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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Perspektiven machten es schwer, es als einen Platz für sein Zuhause zu sehen. Condor Chasma war zu weit, zu unmenschlich. Die Canyonböden waren als Wildnis geplant und bestimmt; und in jedem Frühling würden die durch die Schneeschmelze angeschwollenen Flüsse über die Ufer treten, neue Kanäle graben und unter enormen Erdrutschen verschüttet werden. Das war alles faszinierend. Aber keine Heimat. Die Eingesessenen würden oben auf Shining Mesa bleiben und die Canyons nur bei Tag aufsuchen. Die Mesa würde ihr wahres Heim sein. Das war ein guter Plan. Aber die Mesa war eine Insel am Himmel, ein großartiges Touristenziel, eine Stätte für Flugferien, für nächtliche Parties, für teure Hotels, für die Jungen und die Verliebten - für alles, was fein und schön war. Aber überfüllt, vielleicht sogar überlaufen und gegen den Einfluß der Besucher ankämpfend. Die neu niedergelassenen Bewohner waren verzückt durch die herrlichen Aussichten. Leute, die ankamen wie Nirgal selbst, die irgendwann bei Dämmerung eintrafen und nie wieder fortgingen, während die alten Einwohner hilflos zusahen und über die guten alten Tage murrten, als die Welt neu und nicht so voll gewesen war.
    Nein - das war nicht die Art von Heimat, die ihm vorschwebte. Obwohl er es liebte, wenn die Morgendämmerung die Westwände von Candor erleuchtete, im ganzen Spektrum des Mars strahlend, wenn sich der Himmel indigo- oder malvenfarben tönte oder in einem aufregenden irdischen Himmelblau... ein schöner Ort, so schön, daß er an manchen Tagen beim Fliegen das Gefühl hatte, es würde sich lohnen, auf Shining Mesa zu stehen, diesen Grund zu besitzen und zu versuchen, ihn zu erhalten; hinunterzugleiten und den knorrigen wilden Boden zu erforschen und an jedem Nachmittag zum Dinner wieder hinaufzuschweben. Würde ihm das ein Gefühl von Heimat geben? Und wenn er Wildnis wünschte - gab es da nicht andere weniger spektakuläre aber entlegenere Stellen, die dadurch noch wilder und anziehender wären?
    Er drehte sich im Kreis, was dieses Thema betraf. Eines Tages, als er über die schäumende trübe Reihe von Katarakten und Wasserfällen in der Candor- Lücke flog, erinnerte er sich, daß John Boone dieses Gebiet unmittelbar nach dem Bau der TransmarinerisFernstraße in einem Solorover durchquert hatte. Was würde dieser meisterhafte Wortverdreher zu dieser erstaunlichen Gegend gesagt haben?
    Nirgal rief in Pauline, dem Computer von Boone, Candor auf und fand ein gesprochenes Tagebuch, das während einer Fahrt durch den Canyon 2046 gemacht worden war. Nirgal ließ das Band laufen, während er von oben auf das Land hinunterschaute, und horchte auf die rauhe Stimme mit dem angenehmen amerikanischen Akzent, eine Stimme, der es nichts ausmachte, zu einem Computer zu sprechen. Beim Zuhören wünschte sich Nirgal, mit John'selbst reden zu können. Manche Leute sagten, Nirgal wäre erfolgreich in John Boones leere Fußstapfen getreten und hätte die Arbeit geleistet, die John getan hätte, wenn er noch lebte. Wenn das so wäre, was hätte John danach getan? Wie würde er gelebt haben?
    »Dies ist die unglaublichste Gegend, die ich jemals gesehen habe. Sie ist wirklich das, an was man denkt, wenn man an Valles Marineris denkt. Hinten in Melas ist der Canyon so weit, daß man von der Mitte aus die Wände überhaupt nicht sehen kann. Sie liegen hinter dem Horizont! Die Krümmung dieses kleinen Planeten erzeugt Effekte, die man sich nie vorgestellt hat. All die alten Simulationen gingen so sehr an der Wahrheit vorbei. Die Vertikalen waren um Faktoren von fünf oder zehn übertrieben, soweit ich mich entsinne. Dadurch sah es aus, als ob man in einen Schlitz blickte. Es ist aber kein Schlitz. Oha, hier ist eine Felsensäule, die aussieht wie eine Frau in einer Toga. Ich nehme an, das würde Lots Weib sein. Ich frage mich, ob das Salz ist. Es ist weiß, aber ich glaube, das will nicht viel heißen. Ich muß Ann fragen. Ich möchte wissen, was die Schweizer Straßenbauer sich dabei gedacht haben, als sie diese Straße anlegten. Sie ist nicht sehr alpin. Eine Art von Gegenalpen, wo es nach unten geht, anstatt nach oben, rot statt grün, und es Basalt statt Granit gibt. Nun, es schien ihnen aber irgendwie zu gefallen. Natürlich sind sie Anti-Schweiz- Schweizer, darum ergibt das irgendwie Sinn. Oha, hier ist die ganze Gegend voller Schlaglöcher. Der Rover springt herum. Ich könnte es mit dieser Bank versuchen. Das sieht glatter aus als hier. Hoppla, dahin geht

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