Mars Trilogie 1 - Roter Mars
»Habt ihr dies Bild von Acheron gesehen? Da ist etwas passiert. Alle Fenster des Habitats sind herausgeflogen, und der Boden unter der Finne ist mit diesen Gewächsen von Gott weiß was bedeckt. Niemand traut sich nahe genug heran, um das heraus zu finden...«
Nadia schottete ihren Geist von deren Gerede ab und konzentrierte sich auf das Problem der Pipeline. Als sie wieder in die reale Zeit zurückkehrte, stellte sie fest, daß jeder Roboter, den sie finden konnte, mit der Wiederherstellung der Städte beschäftigt war. Und die Fabriken lieferten noch mehr Bulldozer, Planierraupen, Abraumlaster, Frontlader, Dampfwalzen Schweißgeräte, Zementmischer, Kunststoffbereiter, kurzum alles. Das System war in voller Fahrt, und es gab für sie nicht mehr genug zu tun. So sagte sie den anderen, daß sie wieder aufbrechen wolle. Ann, Simon, Yeli und Sasha beschlossen, sie zu begleiten. Aber Angela und Sam hatten in South Fossa Freunde gewonnen und wollten bleiben.
Also stiegen die fünf in ihre Flugzeuge und hoben wieder ab. So pflegte es überall zu gehen, wie Yeli versicherte. Wenn Mitglieder der Ersten Hundert zusammentrafen, würden sie sich nicht trennen.
Sie wandten sich nach Süden auf Hellas zu. Als sie über Tyrrhena Mohole kamen, nahe bei Hadriaca Pater a, landeten sie kurz. Die Mohole-Stadt hatte ein Loch bekommen und brauchte Hilfe zum Wiederaufbau. Es waren keine Roboter verfügbar; aber Nadia hatte die Erfahrung gemacht, daß sie Maßnahmen ergreifen konnte mit lediglich ihren Programmen, einem Computer und einer Luftverwertungsanlage als Ausgangsbasis. Diese Art von spontaner Erzeugung von Maschinen war ein weiterer Aspekt ihrer Möglichkeiten. Der Start verlief zweifellos langsam. Aber im Verlauf eines Monats würden diese drei Komponenten zusammen folgsame Tiere aus dem Sand geschaffen haben. Erst die Fabriken, dann die Montagewerke und danach die Bauroboter selbst, Vehikel so groß und gegliedert wie Häuserblocks in der Stadt, die in ihrer Abwesenheit ihre Arbeit verrichteten. Ihre neue Kraft war erstaunlich.
Und dennoch war all dies nichts angesichts der menschlichen Zerstörungswut. Die fünf Reisenden flogen von Ruine zu Ruine und wurden taub gegenüber dem Schaden und den Toten. Nicht daß sie sich nicht ihrer eigenen Gefahr bewußt gewesen wären. Nachdem sie im Flugkorridor Hellas-Elysium an einer Anzahl abgeschossener Flugzeuge vorbeigekommen waren, gingen sie zu Nachtflügen über. Die waren in vielfacher Hinsicht gefährlicher als Flüge bei Tag, aber Yeli fühlte sich dabei wohl er. Die 16Ds waren für Radar fast unsichtbar und würden auf den stärksten Infrarotdetektoren mit enger Bündelung nur sehr schwache Spuren hinterlassen. Sie waren alle gewillt, diese minimale Blöße zu wagen. Nadia war es gleichgültig. Sie wäre gern bei Tag geflogen. Sie lebte so sehr im Augenblick, wie sie konnte; aber ihre Gedanken bewegten sich in Kreisen, wenn sie sich ständig bemühte, sie in die Gegenwart zurückzuführen. Benommen durch das Ausmaß der Zerstörungen wurde sie von ihren Emotionen abgeschnitten. Sie wollte lediglich arbeiten.
Und Ann ging es noch schlechter, wie ein Teil von Nadia bemerkte. Natürlich mußte sie sich um Peter Sorgen machen. Und dann auch noch alle diese Zerstörungen - für Ann waren das weniger die Bauten und Konstruktionen, sondern das Land selbst, die Fluten, die Massenverluste, der Schnee und die Strahlung. Und sie hatte keine Arbeit, um sich abzulenken. Ihre Aufgabe wäre gewesen, den Schaden zu untersuchen. Und so tat sie nichts oder suchte, Nadia zu helfen, wenn sie konnte. Sie bewegte sich wie ein Automat, Tag für Tag arbeitete sie, um die Reparatur der einen oder anderen beschädigten Struktur in Gang zu setzen, einer Brücke, einer Pipeline, eines Brunnens, eines Kraftwerks, einer Piste, einer Stadt. Sie lebten in etwas, das Yeli eine Waldo-Welt nannte. Sie scheuchten Roboter mit Befehlen herum, als wären sie Sklavenhalter, Zauberer oder Götter. Und die Maschinen gingen an die Arbeit, versuchten, den Film der Zeit rückwärts laufen zu lassen und zerbrochene Dinge wieder zusammenzusetzen. Bei dem Luxus der Eile konnten sie nachlässig sein; und es war unglaublich, wie schnell sie einen Wiederaufbau starten und dann weiterfliegen konnten. »Im Anfang war das Wort«, sagte Simon müde eines Abends und drückte auf sein Armband. Ein Brückenkran schwenkte über die untergehende Sonne. Und dann waren sie wieder unterwegs.
Sie starteten Dämmungs- und
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