Kopf. Im Spiel gibt es Regeln, aber im Leben ändern sich die Regeln ständig. Du könntest deinen Läufer hierher setzen, um den König des Spielpartners mattzusetzen; und plötzlich spielt er für ihn und bewegt sich wie ein Turm. Und du bist angeschmiert.
Frank nickte. Er hatte John diese Dinge beigebracht.
Ein Durcheinander von Mahlzeiten, Schachspielen, Gesprächen, der Anblick der rollenden Erde. Es war, als ob er einzig dieses Leben gelebt hätte. Die Stimmen von Houston klangen wie aus Computern, ihre Anliegen waren absurd. Der Planet selbst war so schön, so fein von seinem Land und seinen Wolken gemustert.
Ich möchte nie wieder hinunt ergehen. Ich denke, dies ist fast besser, als der Mars
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