Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
anfälligen Pflanzen sind recht speziell. Du bist von einer neuen betroffen worden; aber wenn du die Gräser und Kartoffelsorten wechselt und vielleicht etwas von dem Boden deines Kartoffelfeldes austauschst...« Sax zuckte die Achseln.
Nirgal aß mit mehr Appetit, als er in der vorangegangenen Woche gehabt hatte. Schon die Andeutung einer möglichen Lösung war eine große Erleichterung für ihn. Er trank etwas Wein und fühlte sich immer besser. Bei einem Verdauungsbrandy seufzte er: »Das sind sonderbare Dinge, nicht wahr? Damit muß das Leben zurechtkommen.«
»Wenn du es Leben nennst.«
»Ja, natürlich.«
Sax antwortete nicht.
»Ich habe mir die Nachrichten im Netz angeschaut«, sagte Nirgal. »Es gibt eine Menge Infektionen. Ich habe das nie beachtet. Parasiten, Viren... «
»Ja. Manchmal mache ich mir Sorgen wegen einer globalen Seuche. Etwas, das wir nicht stoppen können.«
»Ka! Könnte das geschehen?«
»Es sind alle Arten von Invasionen im Gange. Bevölkerungsanstieg, plötzliche Todesfälle. Alles vorbei. Die Dinge sind ins Ungleichgewicht geraten. Störung von Gleichgewichten, deren Existenz wir nicht einmal geahnt hatten. Dinge, die wir nicht verstehen.« Dieser Gedanke machte Sax wie immer unglücklich.
»Die Biome werden schließlich ins Gleichgewicht kommen«, schlug Nirgal vor.
»Ich bin nicht sicher, ob es so etwas gibt.«
»Wie, Gleichgewicht?«
»Ja. Vielleicht ist es eine Sache von...« Er schwenkte die Hände wie Möwen. »Ein unterbrochenes Gleichgewicht ohne Gleichgewicht.«
»Unterbrochene Veränderung?«
»Ständige Veränderung. Geflochtene Veränderung, aufsteigende Veränderung... «
»Wie eine springende Rekombination?«
»Vielleicht.«
»Ich habe gehört, daß es eine Mathematik gibt, die nur ein Dutzend Leute wirklich verstehen.«
Sax machte ein überraschtes Gesicht. »Das stimmt nie. Oder es gilt für jede Mathematik. Es kommt darauf an, was du mit Verstehen meinst. Aber ich kenne etwas von der, die du meinst. Du kannst sie benutzen, um etwas von diesem Zeug zu modellieren. Aber nicht vorhersagen. Und ich weiß nicht, wie ich sie benutzen kann, um irgendwelche Reaktionen unsererseits vorzuschlagen. Ich bin nicht sicher, ob sie so benutzt werden kann.«
Er redete eine Weile über Vlads Begriff von Holonen, die organische Einheiten waren, die Untereinheiten hatten und auch selbst Untereinheiten größerer Holonen waren, wobei sich auf jeder Ebene Kombinationen bilden, die in aufsteigender Reihe die höheren bilden, den ganzen Weg nach oben und unten in der großen Kette des Seins. Vlad hatte mathematische Beschreibungen aller Formen dieses Zutagetretens entwickelt, die bei mehr als einer Art auftraten, mit verschiedensten Klassen von Eigenschaften für jede Art. Wenn man daher genügend Information über das Verhalten einer Ebene von Holonen und der nächsthöheren Ebene bekommen konnte, könnte man versuchen, sie in diese mathematischen Formeln einzupassen, und sehen, welche Erscheinungsform sie hatten, und vielleicht Wege finden, sie zu bekämpfen. »Das ist der beste Annäherungsversuch, den wir für Dinge, die so klein sind, haben.«
Am nächsten Tag riefen sie Gewächshäuser in Xanthe an, um nach neu angekommenen Sendungen zu fragen, nach Sendungen von neuen Grasarten auf Himalayabasis. Bis sie im Laufe der Zeit eintrafen, hatte Nirgal alles Riedgras im Becken ausgerissen und viel von dem Moos. Die Arbeit machte ihn krank, er konnte nichts dagegen tun. Einmal, als er sah, wie ein betroffener Murmeltierpatriarch ihn empört anschnatterte, setzte er sich hin und brach in Tränen aus. Sax hatte sich in sein gewohntes Schweigen zurückgezogen, was die Dinge nur noch schlimmer machte, weil es Nirgal immer an Simon erinnerte und an den Tod im allgemeinen. Er brauchte Maya oder sonst einen mutigen, redegewandten Sprecher über das innere Leben, von Angst und Tapferkeit. Aber er hatte nur Sax, verloren in Gedanken, die in einer Art fremder Sprache stattfanden, in einem privaten Idiom. Das er nicht gewillt war zu übersetzen.
Sie machten sich daran, neue Arten von Himalayagräsern im ganzen Becken zu pflanzen, wobei sie sich auf die Ufer der Gewässer und deren Geäder unter Rinnsalen und Eis konzentrierten. Ein starker Frost half, da er die infizierten Pflanzen schneller tötete als die gesunden. Sie verbrannten die kranken Pflanzen in einem Schachtofen am Fuße des Massivs. Aus den umliegenden Becken kamen Leute zu Hilfe und brachten Pflanzen zum späteren
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