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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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hatte daher mit der Verlegung einer Rohrleitung zu dem großen südlichen Arm des Nordmeeres in der Chryse-Senke reagiert und das Wasser nach Cairo hochgepumpt. Soweit kein Problem. Jede Kuppel bekam irgendwoher ihr Wasser. Aber die Cairener leiteten nun Wasser in ein unter ihnen gelegenes Reservoir im Noctis-Canyon und ließen einen Strom daraus nach Ius Chasma fließen, wo es sich hinter dem oberen Ende des Marineris-Gletschers sammelte oder daran vorbeifloß. Sie hatten praktisch einen neuen Fluß geschaffen, der das große Canyonsystem hinunterfloß, weit von ihrer Stadt entfernt. Und jetzt waren sie dabei, eine Anzahl von Siedlungen am Fluß und Ackerbaukommunen flußabwärts der Stadt zu etablieren. Eine legale Gruppe der Roten war an den Globalen Umweltgerichtshof herangetreten, um gegen diese Aktion zu protestieren mit der Begründung, daß Valles Marineris als Naturwunder geschützt werden müsse, da es der größte Canyon im Sonnensystem sei. Wenn man ihn in Ruhe ließe, würde der Gletscher des Ausbruchs schließlich in das Chaos gleiten und die Canyons wieder mit freiem Boden zurücklassen. Das würde nach ihrer Ansicht geschehen; und der Allgemeine Umweltrat hatte ihnen zugestimmt und eine Anweisung gegen Cairo erlassen mit der Forderung, die Entnahme von Wasser aus dem Reservoir der Stadt unverzüglich einzustellen. Cairo hatte das abgelehnt und behauptete, daß die globale Regierung keine Jurisdiktion hätte über das, was sie lebenswichtige Lebenserhaltungs-Angelegenheiten< nannten. Inzwischen bauten sie stromabwärts neue Siedlungen, so schnell sie konnten.
    Das war eine offene Provokation, eihe Herausforderung für das neue System. »Das ist ein Test«, knurrte Art, als sie über die Plaza gingen. »Das ist nur ein Test. Wäre es eine echte Verfassungskrise, würde man auf dem ganzen Planeten großes Geschrei hören.«
    Ein Test. Etwas, dem gegenüber Nadia jede Geduld verloren hatte. So ging sie in übler Stimmung durch die Stadt. Ohne Zweifel half es nicht, daß die schrecklichen Tage von '61 so lebhaft in Erinnerung gerufen wurden durch die Plaza, die Boulevards und die Stadtmauer am Rande des Canyons - genau so, wie sie damals gewesen waren. Man sagte, daß das Gedächtnis eines Menschen von seinen mittleren Jahren an nachließe; aber diese Erinnerungen hätte sie, wenn möglich, gern verloren. Doch Angst und Wut schienen jedoch immer noch als eine Art von Alptraumfixativ zu wirken. Denn es war alles noch da. Frank tastete wild auf seinen Monitoren, Sasha aß Pizza, Maya schimpfte laut über dieses oder jenes in den gefahrvollen Stunden, als man darauf wartete zu sehen, ob sie von den herunterfallenden Stücken von Phobos verschont bleiben würden. Sie sah Sashas leblosen Körper, aus den Ohren blutend. Sie hantierte an dem Sender, der Phobos heruntergeholt hatte.
     
    Darum war es für sie sehr schwierig, ihren Ärger im Zaum zu halten, als sie zu der ersten Zusammenkunft mit den Cairenern ging und dort Jackie antraf, die deren Position unterstützte. Jackie war auch schon seit einiger Zeit schwanger und sah blühend, glänzend und schön aus. Niemand wußte, wer der Vater war. Das war ihre ganz eigene Angelegenheit. Eine Tradition, die Hiroko in Dorsa Brevia etabliert hatte und für Nadia noch ein weiterer Punkt, der sie irritierte.
    Das Treffen fand in einem Gebäude bei der Stadtmauer statt, das den U-förmigen Canyon Nilus Noctis überblickte. Das Wasser, um das es ging, konnte man unten im Canyon deutlich sehen, ein breites, von Eis überzogenes Reservoir, das kurz vor den Illyrischen Toren und dem neuen Chaos der Compton-Bresche von einem Damm festgehalten wurde, der von hier oben nicht sichtbar war.
    Charlotte stand mit dem Rücken zum Fenster und stellte den Beamten von Cairo genau die Fragen, die Nadia gestellt hätte, aber ohne die geringste Spur von Nadias Mißmut. »Ihr werdet immer in einer Kuppel leben. Die Wachstumsmöglichkeiten sind beschränkt. Warum Marineris fluten, wenn ihr davon keinen Nutzen haben werdet?«
    Niemand schien Lust zu haben, darauf zu antworten. Schließlich sagte Jackie: »Die unten lebenden Leute werden davon profitieren, und sie sind ein Teil von Groß-Cairo. Wasser in jeder Form ist in diesen Höhen eine Ressource.«
    »Wasser, das Marineris frei hinunterfließt, ist überhaupt keine Ressource«, entgegnete Charlotte.
    Die Cairener argumentierten für die Nützlichkeit von Wasser in Marineris. Es gab auch Vertreter der Siedler flußabwärts, viele davon

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