Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
Schwebezustand waren, hatten sich binnen einer Stunde alle bis auf die feinsten aus der Luft auf sie niedergesenkt. Danach war es nur noch ein dunstiger Nachmittag, die Luft erfüllt von etwas wie einem dünnen Rauch, so daß sie das ganze Becken sehen konnten, das von einer schweren Staubschicht bedeckt war.
Nirgal ging wie immer mit aufgesetzter Maske hinaus und grub verzweifelt mit einer Schaufel und dann mit bloßen Händen. Sax kam heraus und stolperte durch die weichen Ablagerungen, um Nirgal eine Hand auf die Schulter zu legen. »Ich glaube nicht, daß man da etwas tun kann.« Die Staubschicht war einen Meter tief oder mehr.
Im Laufe der Zeit würden die Winde einiges von diesem Staub fortblasen. Auf den Rest würde Schnee fallen, der resultierende Schlamm würde weggespült, und ein neues Adersystem von Kanälen würde ein neues, dem alten sehr ähnliches fraktales Muster bilden. Wasser würde den Staub und Grus forttragen, das Massiv hinunter und in die Welt. Aber bis das geschehen war, wäre jede Pflanze und jedes Tier in dem Becken tot.
NEUNTER TEIL
NATURGESCHICHTE
Danach ging Nirgal mit Sax nach Da Vinci hinauf und blieb bei dem alten Mann in seinem Apartment. Eines Nachts kam Cojote vorbei, nach dem Zeitrutsch, als kein anderer auf den Gedanken gekommen wäre, einen Besuch zu machen.
Nirgal erzählte ihm kurz, was mit dem hohen Becken passiert war.
»Oja, so?« sagte Cojote.
Nirgal schaute weg.
Cojote ging in die Küche und kramte in Saxens Kühlschrank. Mit vollem Mund rief er ins Wohnzimmer: »Was hast du auf einer windigen Bergseite wie der erwartet? Mann, diese Welt ist kein Garten. Manches wird jedes Jahr begraben, so ist das nun einmal. In einem oder zehn Jahren kommt ein anderer Wind und bläst diesen ganzen Staub von deinem Hügel herunter.«
»Bis dahin wird alles tot sein.«
»So ist das Leben. Jetzt ist es an der Zeit, etwas anderes zu tun. Was hast du gemacht, bevor du dich hier niedergelassen hast?«
»Nach Hiroko gesucht.«
»Mist!« Cojote erschien in der Tür und zeigte mit einem großen Küchenmesser auf Nirgal. »Nicht du auch.«
»Doch, ich auch.«
»Oh, mach schon! Wann wirst du endlich erwachsen? Hiroko ist tot. Daran solltest du dich schon gewöhnen.«
Sax kam aus seinem Büro und sagte heftig zwinkernd: »Hiroko lebt.«
Cojote schrie: »Nicht du auch noch! Ihr beide seid wie Kinder.«
»Ich habe sie in einem Sturm auf der Südflanke von Arsia Mons gesehen.«
»Willkommen im Club der Idioten!«
Sax funkelte ihn an: »Was soll das heißen?«
»Blödsinn!«
Cojote ging wieder in die Küche.
»Es hat noch andere Sichtungen gegeben«, sagte Nirgal zu Sax »Die Meldungen sind recht häufig.«
»Das weiß ich.«
»Es gibt täglich Meldungen!« rief Cojote aus der Küche und erschien kampflustig wieder im Wohnzimmer. »Die Leute sehen sie jeden Tag! Auf dem Handcomputer gibt es eine eigene Site zur Meldung von Sichtungen! Ich sehe, daß sie in der letzten Woche in einer Nacht an zwei verschiedenen Stellen erschienen ist, in Noachis und Olympus! An entgegengesetzten Seiten der Welt!«
»Ich sehe nicht, daß das etwas beweist«, erwiderte Sax hartnäckig. »Man erzählt über dich dasselbe, und ich sehe, daß du immer noch lebst.«
Cojote schüttelte heftig den Kopf. »Nein. Ich bin die Ausnahme, welche die Regel bestätigt. Bei jedem anderen bedeutet es, wenn er an zwei Stellen gleichzeitig gemeldet wird, daß er tot ist. Ein sicheres Zeichen.« Er machte einen Vorstoß, um der nächsten Bemerkung von Sax zuvorzukommen, und brüllte: »Sie ist tot! Damit mußt du dich abfinden! Sie ist bei dem Angriff auf Sabishii umgekommen. Diese UNTA-Sturmtruppleute haben sie, Iwao, Gene und Rya und den ganzen Rest von ihnen gefangen genommen, in irgendeinen Raum gebracht und die Luft herausgelassen oder den Abzug betätigt. So ist das! Meinst du, daß das nie passiert? Meinst du, daß die Geheimpolizisten nie Dissidenten umgebracht und dann ihre Leichen beseitigt haben, so daß niemals jemand es herausfindet? Sowas geschieht! Verdammt ja, sogar auf eurem kostbaren Mars. So sind die Menschen nun einmal. Sie tun alles mögliche; sie töten Leute und bilden sich dabei ein, daß sie bloß ihren Lebensunterhalt verdienen oder ihre Kinder ernähren oder die Welt sicher machen. Und genau so ist das gewesen. Sie haben Hiroko mit ihrer Gruppe zusammen getötet.«
Nirgal und Sax machten große Augen. Cojote bebte. Er sah aus, als wollte er die Wand
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