Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
Vom Netzwerk:
Fauvist im Frühling sah, mit Straßencafes und so weiter. Vier oder fünf Kilometer weiter unten war das Ende der City durch drei schlanke Wolkenkratzer markiert, jenseits derer die flachen Grünflächen der Farm lagen. Die Wolkenkratzer stellten einen Teil des Zeltgerüstes dar, welches über den Köpfen ein gewölbtes Netz von himmelfarbenen Linien bildete. Das Material des eigentlichen Zeltes war unsichtbar, so daß es aussah, als stünde man unter freiem Himmel. Dieser war goldfarben. Nicosia würde wohl eine beliebte Stadt werden.
    Chalmers sprach zu den Zuhörern und erhielt begeisterte Zustimmung. Offenbar hatte er die Leute, launisch wie sie waren, ebenso in der Hand wie John. Chalmers war stämmig und dunkel und wußte, daß er einen Kontrast zu Johns gutem blondem Äußeren darstellte. Er wußte aber ebensogut, daß er sein eigenes grobes Charisma hatte; und als er in Schwung kam, zog er die Menge damit an und verfiel in eine Auswahl seines Vorrats an Phrasen.
    Dann fiel zwischen den Wolken ein Sonnenstrahl wie eine Lanze herunter, traf die nach oben gewandten Gesichter der Menge; und er empfand eine seltsame Verkrampfung im Magen. So viele Leute hier, so viele Fremde! Menschenmassen hatten etwas Erschreckendes an sich - alle diese feuchten, halbflüssigen Augen in rosa Fassungen, die ihn anschauten... das war fast zu viel. Fünftausend Menschen in einer einzigen Stadt auf dem Mars! Nach all den Jahren in Underhill war das schwer zu fassen.
    Törichterweise suchte er seinen Hörern etwas davon mitzuteilen. Er sagte: »Seht euch nur um! Die Seltsamkeit unserer Anwesenheit hier ist... auffällig.«
    Die Menge entglitt ihm. Wie sollte er es sagen? Wie sollte er sagen, daß allein sie in dieser ganzen steinernen Welt lebendig waren, sie, deren Gesichter wie Lampions bei Nacht leuchteten? Wie sollte er sagen, daß dies hier, selbst wenn Lebewesen weiter nichts waren als Träger unbarmherziger Gene, immer noch irgendwie besser war als die nackte mineralische Nichtshaftigkeit von allem anderen?
    Natürlich konnte er das nicht aussprechen. Vielleicht niemals, und bestimmt nicht in einer Rede. Also nahm er sich zusammen und sagte: »In der Verlassenheit des Mars ist die Präsenz des Menschen gewiß eine bemerkenswerte Tatsache.« (Sie würden sich mehr umeinander kümmern denn jemals zuvor, wiederholte zynisch eine innere Stimme.) »Der Planet als solcher ist ein toter, gefrorener Alptraum« (deshalb exotisch und grandios), »und so auf uns allein angewiesen, befinden wir uns notwendigerweise im Prozeß einer gewissen ... Reorganisation« (oder Bildung einer neuen Ordnung) - so daß er sich tatsächlich dabei ertappte, daß er genau dieselben Lügen verkündete, die er gerade von John gehört hatte!
    So bekam er am Ende seiner Rede auch einen donnernden Beifall. Verunsichert erklärte er, es sei Essenszeit, und beraubte damit Maya ihrer Chance für ein Schlußwort. Obwohl sie wahrscheinlich gewußt hatte, daß er das tun würde, und sich gar nicht darum gekümmert hatte, sich eins auszudenken. Frank Chalmers liebte es, das letzte Wort zu haben.
     
    Die Leute strömten auf die improvisierte Plattform, um sich unter die Berühmtheiten zu mischen. Es war selten, daß man so viele der Ersten Hundert noch einmal auf einem Fleck antraf. So drängten sie sich um John und Maya, Samantha Hoyle, Sax Russell und Chalmers.
    Frank blickte über die Menge auf John und Maya. Er erkannte nicht die Gruppe von Erdleuten, die sich um sie drängten. Das machte ihn neugierig, und er bahnte sich einen Weg über das Podium. Als er näher kam, sah er, wie Maya und John sich einen Blick zuwarfen. »Es gibt keinen Grund, weshalb es hier nicht unter normalem Gesetz funktionieren sollte«, sagte gerade einer der Erdleute.
    Maya antwortete ihm: »Hat Sie der Olympus Mons wirklich an Mauna Loa erinnert?«
    »Sicher«, sagte der Mann. »Schildvulkane sehen alle gleich aus.«
    Frank starrte über den Kopf dieses Idioten Maya an. Sie erwiderte den Blick nicht. John tat so, als hätte er Franks Hinzukommen nicht bemerkt. Samantha Hoyle sprach leise mit einem anderen Mann, dem sie etwas erklärte. Der nickte und schaute dann unwillkürlich Frank an, dem Samantha weiter den Rücken zukehrte. Aber es war John, auf den es ankam, John und Maya. Und diese beiden taten so, als gäbe es nichts Ungewöhnliches. Aber der Gegenstand des Gesprächs, was immer er gewesen sein mochte, war dahin.
     
    Chalmers verließ die Plattform. Immer noch strömten

Weitere Kostenlose Bücher