Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
hatte getan, was möglich war, um einflußreiche Leute hinunterzubekommen, einschließlich Meteorologen, Hydrologen, Ingenieure und möglichst auch Sax, dessen Rückkehr nun unmittelbar bevorstand. Das Problem der Kraterüberschwemmung sollte der einzige Ausgangspunkt der Diskussion über die Wasserscheiden und den hydrologischen Zyklus selbst sein.
Das Kraterproblem speziell sollte so gelöst werden, wie Nadia es vorhergesagt hatte - durch Rohrleitungen. Sie würden die Krater wie Badewannen behandeln und Drainagen bohren, um sie zu entleeren. Die Brecciapfannen unter den staubigen Kraterböden waren äußerst hart. Sie konnten aber mit Robotern durchtunnelt werden. Dann installierte man Pumpen und Filter, um das Wasser herauszupumpen und, wenn gewünscht, einen zentralen Teich zu behalten oder den Krater trockenzulegen.
Aber was würden sie mit dem herausgepumpten Wasser anfangen? Die südlichen Gebirgsländer waren zerklüftet, narbig, hüglig, eingesunken, gespalten und brüchig. Als Wasserscheiden waren sie nicht zu gebrauchen. Es gab in weitem Umkreis kein abschüssiges Gelände. Der ganze Süden war ein Plateau in drei bis vier Kilometern Höhe über dem alten Bezugsniveau, mit nur kleinen Buckeln und Senken. Auf der Erde hatten tektonische Bewegungen alle paar Dutzend Jahrmillionen Berge hochgedrückt; und dann war Wasser an diesen frischen Hängen heruntergeflossen auf den Wegen geringsten Widerstandes hin zum Meer und hatte überall die fraktalen Formen von Wasserscheiden eingegraben. Selbst die trockenen Beckenregionen der Erde waren von Arroyos gesäumt und mit Salztonebenen (Playas) durchsetzt.
Im Süden des Mars hingegen hatte das frühzeitliche Bombardement wüst auf das Land eingehämmert und allenthalben Krater und Auswürfe hinterlassen. Danach hatten die zerschlagenen Wüsten zwei Milliarden Jahre lang unter der rücksichtslosen Erosion der staubigen Winde gelegen, die an jeder brüchigen Stelle zerrten und schliffen. Wenn man Wasser auf dieses knubblige Land gießen würde, käme dabei ein verrückter Fleckenteppich aus kurzen Strömen zustande, die von lokalen Neigungen zum nächsten randlosen Krater flössen. Kaum irgendwelche Ströme würden es bis zu dem Meer im Norden schaffen oder gar zu den Hellas- oder Argyre-Becken, die umringt von den Gebirgsketten ihrer eigenen Auswürfe im Landesinnern lagen.
Es gab aber einige Ausnahmen von dieser Situation. Auf die frühe (noachische) Zeit folgte eine kurze >warmfeuchte< Periode in der hesperischen Zeit, die vielleicht nur einhundert Jahrmillionen währte und in der eine dichte warme Kohlendioxid-Atmosphäre ermöglicht hatte, daß flüssiges Wasser an die Oberfläche strömte und einige Flußbetten in die sanften Hänge des Plateaus grub, die sich zwischen Kratermoränen ihren Weg suchten. Und diese Wasserläufe waren natürlich, nachdem die Atmosphäre ausgefroren war, als leere Arroyos geblieben, die lediglich vom Wind erweitert wurden. Diese fossilen Flußbetten wie Nirgal Vallis, Warrego Valles, Protva Valles, Patana Valles oder Otis Vallis waren enge, gewundene Canyons, eher flußartig als Gräben oder Fossae. Ein paar von ihnen besaßen unreife Zuflußsysteme, darum benutzte die Planung eines groß angelegten Wasserscheidensystems für den Süden natürlich diese Canyons als primäre Wasserläufe, die von oben her durch die Zuflüsse vollgepumpt wurden. Dann gab es noch eine Anzahl alter Lavakanäle, die man leicht zu Flüssen machen konnte, da die Lava, genau wie das Wasser, auf seinem Weg nach unten den Weg des geringsten Widerstandes zu nehmen pflegte. Außerdem waren da noch etliche geneigte Bruchgräben und Spalten, wie am Fuße von Eridania Scopulus, die genauso genutzt werden konnten.
In der Konferenz wurden täglich auf großen Marsgloben verschiedene Wassersysteme aufgezeichnet. Es gab auch Räume voller topographischer 3D-Karten, in denen einzelne Gruppen herumstanden und über Vorzüge und Nachteile diverser Wasserscheidensysteme diskutierten oder auch nur ruhelos auf und ab gingen und darüber nachdachten, oder mit den Kontrollen herumspielten, um neue Lösungen zu finden. Nadia wanderte durch die Räume, schaute diese Hydrographien an und lernte viel über die Südhemisphäre, das sie bisher nicht gewußt hatte. Da war ein sechs Kilometer hoher Berg nahe dem Krater Richardson im fernen Süden. Auch die Südpolkappe lag recht hoch. Dorsa Brevia hingegen lag in einer Senke, die aussah wie ein aus dem Hellas-Aufprall
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