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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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ein Stück hinauf. Der Eisberg war wie der Sand um ihn horizontal geschichtet, mit Staublinien in etwa einem Zentimeter Abstand. Zwischen den Linien war das Eis narbig und körnig. Bei diesem atmosphärischen Druck sublimierte es bei fast allen Temperaturen und hinterließ löchrige, verwitterte Seitenwände bis zu einer Tiefe von einigen Zentimetern. Darunter war es fest und hart.
    »Das ist eine Menge Wasser«, sagten sie alle an der einen oder anderen Stelle. Wasser, auf der Oberfläche des Mars...
    Am nächsten Tag bildete der Gletscherhügel ihren Horizont, eine Wand, die während der Fahrt des ganzen Tages neben ihnen her verlief. Danach schien er wirklich wie eine Menge Wasser auszusehen, besonders, als im Laufe des Tages die Wand höher wurde und sich bis auf etwa dreihundert Meter erhob. Wirklich eine Art weißer Bergrippe, die ihr flaches Tal auf der Ostseite begrenzte. Und dann erschien über dem Horizont im Nordwesten noch ein weißer Hügel - die Spitze eines anderen Grates, dessen Basis noch unter dem Horizont lag. Ein weiterer Gletscherberg, der sie in etwa dreißig Kilometern Entfernung im Westen abschloß.
    Also waren sie im Chasma Borealis, einem von Wind ausgetieften Tal, das nach Norden etwa fünfhundert Kilometer in die Eiskappe einschnitt, mehr als die halbe Entfernung bis zum Pol. Der Boden des Chasmas war flacher Sand, hart wie Beton und oft mit einer Schicht von CO 2 -Eis bedeckt, die knirschend unter den Rädern zerbrach. Die Eiswände waren hoch, aber nicht senkrecht. Sie wichen zurück in einem Winkel von weniger als fünfundvierzig Grad; und wie die Bergflanken in dem geschichteten Gelände waren sie terrassiert, wobei die Terrassen durch Erosion und Sublimation ausgezackt waren, jene beiden Kräfte, die während Zehntausenden von Jahren das Chasma in seiner vollen Länge zerschnitten hatten.
    Anstatt auf den Kopf des Tales hinaufzufahren, überquerten die Forscher das Chasma in westlicher Richtung auf einen Transponder zu, der bei einem Abwurf von Gerät zum Schürfen von Eis dorthin gelangt sein mußte. Die Sanddünen waren in der Mitte des Chasmas niedrig und regelmäßig, und die Rover rollten über das wellige Gelände auf und ab, auf und ab. Als sie dann den Grat einer Sandwelle erreichten, erblickten sie das abgeworfene Gerät nicht mehr als zwei Kilometer vom Fuß der nordwestlichen Eiswand entfernt. Dicke limonengrüne Container auf skelettartigen Landeapparaten, ein seltsames Bild in dieser Welt von weißen, braunen und rosa Tönen. »Was für ein häßlicher Anblick!« rief Ann, aber Phyllis und George jubelten.
    Während des langen Nachmittags nahm die im Schatten liegende westliche Flanke des Eises mannigfache blasse Farben an. Das reinste Wasser-Eis war klar und bläulich, aber der größte Teil des Abhangs war transparent elfenbeinfarben, üppig getönt mit rosa und gelbern Staub. Unregelmäßige Flecken von Kohlendioxid-Eis waren rein hellweiß. Der Kontrast zwischen Trockeneis und Wassereis war stark und machte es unmöglich, die wahren Konturen der Bergflanke zu erkennen. Und die perspektivische Verkürzung machte es schwierig zu sagen, wie hoch der Berg wirklich war. Er schien für immer aufzuragen und befand sich wahrscheinlich zwischen drei- und fünfhunder Metern über dem Boden von Borealis.
    »Das ist eine Menge Wasser!« rief Nadia.
    Phyllis sagte: »Und unter der Oberfläche gibt es noch mehr davon. Unsere Bohrungen zeigen, daß sich die Kappe um viele Breitengrade weiter nach Süden erstreckt, als wir sehen, unter dem geschichteten Gelände begraben.«
    »Also haben wir mehr Wasser, als wir je brauchen werden!«
    Ann verzog unwillig den Mund.
     
    Der Abwurf der Schürfgeräte hatte die Lage des Eisgewinnungslagers bestimmt: die Westwand von Chasma Borealis auf 41° Länge und 83° nördlicher Breite. Deimos war gerade Phobos unter den Horizont gefolgt. Sie würden ihn nicht wiedersehen, bis sie südlich bis 82° N zurückgekehrt wären. Die Sommernächte bestanden aus einer Stunde purpurner Dämmerung. Den übrigen Teil drehte sich die Sonne herum, nie mehr als zwanzig Grad über dem Horizont. Alle sechs verbrachten lange Stunden im Freien. Sie rückten den EisSchürfer an die Wand und stellten ihn dann auf. Der Hauptteil war ein robotischer Tunnelbohrer, ungefähr so groß wie einer ihrer Roboter. Der schnitt ins Eis und gab zylindrische Trommeln von anderthalb Metern Durchmesser aus. Als sie den Bohrer anstellten, erzeugte er ein lautes, tiefes Brummen, das

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