Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
Durchsetzung stimmen würde!« erwiderte sie hitzig. »Warum diese wilde Szene?«
Nadia ging wieder zu einer normalen Argumentation über, wiewohl immer noch scharf und unerbittlich. Schließlich hob Ariadne die Hände: »Es ist das, was die meisten vom Rat in Dorsa Brevia machen wollen. Ich hatte ohnehin vor, dafür zu stimmen. Du brauchst dich deswegen nicht so aufzuführen!« Und sie lief aufgebracht aus dem Zimmer.
Nadia empfand zuerst eine Anwandlung von Triumph. Aber der Ausdruck von Angst in den Augen der jungen Frau hatte sie berührt, daß ihr im Magen leicht übel wurde. Sie erinnerte sich an Cojote in Pavonis, der gesagt hatte: »Macht korrumpiert.« Das war dieses üble Gefühl, dieser erste Schlag von genutzter - oder mißbrauchter - Macht.
Viel später in dieser Nacht war ihr immer noch schlecht vor Widerwillen; und* sie erzählte Art fast weinend von dieser Konfrontation. »Das hört sich nicht gut an«, sagte er besorgt, »das klingt, als hättest du einen Fehler gemacht. Du wirst mit ihr noch zu tun bekommen. Wenn das der Fall ist, darfst du die Leute nicht vergraulen.«
»Ich weiß, ich weiß. Verflucht, das ist mir zuwider! Ich möchte abhauen und etwas Reales machen.«
Er nickte ernst und klopfte ihr auf die Schulter.
Vor dem nächsten Treffen ging Nadia zu Jackie hinüber und sagte ihr ganz ruhig, daß sie die nötigen Stimmen im Rat hätte, um die Polizei zum Damm zu schicken, damit eine weitere Freigabe von Wasser verhindert würde. Dann erinnerte sie in der Versammlung alle mit einer überraschenden Bemerkung daran, daß Nirgal sehr bald wieder unter ihnen sein würde, zusammen mit Maya, Sax und Michel. Worauf etliche Anwesende der Gruppe Freier Mars bedenklich dreinschauten, obwohl Jackie natürlich keine Reaktion zeigte. Während sie anschließend meckerten und diskutierten, rieb Nadia zerstreut ihren Finger, innerlich immer noch erregt ob ihrer Begegnung mit Ariadne.
Am nächsten Tag stimmten die Cairener zu, das Urteil des Globalen Umweltgerichtshofes anzuerkennen. Sie würden aufhören, Wasser aus ihrem Reservoir abzulassen; und die Siedlungen weiter unten im Canyon müßten mit Leitungswasser auskommen, was sicher ihr Wachstum behindern würde.
»Gut!« sagte Nadia, immer noch bitter. »All das nur, um dem Gesetz zu genügen.«
»Sie werden Berufung einlegen«, erklärte Art.
»Das kümmert mich nicht. Sie sind erledigt. Und selbst wenn nicht, sind sie dem Prozeß unterworfen. Zum Teufel, meinetwegen können sie gewinnen. Der Prozeß ist es, der zählt. Darum gewinnen wir in jedem Fall.«
Art lächelte, als er das hörte. Ohne Zweifel ein Schritt in politischer Erziehung, ein Schritt, den Art und Charlotte schon vor langer Zeit gemacht hatten. Ihnen kam es nicht auf das Ergebnis bei irgendeiner einzelnen Meinungsverschiedenheit an, sondern auf die erfolgreiche Anwendung der Gerichtsbarkeit. Wenn der Freie Mars jetzt die Mehrheit repräsentierte - was er offenbar tat, da er die Ergebenheit fast aller Eingeborener besaß, der jungen Toren, die sie waren -, dann bedeutete die Anerkennung der Verfassung, daß sie nicht einfach Minoritäten kraft ihrer Zahl herumschubsen konnten. Wenn also der Freie Mars etwas gewann, so mußte das durch einen Präzedenzfall sein, beurteilt durch die Gesamtheit der Richter des Gerichtshofes, die aus allen Fraktionen kamen. Das war wirklich sehr befriedigend, so als ob man sähe, daß eine aus zartem Material gebaute Mauer wegen eines geschickten Fachwerks mehr Gewicht tragen konnte, als man ihr ansah.
Aber sie hatte Drohungen anwenden müssen, und darum hinterließ die ganze Sache einen schalen Geschmack in ihrem Mund. »Ich möchte etwas Reales machen.«
»Zum Beispiel Rohre verlegen?«
Sie nickte, nicht gerade lächelnd. »Ja, Hydrologie.«
»Kann ich mitkommen?«
»Als Klempnergehilfe?«
Er lachte. »Ich habe das schon einmal gemacht.«
Nadia schaute ihn an. Seine Anwesenheit hob ihre Stimmung. Das war drollig und altmodisch - irgendwohin zu gehen, nur um mit jemandem zusammen zu sein. So etwas kam nicht mehr oft vor. Die Leute gingen dorthin, wohin sie gehen mußten, und trieben sich mit irgendwelchen Freunden herum, die sie dort antrafen, oder schlössen neue Freundschaften. Das war die marsianische Art. Oder" vielleicht die Art der Ersten Hundert. Oder ihre Art.
Jedenfalls war klar, wenn man dies tat und zusammen reiste, so war das mehr als eine Freundschaft, vielleicht sogar mehr als eine Affäre. Aber das war nicht so übel, sagte
Weitere Kostenlose Bücher