Mars Trilogie 1 - Roter Mars
Auslässen, die als eure kleinen Windmühlenerhitzer getarnt sind. Neben anderen Methoden.«
»Die war keine gute Idee«, sagte Sax. Aus dem anderen Wagen lachte Frank ihn an. Diese Erkenntnis kommt nur dreißig Jahre zu spät, würde Ann gesagt haben, falls sie spräche.
»O nein, eine ausgezeichnete Idee«, sagte Michel. »Die Windmühlen müssen inzwischen Millionen Kilokalorien in die Atmosphäre gepumpt haben.«
»Das ist ungefähr so viel, wie in einer Stunde aus irgendeinem Mohole aufsteigt«, sagte Sax pedantisch.
Er und Michel fingen an, die Terraformungsprojekte zu diskutieren. Ann ließ ihre Stimmen in psychotisches Geplapper übergehen. Das war erstaunlich leicht. In diesen Tagen waren Unterhaltungen für sie immer hart am Rande von Sinnlosigkeit. Sie mußte sich regelrecht um Verständnis bemühen. Sie entspannte sich distanziert von ihnen und fühlte den Mars unter sich hüpfen und stoßen. Sie hielten kurz an, um eine Heizspule zu vergraben. Als sie weiterfuhren, wurde die Straße glatter. Sie befanden sich jetzt tief im Labyrinth, und in einem normalen Rover hätte sie durch die Fenster im Dach enge, steile Canyonwände gesehen. Rißtäler, vergrößert durch Einbrüche. Auf dem Boden hatte es einstmals Eis gegeben, das jetzt vermutlich alles zum Wasserlager Compton am Boden von Noctis gewandert war.
Ann dachte an Peter und erschauerte hilflos. Man konnte nichts wissen, aber die Furcht nagte an ihr. Simon beobachtete sie verstohlen, den auf ihrem Gesicht deutlichen Kummer. Und plötzlich haßte sie diese hündische Ergebenheit, diese hündische Liebe. Sie wollte nicht, daß sich jemand so um sie kümmerte. Das war eine unerträgliche Last, eine arge Zumutung.
In der Morgendämmerung machten sie halt. Die zwei Felsrover parkten am Rand einer Stelle mit ähnlichen Felsblöcken. Den ganzen Tag saßen sie in den Wagen beisammen, trödelten bei kleinen rehydrierten oder mit Mikrowelle aufgewärmten Mahlzeiten und versuchten, Fernseh- oder Radiosendungen zu finden. Es gab keine, die der Rede wert gewesen wären, nur ein gelegentlicher Schwall von Sprachen und verschlüsselten Sendungen. Äthermüll, der sich zu einem unzusammenhängenden Mischmasch steigerte. Harte Ausbrüche statischer Störungen schienen elektromagnetische Impulse anzuzeigen. Aber die Elektronik des Rovers war geschützt, wie Michel sagte. Er saß in einem Sessel, als ob er meditierte. Eine neue Ruhe für Michel Duval, dachte Ann. Als ob er es gewohnt wäre, seine Tage im Verborgenen zu verbringen. Sein Gefährte, der junge Mann, der den anderen Wagen fuhr, hieß Kasei. Seine Stimme klang immer nach starker Mißbilligung. Nun, das verdienten sie. Am Nachmittag zeigte Michel Sax und Frank auf einer topographischen Karte, die er auf die Bildschirme beider Wagen schaltete, wo sie waren. Ihre Route durch Noctis sollte von Südwest nach Nordost verlaufen, längs eines der größten Canyons des Labyrinths. Von da aus ging sie im Zickzack nach Osten und fiel steil ab, bis sie in dem großen Areal zwischen Noctis und den Anfängen von Ius- und Tithonium-Chasma waren. Michel nannte dieses Gebiet den Compton Break. Das war ein chaotisches Terrain; und bis sie es durchquert hatten und nach Ius Chasma hinuntergelangt waren, würde Michel sich nicht wohl fühlen. Denn die Gegend war, wie er sagte, ohne ihre heimliche Straße völlig unpassierbar. »Und wenn sie denken, daß wir diesen Weg von Cairo weg genommen haben, könnten sie die Strecke bombardieren.« Sie hatten in der vorangegangenen Nacht fast fünfhundert Kilometer zurückgelegt, fast die ganze Länge von Noctis. Noch eine Nacht, und sie würden unten in Ius sein und sich nicht mehr voll auf eine einzige Route verlassen müssen.
Es war ein dunkler Tag, die Luft dick von braunem Grus bei starken Winden. Ohne Zweifel ein neuer Staubsturm. Die Temperatur fiel. Sax lauschte einer Radiostimme, die sagte, der Staubsturm würde global werden. Aber Michel war erfreut. Das bedeutete, sie könnten auch am Tag fahren und so ihre Reisezeit halbieren. »Wir müssen fünftausend Kilometer zurücklegen, und das meiste davon ohne Wege. Es wird wundervoll sein, bei Tag zu reisen. Ich habe das seit dem Großen Sturm nicht mehr gemacht.«
Also fingen er und Kasei an, rund um die Uhr zu fahren. Sie machten Schichten von drei Stunden am Lenkrad und hatten danach eine halbe Stunde frei. Noch ein Tag, und sie waren unten bei Compton Break, kamen nach Ius Chasma hinein, und Michel entspannte sich.
Ius war
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