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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Versorgungscomputer der Kuppel überwanden und die hilflosen Bewohner zwangen, eine Reihe von Bahnwagen zu besteigen, ehe die Luft aus der Kuppel abgelassen würde. Sie wurden per Bahn nach Korolyov gebracht, das jetzt praktisch eine Gefängnisstadt war. Seine Umfunktionierung in ein Gefängnis war kürzlich allgemein zur Kenntnis gebracht worden; es war schwer zu sagen, wann, weil es von langer Hand vorbereitet schien, vielleicht weil die Teile eines Gefängnissystems schon seit einigen Jahren planetenweit existiert hatten.
    Chalmers interviewte einige Insassen über ihre Zimmerfernseher, immer zwei oder drei gleichzeitig. Er sagte ihnen: »Ihr seht, wie leicht es war, euch festzusetzen. Und so wird es überall sein. Die Lebenserhaltungssysteme sind so empfindlich, daß man sie unmöglich verteidigen kann. Selbst auf der Erde ist ein Polizeistaat mit fortgeschrittener Militärtechnik viel leichter zu verwirklichen. Aber hier ist es lächerlich einfach.«
    Ein Mann in den Sechzigern entgegnete: »Nun gut, ihr habt uns erwischt, als es am leichtesten war. Das war geschickt. Wenn wir einmal freikommen, möchte ich sehen, wie du uns fängst. In dieser Hinsicht ist euer Lebenserhaltungssystem ebenso verwundbar für uns wie unseres für euch. Und eures ist leichter auszumachen.«
    »Das solltet ihr eigentlich besser wissen! Alles, was zur Erhaltung des Lebens dient, ist letztlich an die Erde gebunden. Und die haben ungeheure Militärmacht zur Verfügung, wir aber nicht. Ihr und alle eure Freunde versucht, eine Phantasie-Rebellion zu inszenieren, eine Art Science Fiction im Stil von 1776, wo Grenzer das Joch der Tyrannei abschütteln. Aber hier ist das nicht so! Die Analogien sind alle falsch und trügerisch, weil sie die Realität verschleiern, die wahre Natur unserer Abhängigkeit und die Macht jener. Sie hindern euch daran zu erkennen, daß es eine Phantasterei ist!«
    Der Mann sagte grinsend: »Ich bin sicher, daß es in den Kolonien manchen guten Tory-Nachbar gab, der genau so argumentierte. In mancher Hinsicht ist die Analogie gut. Wir sind hier nicht bloß kleine Rädchen in der Maschine, sondern Individuen, die meisten von uns sind gewöhnliche Leute, aber es gibt auch etliche echte Persönlichkeiten. Ich garantiere dir, daß wir unsere Washingtons, Jeffersons und Paines erleben werden. Auch die Andrew Jacksons und Forrest Mosebys, die brutalen Männer, die sich darauf verstehen, das zu bekommen, was sie wollen.«
    »Das ist lächerlich!« rief Frank. »Das ist eine falsche Analogie.«
    »Nun ja, es ist eher eine Metapher als eine Analogie. Es gibt Unterschiede, aber wir wollen kreativ antworten. Wir wollen nicht Flinten über Steinmauern heben, um unfaire Schüsse abzugeben.«
    »Laserkanonen über Kraterwände heben? Meinst du, daß das anders ist?«
    Der Mann schlug nach ihm, als ob die Kamera in seinem Zimmer ein Moskito wäre. »Ich nehme an, die eigentliche Frage ist, ob wir einen Lincoln haben werden.«
    »Lincoln ist tot«, erwiderte Frank. »Und historische Analogien sind die letzte Zuflucht für Leute, die die aktuelle Situation nicht begreifen können.« Er trennte die Verbindung.
    Vernunft war nutzlos. Ebenso Ärger und Sarkasmus, von Ironie ganz zu schweigen. Er konnte nur versuchen, sich mit ihnen im Lande der Phantasie auseinanderzusetzen. So trat er in Versammlungen auf und tat sein Allerbestes. Er trug ihnen vor, was der Mars war, wie er entstanden war und was für eine schöne Zukunft er als eine kollektive Gesellschaft haben könnte, spezifisch und organisch marsmäßig in seiner Natur, »wenn die Schlacken all dieser terranischen Haßgefühle weggebrannt sind, alle jene toten Gewohnheiten, die uns hindern, wirklich zu leben von der Schöpfung, welche die einzige reale Schönheit der Welt ist, verdammt!«
    Zwecklos. Er versuchte, Zusammenkünfte mit einigen Verschwundenen zu arrangieren. Einmal sprach er mit einer Gruppe am Telefon und bat sie, wenn möglich Hiroko zu übermitteln, daß er dringend mit ihr reden müsse. Aber niemand schien zu wissen, wo sie war.
    Dann bekam er eines Tages eine Mitteilung von ihr, in Druckschrift von Phobos gefaxt. Es hieß, er sollte lieber mit Arkady sprechen. Aber Arkady war verschwunden, als er in Hellas war, und nahm keine Anrufe mehr entgegen.
    Frank sagte eines Tages vergrämt zu Maya: »Es ist ein Versteckspiel. Hattet ihr dieses Spiel in Rußland? Ich erinnere mich, daß ich es einmal mit einigen älteren Kindern gespielt habe. Es war gegen

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