Mars Trilogie 1 - Roter Mars
dich. Aber ich will klare Verhältnisse.«
»Sie sind klar.«
»Nein, das sind sie nicht. Ich meine, du kannst gleichzeitig in mehr als eine Person verliebt sein. Das kann ein jeder. So ist es eben. Aber du kannst nur einem treu sein. Und ich... ich will treu sein. Aber einer Person, die mir treu ist. Das meine ich mit klaren Verhältnissen, aber...«
Er schüttelte den Kopf. Er konnte den Ausdruck nicht finden. Er ging zurück in die östliche Reihe von Kammern und verschwand durch eine Tür.
»Amerikaner«, sagte Maya giftig. »Schreckliche Kinder!« Dann ging sie hinter ihm durch die Tür.
Sie kam aber bald zurück. Er hatte sich zu einer Gruppe in einem der Gesellschaftsräume zurückgezogen und wollte die nicht verlassen. »Ich bin erschöpft«, versuchte Nadia sie abzuwimmeln, aber Maya wollte das nicht hören. Sie wurde immer erregter. Sie diskutierten unentwegt eine Stunde lang darüber. Nadia ging mürrisch durch die Räume, ohne die Backsteine und bunten Nylonvorhänge zu beachten. Die Mittelsperson, welche niemand bemerkte. Könnte man nicht Roboter dafür einsetzen? Sie fand John, der sich dafür entschuldigte, daß er sie vorher ignoriert hatte. »Ich war aufgeregt. Es tut mir leid. Ich dachte, du würdest es sowieso zu hören bekommen.«
Nadia zuckte die Achseln. »Kein Problem. Aber schau, du wirst mit ihr sprechen müssen. So ist das mit Maya. Wir reden, reden und reden. Wenn du eine Beziehung eingehen willst, mußt du dauernd reden. Andernfalls wird es für dich auf lange Sicht schlimmer sein, glaub mir!«
Das kam bei ihm an. Ernüchtert machte er sich auf, um Maya zu finden. Nadia ging zu Bett.
Am nächsten Tage arbeitete sie draußen auf einem Aushubgerät. Es war der dritte Job dieses Tages, und der zweite hatte Schwierigkeiten gemacht. Samantha hatte versucht, während einer Drehung eine Ladung auf die Schaufel zu heben, und das Ding war vornüber gekippt und hatte die Stangen der Schaufelblätter aus ihren Lagern gerissen und hydraulische Flüssigkeit über den Boden vergossen, wo sie gefror, noch ehe sie sich ausbreiten konnte. Sie mußten Wagenheber unter das in der Luft schwebende Ende des Traktors schieben, dann den ganzen Schaufelansatz loskuppeln und das Vehikel auf die Heber heruntersenken. Jeder Schritt dieser Operation war eine Tortur gewesen.
Sobald das erledigt war, wurde Nadia zu Hilfe bei einer Sandvik-Tubex-Bohrmaschine gerufen, mit der sie verschalte Löcher durch große Felsblöcke bohrten, die beim Bau einer Wasserleitung von den Alchemisten zur Wohnsiedlung im Wege waren. Der pneumatische Hammer war offenbar voll ausgestreckt eingefroren und steckte fest wie ein Pfeil, der größtenteils durch einen Baumstamm gejagt wurde. Nadja sah sich den Hammerstiel an. Spencer fragte: »Hast du irgendwelche Vorschläge, wie man den Hammer freibekommen kann, ohne ihn zu zerbrechen?«
»Ihr müßt den Stein zertrümmern«, sagte Nadia müde. Sie ging los und brachte einen Traktor her, an dem schon eine Ramme befestigt war. Sie führte ihn über den Felsblock und wollte einen kleinen hydraulischen Stoßhammer an der Ramme befestigen, als der Hammer plötzlich den Bohrer zurückstieß, den Stein mitnahm und die Außenseite ihrer linken Hand gegen die Unterseite der Ramme quetschte.
Sie fuhr instinktiv zurück. Schmerzen zogen ihren Arm hoch in die Brust. Die linke Seite ihres Körpers brannte wie Feuer, und sie konnte nichts mehr sehen. In ihre Ohren drangen Rufe. »Was fehlt? Was ist passiert?« Sie krächzte: »Hilfe!« Sie saß da, ihre gequetschte linke Hand noch zwischen Stein und Hammer eingeklemmt. Sie drückte mit dem Fuß gegen das Vorderrad des Traktors, schob mit aller Kraft und fühlte, wie der Hammer ihre Knochen über Gestein zerrte. Dann flog sie mit freier Hand auf den Rücken. Der Schmerz war betäubend. Ihr war übel, und sie meinte, ohnmächtig zu werden. Sie drückte sich mit der unverletzten Hand auf die Knie und sah, daß die verletzte Hand blutete. Der Handschuh war zerrissen und der kleine Finger offenbar verschwunden. Sie stöhnte, beugte sich vor, preßte die Hand an sich und danach auf den Boden, ohne sich um den stechenden Schmerz zu kümmern. Auch wenn die Hand blutete, müßte sie einfrieren. Wie lange würde das dauern? »Friere endlich, verdammt!« schrie sie. Sie schüttelte sich Tränen aus den Augen und zwang sich hinzuschauen. Überall dampfendes Blut. Sie schob die Hand so fest in den Boden, wie sie es aushalten konnte. Sie schmerzte schon
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