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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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der engste aller Canyons im Marineris-System, nur fünfundzwanzig Kilometer breit, wenn er Compton Break verließ, der Sinai Planum von Tithania Catena trennt. Der Canyon war eine tiefe Spalte zwischen diesen beiden Plateaus, seine Seitenwände mehr als drei Kilometer hoch, ein langer, enger Gigant einer Schlucht. Aber sie sahen die Wände nur in kurzen Blicken durch Blasen freier Luft im Wehen des Staubes. Sie folgten weiter einer ebenen, aber mit Steinen besäten Route und kamen während eines langen, trüben Tages gut voran. Im Wagen war es ruhig, das Radio heruntergedreht, um die Störung durch Statik zu vermindern. Die Kameras, welche höher als die Fenster angebracht waren, zeigten peitschenden Staub, so daß es schien, als würden sie sich kaum bewegen. Oft sah es so aus, als rutschten sie seitlich weg. Das Fahren war anstrengend, und Simon und Sax lösten Michel und Kasei ab, wobei sie deren Anweisungen folgten. Ann sprach immer noch nicht, und sie baten sie nicht zu fahren. Sax hielt beim Fahren ein Auge auf seinen Computerschirm gerichtet, der ihm atmosphärische Meldungen übermittelte. Ann konnte durch den ganzen Wagen erkennen, daß der Computer anzeigte, der Aufprall von Phobos hätte die Atmosphäre erheblich verdichtet, mutmaßlich um zusätzliche fünfzig Millibar, einen außerordentlichen Betrag. Und die kürzlich zertrümmerten Krater gaben immer noch Gase ab. Sax nahm diese Veränderung mit seiner eulenhaften Genugtuung zur Kenntnis, ohne an den damit verbundenen Tod und die Zerstörungen zu denken. Er bemerkte Mayas Blick und sagte: »Ich nehme an, wie in der Urzeit.« Er hätte beinahe noch mehr gesagt, aber Simon brachte ihn zum Schweigen und wechselte das Thema.
    Im nächsten Wagen verbrachten Maya und Frank die Stunden, indem sie hinüberriefen und Michel Fragen stellten über die verborgene Kolonie oder über den Krieg spekulierten. Sie kauten alles endlos durch, versuchten, ihm einen Sinn abzugewinnen und sich vorzustellen, was geschehen war. Reden, nichts als reden. Ann dachte, am Tage des Jüngsten Gerichts, wenn alle Lebenden und Toten sich zusammendrängten, würden Maya und Frank immer noch reden und herauszufinden suchen, was geschehen war. Wo sie es falsch gemacht hätten.
    Als die dritte Nacht vorbei war, fuhren die beiden Wagen das untere Ende von Ius hinab und kamen auf einen langen lemniskatischen Sporn, der den Canyon teilte. Sie folgten der offiziellen Marineris-Fernstraße zur südlichen Gabelung hinunter. In der letzten Stunde vor der Dämmerung sichteten sie über sich einige Wolken, und die Dämmerung war viel heller als an den vorigen Tagen. Das genügte, daß sie wieder in Deckung gingen, und sie machten in einem Steinschlagpunkt halt vor dem Fuß der Südwand des Canyons. Sie versammelten sich im Führungswagen, um den Tag über auszuharren.
    Hier konnten sie die Weite von Melas Chasma überblicken, des größten Canyons von allen. Das Gestein von lus war rauh und schwärzlich im Vergleich mit dem glatten roten Boden von Melas. Ann hielt es für möglich, daß beide Canyons aus dem Material alter tektonischer Platten bestanden, die sich gegeneinander bewegt hatten und jetzt für immer nebeneinander ruhten.
    Sie saßen den ganzen langen Tag da, verkniffen, erschöpft, mit fettigem und ungekämmtem Haar, die Gesichter verschmiert von dem allgegenwärtigen Grus eines Staubsturms. Manchmal gab es Wolken, manchmal Dunst, manchmal plötzliche klare Stellen.
    In der Mitte des Nachmittags schaukelte ohne jede Vorwarnung der Rover auf seinen Stoßdämpfern. Jäh aufmerksam geworden, sprangen sie hoch, um die Fernseher anzuschauen. Die rückwärtige Kamera des Revers war nach hinten auf Ius gerichtet, und plötzlich klopfte Sax auf den Bildschirm. Er sagte: »Reif. Ich möchte wissen...«
    Die Kamera zeigte, daß der Reifnebel dichter wurde und sich nach unten auf sie zu bewegte. Die Straße lag auf einem Absatz oberhalb des Hauptbodens der Südflanke von Ius. Das war günstig, weil mit einem Dröhnen, das den Rover erschütterte, dieser Hauptboden verschwand, überspült von einer niedrigen Wand aus schwarzem Wasser und schmutzigweißem Brei. Es war ein Moloch aus Eisstücken, polternden Steinen, Schaum, Schlamm und Wasser, eine Brühe, die in der Mitte des Canyons herabstürzte. Das Getöse klang wie Donner. Selbst im Innern des Wagens war es zum Sprechen zu laut, und der Wagen zitterte unter ihnen.
    Unter ihrem Vorsprung war der Boden des Canyons vielleicht fünfzehn Kilometer

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