Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
je besessen hatte. In vielen Situationen konnte eine solche Koordination das Äquivalent für die Bestimmung der terranischen Politik durch den Mars sein, da alle lokalen Regierungen sich mehr um ihre lokalen Angelegenheiten kümmerten und der Freie Mars seine Chance nutzte, die globalen Machtstrukturen zu dominieren und Positionen mit Mitgliedern der eigenen Partei zu besetzen. Und natürlich gab es eine Tendenz, wonach die Beziehung zwischen Erde und Mars das Potential besaß, alles andere in den Schatten zu stellen. Somit konnte Jackie auf dem Weg sein, eine interplanetare Macht zu werden.
Nirgals Aufmerksamkeit wandte sich wieder dem Baby an ihrer Brust zu. Die Prinzessin des Mars. Jackie deutete mit einem Kopfnicken auf die Bank neben sich. »Nimm Platz! Du siehst müde aus.«
»Mir geht es gut«, versicherte Nirgal, setzte sich aber. Jackie warf einer ihrer Assistentinnen einen Blick zu und machte mit dem Kopf eine heftige Bewegung zur Seite. Sehr bald waren sie mit dem Kind allein.
»Die Chinesen und Inder halten den Mars für ein leeres neues Land«, sagte Jackie. »Das geht aus allem hervor, was sie sagen. Sie sind verdammt zu freundlich.«
»Vielleicht mögen sie uns«, sagte Nirgal. Jackie lächelte, aber er fuhr fort: »Immerhin haben wir ihnen geholfen, die Metanats los zu werden. Sie dürfen nun aber nicht daran denken, daß sie ihre überschüssige Bevölkerung hier abladen könnten. Es sind einfach zu viele, als daß eine Auswanderung irgendeinen Unterschied für sie machten würde.«
»Mag sein, aber sie träumen davon. Und mit Raumaufzügen können sie einen ständigen Strom schicken. Das summiert sich schneller auf, als du denkst.«
Nirgal schüttelte den Kopf. »Es wird nie genug sein.«
»Woher willst du das wissen? Du bist doch in keinem dieser Länder gewesen.«
»Jackie, eine Milliarde ist eine große Zahl. Zu groß, als daß wir sie uns überhaupt vorstellen können. Die Erde hat siebzehn Milliarden. Sie können keinen nennenswerten Bruchteil dieser Zahl hierher schicken. Es gibt nicht genug Shuttles dafür.«
»Sie könnten es irgendwie versuchen. Die Chinesen haben Tibet mit Han-Chinesen überschwemmt; und das hat gar nichts zur Lösung ihrer Bevölkerungsprobleme beitragen. Trotzdem tun sie es immer noch.«
Nirgal zuckte die Achseln. »Das hier ist Tibet. Wir werden auf Distanz bleiben.«
»Ja«, erwiderte Jackie ungeduldig. »Aber das dürfte nicht leicht sein, wenn es kein wir gibt. Wenn sie nach Margaritifer hinausgehen und mit den arabischen Karawanen dort einen Handel machen, wer wird sie daran hindern?«
»Die Umweltgerichtshöfe?«
Jackie stieß zwischen den Lippen Luft aus, und das Baby riß sich los und wimmerte. Jackie wechselte das Kind an die andere Brust. Eine olivfarbene Kurve mit blauen Adern. »Antar rechnet nicht damit, daß die Umweltgerichtshöfe lange funktionieren werden. Wir hatten einen Streit mit ihnen, als du fort warst, und kamen bloß mit ihnen zurecht, indem wir dem Prozeß eine Chance gaben. Aber diese Leute waren nicht geeignet. Sie konnten sich nicht durchbeißen. Alles, was auch immer jemand tut, hat Einfluß auf den Umweltpakt. Darum sollten sie wohl alles beurteilen. Aber in den geringeren Höhenlagen werden Kuppeln abgebaut, und nicht einer von hundert tritt an die Gerichte heran, um für das um Erlaubnis zu erbitten, was sie vorhaben, sobald ihre Stadt im Freien steht. Warum sollten sie auch? Jetzt ist jeder ein Ökopoet. Nein! Das System der Gerichtshöfe wird untergehen.«
»Du kannst nicht sicher sein«, sagte Nirgal. »Ist Antar der Vater?«
Jackie zuckte die Achseln.
Jeder konnte der Vater sein - Antar, Dao, Nirgal selbst, zum Teufel, auch John Boone könnte es sein, wenn eine Probe seines Samens zufällig noch im Vorrat gewesen wäre.
Das sähe Jackie ähnlich, falls sie es nicht allen Leuten erzählt hätte. Sie zog den Kopf des Kindes an sich.
»Glaubst du wirklich, daß es richtig ist, ein vaterloses Kind aufzuziehen?«
»So bist du doch auch aufgewachsen, oder? Und ich hatte keine Mutter. Wir waren alle Kinder mit nur einem Elternteil.«
»Aber war das gut?«
»Wer weiß?«
Jackies Gesicht zeigte einen Ausdruck, den Nirgal nicht deuten konnte. Ihr Mund war leicht zusammengepreßt - vor Unwillen? und vor Trotz? - unmöglich zu sagen. Sie wußte, wer ihre beiden Eltern waren; aber nur einer war bei ihr geblieben, und Kasei hatte sich nicht besonders gekümmert. Und wurde in Sheffield getötet, zum Teil aufgrund der brutalen
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