Mars Trilogie 1 - Roter Mars
hin summte, wenn sie da saß und sich an dem Gewölbe und ihren Freundinnen ergötzte.
Aber eines Abends, als sie wieder da saß und döste, kam Maya herüber und lehnte sich an ihre Schulter, um zu plaudern. Maya, mit ihrem schönen Gesicht, immer sehr elegant, selbst in ihren alltäglichen Pullovern, sah bestürzt aus. »Nadia, du mußt mir einen Gefallen tun, bitte, bitte!«
»Was denn?«
»Du mußt Frank etwas sagen.«
»Warum tust du das nicht selbst?«
»John darf uns nicht miteinander sprechen sehen. Ich muß ihm eine Nachricht zukommen lassen; und bitte, Nadezhda Francine, du bist meine einzige Möglichkeit.«
Nadia knurrte mißmutig.
»Bitte!«
Es war erstaunlich, wieviel lieber Nadia mit Ann oder Samantha oder Arkady gesprochen hätte. Wenn Arkady nur von Phobos herunterkommen würde!
Aber Maya war ihre Freundin. Und ihre verzweifelte Miene... - Nadia konnte nicht widerstehen. »Was für eine Mitteilung?«
»Sag ihm, daß ich ihn heute abend im Lagerbereich treffen will!« sagte Maya energisch. »Um Mitternacht.
Um zu reden.«
Nadia stöhnte. Aber später ging sie zu Frank und überbrachte ihm die Botschaft. Er nickte, ohne sie anzusehen, verlegen, mürrisch, unglücklich.
Dann säuberten Nadia und Maya zusammen den Backsteinboden der letzten unter Druck zu setzenden Kammer; und Nadias Neugier siegte. Sie brach ihr übliches Schweigen über dieses Thema und fragte Maya, was los wäre. Maya sagte kläglich: »Nun, es geht um John und Frank. Sie sind sehr eifersüchtig aufeinander. Sie sind wie Brüder, ja, aber unterschwellig ist da große Eifersucht, vor allem bei Frank. John ist zuerst zum Mars gegangen und hat dann die Erlaubnis erhalten, noch einmal zu gehen. Frank findet das unfair. Frank hat in Washington schwer gearbeitet, um die Kolonie zu fördern und denkt, daß John immer Nutzen von seiner Arbeit gehabt hat. Und jetzt, John und ich verstehen einander gut. Ich mag ihn. Mit ihm ist es leicht. Leicht, aber vielleicht ein wenig... Ich weiß nicht. Nicht langweilig. Aber auch nicht aufregend. Er geht gern umher und treibt sich mit der Farmcrew herum. Er spricht nicht viel. Aber Frank und ich, wir könnten für immer miteinander reden. Vielleicht für immer uns streiten, aber wenigstens sprechen wir! Und du weißt, wir hatten eine ganz kurze Affäre auf der Ares damals zu Anfang. Und das hat nichts erbracht, aber er denkt immer noch, daß es das könnte.«
Warum würde er das denken? fragte sich Nadia.
»Also will er mich dauernd überreden, John zu verlassen und mit ihm zusammen zu sein. Und John argwöhnt das. Darum gibt es zwischen ihnen große Eifersucht. Ich versuche nur zu verhindern, daß sie einander an die Gurgel gehen. Das ist alles.«
Nadia hatte sich entschieden, bei ihrem Vorsatz zu bleiben und nicht wieder danach zu fragen. Aber jetzt war sie wider Willen darin verwickelt. Maya kam zu ihr, um zu reden und sie zu bitten, für sie Frank Mitteilungen zu überbringen. »Ich bin keine Mittelsperson!« protestierte Nadia ständig, tat es aber dennoch weiter. Und ein paarmal wurde sie dabei in lange Gespräche mit Frank verwickelt, natürlich über Maya. Wer sie wäre, wie sie wäre, warum sie so gehandelt hätte. Nadia sagte ihm: »Schau, ich kann nicht für Maya sprechen. Ich weiß nicht, warum sie das tut, was sie tut. Du mußt sie selbst fragen. Aber ich kann dir sagen, sie kommt aus der alten Moskauer sowjetischen Kultur, Universität und Kommunistischen Partei seitens ihrer Mutter und Großmutter. Und für Mayas Babushka waren Männer die Feinde und auch für ihre Mutter. Es war eine Matrioshhi. Mayas Mutter pflegte ihr zu sagen: >Frauen sind die Wurzeln, Männer sind bloß die Blätter. < Das war eine Kultur von Mißtrauen, Manipulation und Furcht. Das ist es, woher Maya kommt. Und zu gleicher Zeit haben wir diese Tradition von amicochonstvo, einer Art intensiver Freundschaft, wo man die winzigsten Details aus dem Leben seines Freundes - oder seiner Freundin - erfährt, wo man gewissermaßen in das Leben der anderen Person eindringt. Und das ist natürlich unmöglich und muß enden - meistens schlecht.«
Frank nickte zu dieser Darstellung. Er erkannte etwas in ihr. Nadia seufzte und fuhr fort: »Das sind die Freundschaften, die zu Liebe führen; und dann erfährt die Liebe die gleiche Art von Schwierigkeiten, nur vergrößert, besonders mit all der Furcht, die ihr zugrunde liegt.«
Und Frank, groß, dunkel und irgendwie hübsch, von Energie strotzend, mit seinem inneren
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