Mars Trilogie 1 - Roter Mars
Kraft im menschlichen Leben ist.«
»Aber dann waren sie gar keine Materialisten!« Er fluchte ärgerlich. »Kein Wunder, daß der Marxismus tot ist.«
»Nun, Sir, tatsächlich bezeichnen sich viele Leute auf dem Mars als Marxisten.«
»Scheiße! Sie könnten sich ebensogut Zoroastrier oder Jansenisten oder Hegelianer nennen.«
»Marxisten sind Hegelianer, Sir.«
»Schluß!« knurrte Frank und trennte die Verbindung.
Imaginäre Wesen in einer realen Landschaft. Kein Wunder, daß er die Rübe und den Knüppel vergessen hatte und durch die Gefilde neuen Seins und radikalen Unterschieds und all solchen Unfug gewandelt war. Zu versuchen, John Boone zu sein. Ja, das stimmte! Er versuchte, das zu tun, was John gemacht hatte. Aber John war darin gut gewesen. Frank hatte in den alten Zeiten seinen Zauber immer wieder wirken sehen, wo er alles bloß durch seine Worte veränderte.
Dagegen waren für Frank Worte nur Steine im Mund. Selbst jetzt, wo sie gerade das brauchten, wenn es das einzige war, das sie retten würde.
Maya traf ihn in der Burroughs-Station und drückte ihn an sich. Er ließ sich das steif gefallen, während seine herunterhängenden Hände die Gepäckstücke hielten. Außerhalb der Kuppel blähten sich an einem malvenfarbenen Himmel tiefe schokoladenfarbene Gewitterwolken. Er konnte ihr nicht in die Augen sehen. Sie sagte: »Du warst wundervoll. Jeder spricht darüber.«
»Eine Stunde lang.« Danach würden die Emigranten verschwinden wie zuvor. Es war eine Welt der Taten, und Worte hatten darauf nicht mehr Einfluß als das Rauschen eines Wasserfalls auf den Fluß des Stromes.
Er begab sich eilig zu den Mesa-Büros. Maya kam herbei und plauderte mit ihm, als er in einen der Räume mit gelben Wänden im vierten Stock hineinschaute. Bambusmöbel, geblümte Folien und Couchkissen. Maya war voller Pläne und war mit ihm zufrieden. Sie war mit ihm zufrieden! Er biß die Zähne aufeinander, bis es weh tat...
Schließlich stand er auf und ging zur Tür. »Ich muß Spazierengehen«, sagte er. Als er ging, sah er ihr Gesicht im Augenwinkel. Verletztes Erstaunen. Wie üblich.
Er ging rasch zum Rasen hinunter und längs der Reihe von Bareißsäulen, die in ihrer Unordnung wie fliegende Kegel aussahen. Auf der anderen Seite des Kanals setzte er sich am Rande eines Cafes an einen runden weißen Tisch und labte sich eine Stunde lang an griechischem Kaffee.
Plötzlich stand Maya vor ihm.
»Was meinst du damit?« sagte sie und zeigte auf den Tisch und seine mürrische Miene. »Was stimmt jetzt nicht?«
Er blickte auf seine Kaffeetasse, dann zu ihr auf, dann wieder in die Tasse. Es war unmöglich. In seinem Kopf bildete sich ein Satz, der jedes Wort gleichmäßig betonte: Ich... habe... John ... getötet.
Er sagte: »Es ist alles in Ordnung. Was meinst du?«
Sie straffte die Mundwinkel. Das verlieh ihr einen verächtlichen Blick, und sie wirkte alt dabei. Jetzt war sie fast achtzig. Sie waren beide dafür zu alt. Nach langem Schweigen setzte sie sich ihm gegenüber hin.
»Schau«, sagte sie langsam. »Ich kümmere mich nicht um das, was in der Vergangenheit geschehen ist.« Sie hielt inne, und er wagte einen Blick auf sie. Sie schaute nach unten, in sich hinein. »Ich meine, was auf der Ares geschehen ist oder in Underhill. Oder sonstwo.«
Sein Herz hämmerte wie ein Kind, das heraus will. Seine Lungen waren kalt. Sie redete immer, aber er hatte es nicht mitbekommen. Wußte sie Bescheid? Wußte sie, was er in Nicosia getan hatte? Das war unmöglich, sonst wäre sie nicht hier gewesen. (Wirklich?) Aber sie hätte es wissen müssen.
»Verstehst du?« fragte sie.
Er hatte nicht gehört, was sie meinte. Er starrte weiter auf seine Kaffeetasse und schleuderte sie jäh mit dem Handrücken fort. Sie polterte unter einen Tisch in der Nähe und zerbrach. Der weiße keramische Halbkreis des Henkels drehte sich auf dem Boden.
»Ich sagte: Verstehst du?«
Er starrte gelähmt weiter auf die leere Tischfläche. Sich überschneidende Ringe aus braunen Kaffeeflecken. Maya beugte sich vor und nahm ihr Gesicht in die Hände. Sie krümmte sich über dem Magen zusammen und atmete nicht.
Endlich holte sie wieder Luft und hob den Kopf.
»Nein«, sagte sie so ruhig, daß er zuerst glaubte, sie spräche mit sich selbst. Sie blickte auf, schaute ihm in die Augen und sagte: »Es war vor dreißig Jahren. Vor mehr als fünfunddreißig haben wir uns kennengelernt; und dreißig sind es her, daß all dies geschah. Ich bin nicht
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