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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Süden, durch Saint-Remy nach Les Baux.
    Sie schlief während der Fahrt, und das war ihm ganz recht. Zwischen Avignon und Les Baux bestand die Landschaft größtenteils aus häßlichen, auf einer staubigen Ebene verteilten Industriebauten. Sie erwachte genau zur rechten Zeit, als er in die schmale gewundene Straße abbog, die sich durch die Alpillen zu dem alten Dorf auf dem Hügel hinaufschlängelte. Man parkte auf einem Parkplatz und ging dann in die Stadt hinauf. Das war deutlich ein Arrangement für Touristen; aber die einzige kurvenreiche Straße der kleinen Siedlung war jetzt sehr ruhig, wie verlassen.
    Und sehr malerisch. Das Dorf war für den Nachmittag dicht gemacht und schlief. Bei der letzten Biegung zum Gipfel der Anhöhe querte man eine freie Fläche; wie eine rohe geneigte Plaza; und dahinter waren die Kalkfelsen des Gipfels zu sehen. Jeder Felsblock war von einem Eremiten des alten Dorfes ausgehöhlt worden, Zuflucht vor den Sarazenen und all den anderen Gefahren der mittelalterlichen Welt. Nach Süden hin schimmerte das Mittelmeer wie ein goldener Teller. Der Fels selbst war gelblich; und als ein dünner Schleier von einer bronzenen Wolke am Westhimmel lag, nahm das Licht überall eine bernsteinfarbene Tönung an, als ob es über alte Gelatine wandern würde.
    Sie kletterten von einer der niedlichen Kammern in die nächste und staunten, wie klein sie waren. »Sieht aus wie das Versteck eines Präriehundes«, sagte Maya, als sie in eine kleine quadratische Höhle blickte. »Das ist wie unser Anhängerpark in Underhill.«
    Wieder auf der schrägen Plaza, die mit Kalksteinblöcken übersät war, hielten sie an, um den Glanz des Mittelmeers wirken zu lassen. Michel deutete auf den helleren Schimmer der Camargue. »Früher war nur ein kleines Stück Wasser zu sehen.« Das Licht verdunkelte sich zu einer tiefen Aprikosenfarbe, und der Hügel schien eine Festung zu sein über der ach so geräumigen Welt, über der Zeit selbst. Maya legte einen Arm um seine Taille und drückte ihn zitternd an sich. »Es ist schön. Aber ich könnte hier nicht leben, wie sie es getan haben. Es ist zu weit draußen. Man ist hier wie ausgesetzt.«
    Sie kamen nach Arles zurück. Es war Samstagabend, die Stadt war zu einer Art von Zigeuneroder nordafrikanischem Festival geworden, die Alleen dicht voller Stände mit Speisen und Getränken, viele davon in die Bögen der römischen Arena gezwängt, die allen offenstand und in der eine Band spielte.
    Maya und Michel gingen Arm in Arm umher und badeten in den Gerüchen gebratener Speisen und arabischer Gewürze. Die Stimmen um sie redeten in zwei oder drei verschiedenen Sprachen. »Es erinnert mich an Odessa«, sagte Maya bei ihrem Rundgang durch die Arena. »Nur die Leute sind kleiner. Es ist angenehm, sich nicht gleich als Zwerg zu fühlen.«
    Sie tanzten im Arenazentrum, tranken an einem Tisch unter den verschwommenen Sternen. Ein Stern war rot, und Michel war mißtrauisch, sagte aber nichts. Sie gingen wieder in sein Hotelzimmer und liebten sich auf dem schmalen Bett. Manchmal hatte Michel den Eindruck, daß in ihm mehrere Personen steckten, die alle zugleich erschienen. Er schrie auf angesichts der seltsamen Gewalt dieses Eindrucks... Maya schlief ein, und er lag wach neben ihr, in einer tristesse, die irgendwo außerhalb der Zeit widerhallte. Er sog den vertrauten Geruch ihres Haares ein und lauschte der langsam nachlassenden Kakophonie der Stadt. Endlich daheim.
     
    In den folgenden Tagen stellte er sie seinem Neffen und den übrigen Verwandten vor, die Francis zusammengeholt hatte. Die ganze Meute nahm sie gut auf, und stellte ihr mit Hilfe von Übersetzungscomputern Dutzende von Fragen. Sie versuchten auch, ihr alles über sich selbst zu erzählen. Michel dachte, daß das so oft vorkam. Die Leute wollten die berühmte Fremde kennenlernen, deren Geschichte sie so gut kannten (oder zu kennen glaubten), und dafür ihre Geschichte geben, um das Gleichgewicht der Beziehung wieder herzustellen. Die wechselseitige Teilhabe an Geschichten. Und natürlich wurden die Menschen auch von Mayas Person angezogen. Sie lauschte ihren Geschichten, lachte und stellte Fragen. Ab und zu erzählten sie ihr, wie die Flut gekommen war, ihr Heim überschwemmt, ihr Leben ertränkt und sie in die Welt hinausgeworfen hatte, zu Freunden und Familien, die sie seit Jahren nicht gesehen hatten und sie in neue Muster und Beziehungen zwang. Wie das Profil ihres Lebens zerbrach und sie in den Mistral hinaus

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