Mars Trilogie 1 - Roter Mars
taumeln. Er arbeitete fieberhaft mit den Raketen, um sich unter Kontrolle zu bringen. Als er das geschafft hatte, war das Raumschiff immer noch da. Am Seitenfenster war ein weibliches Gesicht, das zu ihm sprach und auf ihr Ohr deutete. Er schaltete die allgemeine Frequenz ein, aber er hörte nichts. Er schoß mit Raketenkraft auf das Vehikel zu und erschreckte die Frau, weil er fast aufprallte. Es gelang ihm anzuhalten und sich etwas zurückzuziehen. Die Frau gestikulierte; wollte er hineinkommen? Er machte mit Zeigefinger und Daumen im Handschuh einen ungeschickten Kreis und nickte so heftig, daß er wieder ins Taumeln geriet. Während er sich drehte, sah er hinter dem Fenster oben auf dem Fahrzeug eine offene Ladeluke. Er stabilisierte den Anzug und stieß auf die Bucht zu. Er fragte sich, ob sie real sein würde, wenn er hinkäme. Er berührte die offene Luke, und Tränen traten ihm in die Augen. Er blinzelte, und die Tränen schwebten als Kügelchen auf seine Visierscheibe zu, während er sich auf dem Boden der Bucht flach ausstreckte. Er hatte noch Luft für eine Stunde übrig...
Als die Bucht geschlossen und belüftet war, nahm er seinen Helm ab. Die Luft war rein, reich an Sauerstoff und kühl. Die Tür der Bucht ging auf, und er stieß sich hindurch.
Da hörte er Frauen lachen. Es waren ihrer zwei an Bord; und die waren sehr guter Dinge. Eine fragte: »Wohin warst du unterwegs? Wolltest du darin landen?«
Er sagte mit rauher Stimme: »Ich war auf dem Aufzug. Wir mußten abspringen. Habt ihr sonst noch jemanden aufgefischt?«
»Du bist der einzige, den wir gesehen haben. Möchtest du nach unten mitgenommen werden?«
Er konnte nur schlucken. Sie lachten ihn an.
»Wir sind erstaunt, hier auf jemanden getroffen zu sein, Junge! Wie viele Ges verträgst du gutwillig?«
»Ich weiß nicht. Drei?«
Sie lachten wieder.
»Nun, wieviel kannst du ertragen?«
»Eine Menge mehr als das«, sagte die Frau, die nach ihm Ausschau gehalten hatte.
»Eine Menge mehr«, spottete er. »Wieviel kann ein Mensch aushalten?«
»Das werden wir herausfinden«, sagte die andere Frau und lachte. Das kleine Vehikel beschleunigte nach unten auf den Mars zu. Der junge Mann lag erschöpft in einem Andrucksessel hinter den beiden Frauen, stellte Fragen, trank Wasser und lutschte Cheddarkäse aus einer Tube. Die Frauen waren auf einem der kleineren Spiegelkomplexe gewesen und hatten dieses Notlandegerät geklaut, nachdem sie die Spiegel in ein taumelndes Gewirr moleküldünner Membranen verwandelt hatten. Sie machten ihre Landung noch komplizierter durch Übergang in einen polaren Orbit. Sie wollten nahe der südlichen Polkappe landen.
Peter nahm das schweigend in sich auf. Dann hüpften sie wild herum. Die Fenster wurden weiß, dann gelb und danach zornig orangerot. Gravitationskräfte drückten ihn gewaltsam in den Sessel, die Sicht verschwamm, und sein Hals schmerzte. »Was für ein Leichtgewicht!« sagte die eine Frau, und er wußte nicht, ob sie ihn oder das Landefahrzeug meinte.
Dann ließ die Beschleunigung nach, und das Fenster wurde klar.
Er schaute hinaus und sah, daß sie in steilem Sturzflug auf den Planeten zu fielen und nur noch wenige tausend Meter über der Oberfläche waren. Er konnte es nicht glauben. Die Frauen hielten das Fahrzeug im Sturz, und es schien, daß sie sich in den Sand bohren würden. Dann gingen sie im letzten Moment in eine flache Flugbahn, und er wurde wieder in seinem Sessel nach hinten gedrückt. »Sehr hübsch!« erklärte die eine Frau, und dann waren sie - bums - unten und liefen über das geschichtete Terrain.
Wieder Schwerkraft. Peter kletterte nach den zwei Frauen aus dem Lander eine Gehröhre hinunter und in einen großen Rover. Er fühlte sich benommen und hätte weinen mögen. In dem Rover befanden sich zwei Männer, die die Frauen laut begrüßten und an sich drückten. Sie riefen: »Wer ist das?« - »Oh, den haben wir da oben aufgegriffen, er ist aus dem Aufzug gesprungen. Er steht noch etwas unter Raumschock. He«, sagte sie zu ihm lächelnd, »Wir sind unten. Es ist okay.«
M anche Fehler kann man nie wieder gutmachen.
Ann Clayborne saß hinten in Michels Rover über drei Sitze ausgestreckt und fühlte, wie die Räder über den Steinen auf und ab hüpften. Es war ihr Fehler gewesen, zum Mars zu gehen und sich in ihn zu verlieben. Sich in eine Welt zu verlieben, die offenbar jeder andere vernichten wollte.
Außerhalb des Rovers war der Planet für immer verändert worden.
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