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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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dreißig Kilometer breit und verlief über den Horizont nach Norden ohne ein Anzeichen, sich zu zerstreuen.
    Nadia starrte auf das Bild und bat Yeli, näher hinzufliegen. »Ich möchte nicht in den Dampf geraten«, sagte Yeli. Er war selbst von dem Anblick gebannt. Der größte Teil der weißen Reifwolke zog nach Osten ab und sank zu Boden, aber der Wind war wechselhaft. Manchmal stieg der dünne weiße Schleier direkt nach oben und verdeckte die Streifen von schwarzem Wasser und weißem Eis. Was hinausfloß, war so viel wie bei einem großen antarktischen Gletscher oder noch mehr. Es schnitt die rote Landschaft in zwei Teile.
    »Das ist höllisch viel Wasser«, sagte Angela.
    Nadia ging auf die Frequenz der Ersten Hundert und rief Ann unten in Peridier an. »Ann, weißt du hiervon?« Sie beschrieb, worüber sie flogen. »Und es ist immer noch im Fluß. Das Eis bewegt sich, und wir können Stellen mit offenem Wasser ausmachen. Es sieht schwarz oder bisweilen rot aus.«
    »Kannst du es hören?«
    »Nur wie eine Art von Ventil atorsummen, und manchmal das Knallen und Krachen von brechendem Eis. Aber wir sind hier oben selbst recht laut. Eine höllische Menge Wasser!«
    »Nun, dieses Wasserreservoir ist im Vergleich mit manchen anderen nicht sehr groß«, sagte Ann.
    »Wie brechen sie sie auf? Kann man wirklich solche Lagerstellen aufreißen?«
    »Manche davon, ja«, erklärte Ann. »Diejenigen mit hydrostatischem Druck, der höher ist als der durch das Gestein verursachte lithostatische, heben praktisch das Gestein hoch; und die Permafrostschicht bildet eine Art Damm, einen Eisdamm. Wenn man einen Brunnen bohrt und ihn hochjagt, oder es schmilzt...«
    »Aber wie?«
    »Reaktorschmelze.«
    Angela stieß einen Pfiff aus.
    »Aber die Strahlung!« schrie Nadia.
    »Sicher. Habt ihr kürzlich mal auf euren Zähler geschaut? Ich nehme an, daß drei oder vier von ihnen hin sind.«
    »Oho!« rief Angela.
    »Und das ist nur vorläufig.« Anns Stimme hatte jenen distanzierten, toten Klang, den sie annahm, wenn sie wütend war. Sie beantwortete ihre Fragen wegen der Flut sehr kurz. Eine so große Flut bewirkte extreme Druckschwankungen. Und alles wurde stromabwärts gefegt in einem zermahlenden Tosen, einem reißenden, mit Gas gemischten und Felsblöcke mitführenden Brei. »Werdet ihr nach Peridier kommen?« fragte sie, nachdem sie die Fragen beantwortet hatte.
    »Wir wenden uns gerade nach Osten«, erwiderte Yeli. »Ich wollte erst eine visuelle Peilung von Fv-Krater bekommen.«
    »Eine gute Idee.«
    Sie flogen weiter. Das wilde Toben der Flut versank unter dem Horizont, und sie flogen wieder über dem vertrauten alten Sand und Gestein. Bald erschien Peridier vor ihnen über dem Horizont, eine niedrige, stark erodierte Kraterwand. Die Kuppel war verschwunden. Zerrissene Gewebefetzen flatterten noch da und dort am Kraterrand, als ob ein Saatbeutel geplatzt wäre. Die nach Süden führende Piste spiegelte die Sonne wie ein Silberfaden. Sie flogen über den Bogen der Kraterwand, und Nadia betrachtete mit dem Feldstecher die dunklen Gebäude. Dabei fluchte sie in einem leisen slawischen Singsang. Wie? Wer? Warum? Es war nicht zu verstehen. Sie flogen weiter zur Landebahn an der anderen Kraterböschung. Keiner der Hangars war in Funktion. Sie mußten Schutzkleidung anlegen und mit kleinen Wagen über den Rand in die Stadt fahren.
    Die überlebenden Bewohner von Peridier waren in der Versorgungszentrale zusammengedrängt. Nadia und Yeli gingen durch deren Schleuse, umarmten Ann und Simon und wurden dann den anderen vorgestellt. Das waren ungefähr vierzig Personen, die von Notvorräten lebten und sich bemühten, die Luftversorgung in den hermetisch verschlossenen Gebäuden aufrecht zu halten. Zum Glück war die Zentrale verstärkt gewesen und hatte dem inneren Druck ihrer eigenen Luftversorgung widerstanden. Angela fragte die Überlebenden, was geschehen sei. Sie erzählten die Geschichte wie eine Art von griechischem Chor, wobei sie einander häufig unterbrachen. Eine einzige Explosion hatte die Kuppel wie einen Ballon zerplatzen lassen und eine sofortige Dekompression bewirkt, die auch viele Gebäude in der Stadt hatte hochgehen lassen. Aber die im Innern der Zentrale hatten überlebt. Die draußen auf den Straßen oder in den anderen Gebäuden nicht.
    »Wo ist Peter?« fragte Yeli aufgeregt und ängstlich. Simon sagte rasch: »Er befindet sich auf Clarke. Er hat uns angerufen, gleich nachdem alles anfing. Er hat versucht, in einem

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