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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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es, genau wie eine Straße. Oh, es ist die Straße. Ich bin wohl ein wenig vom Weg abgekommen. Ich fahre manuell, um des Vergnügens willen; aber es ist schwierig, ein Auge auf die Transponder zu halten, wenn es so viel anderes anzuschauen gibt. Die Transponder sind mehr für einen automatischen Piloten gemacht als das menschliche Auge. He, das ist die Bruchstelle nach Ophir Chasma hinein. Was für eine Lücke! Diese Wand muß - ich weiß nicht - zwanzigtausend Fuß hoch sein. Mein Gott! Da die letzte Candor Gap hieß, muß diese Ophir Gap sein, richtig? Ophir Gate wäre hübscher. Sehen wir auf die Karte! Hmm, das Vorgebirge auf der Westseite der Lücke heißt Candor Labes. Das bedeutet doch Lippen? Candor-Kehle. Oder - hmm - ich glaube nicht. Es ist aber doch eine höllische Öffnung. Sechs- oder siebenmal höher als die Klippen von Yosemite. Na ja! Eigentlich sehen sie gar nicht soviel höher aus, um ehrlich zu sein. Ohne Zweifel perspektivische Verkürzung. Sie sehen etwa doppelt so hoch aus oder - wer weiß? Ich kann mich nicht erinnern, wie Yosemite wirklich ausgesehen hat, zumindest hinsichtlich der Größe. Dies hier ist der erstaunlichste Canyon, den man sich vorstellen kann. Ah, da ist zu meiner Linken Candor Mesa. Das ist das erste Mal, daß ich sehen kann, daß es sich nicht um einen Teil der Candor Labes handelt. Ich würde wetten, daß der Mesagipfel eine phantastische Aussicht bietet. Man sollte ein Fly-in-Hotel dort errichten. Ich wünschte, ich könnte dort hinaufkommen und es sehen! Das wäre ein lustiger Platz, um hinzufliegen und ihn zu sehen! Allerdings gefährlich. Ich sehe ab und zu Windhosen, boshafte kleine Wirbel, dicht und dunkel. Dort trifft ein Sonnenstrahl durch den Staub auf die Mesa. Wie ein Riegel Butter, der in der Luft hängt. O Gott, was für eine schöne Welt!«
    Nirgal konnte nur zustimmen. Er mußte lachen, als er die Stimme des Mannes vernahm und war überrascht zu hören, daß John vom Fliegen in der Höhe sprach. Nun konnte er etwas besser verstehen, weshalb die Issei so bewundernd über Boone sprachen, und daß der Schmerz über seinen Verlust bei ihnen nie verschwand. Wieviel besser wäre es, John hier zu haben als bloß diese Aufzeichnungen in einem Computer. Ein wie großes Abenteuer wäre es gewesen zuzusehen, wie John mit der wilden Geschichte des Mars fertig geworden wäre! Und Nirgal unter anderem die Bürde dieser Rolle erspart hätte. Aber so hatten sie nur diese freundliche, glückliche Stimme. Und das löste Nirgals Problem nicht.
     
    Wieder zurück auf Candor Mesa, trafen sich die Flieger abends in einem Ring von Kneipen und Restaurants auf dem hohen südlichen Bogen ihrer Kuppelmauer, wo sie auf Terrassen eben noch innerhalb der Kuppel sitzen und den weiten Blick über die bewaldete Welt ihres Reichs genießen konnten. Nirgal saß unter diesen Leuten. Er aß und trank, hörte zu, redete manchmal, machte sich seine Gedanken über sie und fühlte sich wohl. Ihnen war es gleich, was ihm auf der Erde widerfahren war. Ihnen war es auch gleich, daß er unter ihnen weilte. Das war gut. Er war oft so abgelenkt, daß er seine Umgebung vergaß. Er fiel oft in Träumereien und erwachte wieder aus ihnen und erkannte, daß er wieder einmal in den schwül heißen Straßen von Port of Spain gewesen war, oder in der Flüchtlingssiedlung beim sturzbachartigen Monsun. Wie oft fand er sich da wieder! Alles, was seither geschehen war, verblaßte im Vergleich damit.
    Aber eines Abends erwachte er aus einer Träumerei, als ihm war, als hätte eine Stimme gesagt: »Hiroko.«
    »Was ist das?« fragte er.
    »Hiroko. Wir haben sie beim Flug rund um Elysium getroffen, oben auf dem Nordhang.«
    Das sagte eine junge Frau. Ihr Gesicht ließ nicht erkennen, ob sie wußte, wer das war.
    »Hast du sie selbst gesehen?« fragte er scharf.
    »Ja. Sie versteckt sich nicht oder sonstwas. Sie sagte, mein Flieger gefiele ihr.«
    »Ich weiß nicht«, sagte ein älterer Mann. Ein Marsveteran, ein Issei-Immigrant aus den frühen Jahren, das Gesicht durch Wind und kosmische Strahlung so verwittert, daß es wie Leder aussah. Mit rauher Stimme sagte er: »Ich hörte, sie war unten im Chaos, wo die erste versteckte Kolonie war, und arbeitete an den neuen Häfen in der Südbucht.«
    Andere Stimmen mischten sich ein. Hiroko war hier gesehen worden und war dort gesehen worden, war für tot erklärt worden und zur Erde gegangen. Nirgal hatte sie auf der Erde gesehen.
    »Der hier ist Nirgal«, sagte einer zu der

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