Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
jemanden tötet. Richtet sie hin oder verbannt sie lebenslänglich vom Mars! Laßt sie auf eine Weise bezahlen, die wirklich den Rest der Aufmerksamkeit der Roten auf sich zieht!«
»Na ja«, sagte Art unbehaglich. »Na ja, nach all dem.« Aber sie tobte weiter. Sie konnte erst aufhören, als ihre Wut nachgelassen hatte. Und Art stellte fest, daß das jedesmal länger dauerte.
Er gab sich selbst einen Teil der Schuld und empfahl ihr, eine neue Konferenz einzuberufen wie die, welche sie in Sabishii verpaßt hatte. Und sie sollte sich vergewissern, dieses Mal dabeizusein. Nadia war der Meinung, die Kanalisierung der Bemühungen verschiedener Körperschaften für eine einzelne Sache wäre nicht gerade, was man konstruktiven Aufbau nennt. Aber es schien doch notwendig zu sein.
Die Auseinandersetzungen in Cairo hatten ihre Aufmerksamkeit auf den hydrologischen Kreislauf gelenkt - was würde geschehen, wenn das Eis anfinge zu schmelzen? Wenn sie irgendeinen Plan für einen Wasserkreislauf austüfteln könnten, wenn auch nur näherungsweise, könnte dieser weitgehend zur Reduzierung von Konflikten über Wasser führen. Darum beschloß sie zu schauen, was sich machen ließe.
Wie es in diesen Tagen oft geschah, wenn sie über globale Themen nachdachte, stellte sie fest, daß sie den Wunsch hatte, mit Sax darüber zu sprechen. Die Reisenden von der Erde waren jetzt beinahe zurück, nahe genug, daß die Verzögerung der Übertragung unbedeutend war, fast als führe man eine normale Konversation mit dem Handgelenkapparat. So verbrachte Nadia ganze Abende im Gesprächen mit Sax übers Terraformen. Mehr als einmal überraschte er sie gewaltig. Er vertrat nicht die Ansichten, die sie bei ihm erwartet hatte. Er schien sich stets zu verändern. Eines Nachts sagte er: »Ich will die Dinge wild lassen.«
»Was meinst du damit?« fragte sie.
Sein Gesicht nahm den nachdenklichen Ausdruck an, den er hatte, wenn er scharf überlegte. Es dauerte erheblich länger als die Verzögerung der Übertragung, bis er antwortete: »Vielerlei. Das ist ein kompliziertes Wort. Aber - ich meine - ich will die ursprüngliche Landschaft so unversehrt wie möglich erhalten.«
Nadia konnte ihr Gelächter darüber beherrschen. Aber Sax sagte noch: »Was findest du daran belustigend?«
»Oh, nichts. Du klingst nur - ich weiß nicht - wie manche Rote. Oder die Leute in Christianopolis. Das sind keine Roten, aber sie haben vorige Woche fast dasselbe zu mir gesagt. Sie wollen, daß die primäre Landschaft des fernen Südens erhalten wird. Ich habe ihnen geholfen, eine Konferenz zu veranstalten, um über Wasserscheiden im Süden zu sprechen.«
»Ich dachte, du arbeitest an Treibhausgasen?«
»Sie wollen mich nicht arbeiten lassen. Ich muß Präsidentin sein. Aber ich werde zu dieser Konferenz gehen.«
»Eine gute Idee.«
Die japanischen Siedler in Messhi Hoko (was bedeutete >Selbstopferung für die Sache der Gruppe<) traten mit der Bitte an den Rat heran, daß ihrer Kuppel in Süd-Tharsis mehr Land und Wasser zugeteilt werden möge. Nadia machte sich auf den Weg zu ihnen und flog mit Art nach Christianopolis im fernen Süden hinunter.
Die kleine Stadt (und nach Sheffield und Cairo wirkte sie besonders klein) lag im Phillips-Randkrater Vier auf einer Breite von 67° Süd. Während des Jahres ohne Sommer hatte der tiefe Süden mehrere strenge Stürme erlebt, die ungefähr vier Meter Neuschnee abgeladen hatten - eine noch nie dagewesene Menge. Der vorige Jahresrekord war bei weniger als einem Meter gelegen. Jetzt war es Ls 281, also kurz nach dem Perihel und im Süden Hochsommer. Und die verschiedenen Strategien zur Vermeidung einer Eiszeit schienen gut zu funktionieren. Der meiste Schnee war in einem warmen Frühling geschmolzen, und jetzt gab es auf jedem Kraterboden runde Teiche. Der Teich im Zentrum von Christianopolis war ungefähr vier Meter tief und hatte einen Durchmesser von 300 Metern. Das gefiel den Einwohnern, da er ihnen einen schönen Parkteich bescherte. Aber dasselbe passierte in jedem Winter; und die Meteorologen glaubten, daß die kommenden Winter noch mehr Schnee bringen und die kommenden Sommer immer wärmer werden würden. Dann wäre ihre Stadt schnell durch Schneeschmelze überschwemmt und Phillipps-Randkrater Vier würde ein randvoller See werden. Und das galt für alle Krater auf dem Mars.
Die Konferenz in Christianopolis war zusammengekommen, um Strategien zu erörtern, wie man mit der Situation fertig werden konnte. Nadia
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