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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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auch«, erklärte Elizabeth. »Er legt fest, daß in jedem Erdjahr nicht mehr als zehn Prozent der Marsbevölkerung eingebürgert werden dürfen. Aber er sagt auch, daß der Mars mehr aufnehmen darf, wenn er kann.«
    »Außerdem...«, sagte Amy, »seit wann haben Verträge jemals Regierungen davon abgehalten, zu tun, was sie wollten?«
    »Wir müssen sie woanders hinschicken«, sagte William Fort.
    Die anderen schauten ihn an.
    » Wohin denn ? «fragte Amy.
    Niemand antwortete. Fort schwenkte undeutlich die Hand.
    »Wir sollten lieber an woanders denken, Alternativen finden«, sagte Elizabeth grimmig. »Die Chinesen und Inder sind bisher gute Verbündete für die Marsianer gewesen und beachten den Vertrag auch nicht besonders. Man hat mir eine Bandaufzeichnung von einer indischen Polizeiversammlung geschickt, und da redete man ganz ungeniert davon, ihr Programm mit voller Leistung einige Jahrhunderte laufen zu lassen, dann würde man sehen, was erreicht werden könne.«
     

D er Waggon des Aufzugs senkte sich, und der Mars unter ihren Füßen wurde riesengroß. Endlich bremste man über Sheffield, und alles wirkte normal. Wieder Marsschwere, ohne daß die Corioliskraft einen nach der Seite zog. Und sie waren in der Sockelmuffe - wieder daheim.
    Freunde, Reporter, Delegationen, Mangalavid. In Sheffield eilten die Leute ihren Geschäften nach. Gelegentlich erkannte man Nirgal und winkte ihm fröhlich zu. Manche blieben sogar stehen, um ihm die Hand zu schütteln oder ihn an sich zu ziehen und sich nach seiner Reise oder seiner Gesundheit zu* erkundigen. »Wir freuen uns, daß du zurück bist!«
    Aber in den Augen der meisten Leute... Krankheit war so selten. Einige schauten auch weg. Magisches Denken. Nirgal erkannte plötzlich, daß für viele Menschen die Langlebigkeitsbehandlungen mit Unsterblichkeit gleichgesetzt wurden. Sie wollten nichts Gegenteiliges erfahren und sahen fort.
    Aber Nirgal hatte Simon sterben sehen, obwohl man ihm die Knochen mit Nirgals jungem Mark injiziert hatte. Er hatte gefühlt, wie sein Körper sich auflöste, hatte den Schmerz in seinen Lungen und in jeder seiner Zellen empfunden. Er wußte, daß der Tod eine Realität war. Die Unsterblichkeit war nicht zu ihnen gekommen und würde das auch nie tun. Verzögertes Greisentum, das war alles. Nirgal war sich dessen bewußt. Und die Leute sahen dieses Wissen in ihm und wichen zurück. Er war unrein, und sie sahen weg. Das ärgerte ihn.
     
    Er nahm den Zug nach Cairo und blickte auf die weit geneigte, eisenhaltige und in Trockenheit brachliegende Wüste von Ost-Tharsis. Die Urlandschaft des roten Mars. Sein Land. Seine Augen fühlten das. Sein Geist und Körper glühten in dieser Erkenntnis.
    Unwohl fühlte er sich nur unter den Gesichtern der Leute im Zug, die ihn anschauten und dann wieder wegsahen.
    Er war der Mann gewesen, dem es nicht gelungen war, sich der Erde anzupassen. Die Heimatwelt hatte ihn fast umgebracht. Er war eine alpine Blume, unfähig, der wahren Welt zu widerstehen, ein Exot, für den die Erde wie die Venus war. Das war es, was ihre Augen mit ihren durchbohrenden Blicken sagten. Ewiges Exil.
    Nun, das waren die Bedingungen des Mars. Einer von je fünfhundert auf dem Mars Geborenen, die die Erde besuchten, starb. Es war mit das Gefährlichste, das ein Marsianer tun konnte; gefährlicher als von den Klippen zu stürzen, ein Besuch des äußeren Sonnensystems oder das Kindbett. Eine Art russisches Roulette, gewiß mit vielen leeren Kammern im Magazin, aber die scharfe Patrone war eben da.
    Und er hatte dem getrotzt. Es war kein Erfolg auf der ganzen Linie, aber immerhin. Er war am Leben, er war daheim! Diese Gesichter im Zug, was wußten diese Leute schon? Sie dachten, er wäre von der Erde besiegt worden. Aber sie dachten auch, daß er Nirgal, der Held, war, der nie zuvor eine Niederlage erfahren hatte. Sie nahmen ihn als eine Legende, als Idee. Sie wußten nichts von Simon oder Jackie oder Daö oder Hiroko. Sie wußten gar nichts über ihn. Er war jetzt 26 m-Jahre alt, ein Mann im mittleren Alter, der all das erlitten hatte, was jeder Mann in mittleren Jahren durchmachen muß - Tod der Eltern, Tod der Liebe und Verrat durch Freunde. So etwas traf jeden. Aber das war nicht der Nirgal, den die Leute mochten.
    Der Zug fuhr durch die ersten gekrümmten Vorderwälle der unterminierten Canyons des Labyrinths der Nacht und glitt in den alten Bahnhof von Cairo. Nirgal ging in die überkuppelte Stadt hinaus und schaute sich

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