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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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fallen, und ihre Beine pumpten wie wild. Bei längeren Strecken richteten sie sich gegen Schluß auf und ruderten in der Luft, als ob sie nach vorn schwimmen würden. Ihre Züge wurden immer länger, bis sie wie Känguruhs immer mit einem Bein auf einmal vorwärts hüpften. Der Anblick erinnerte Maya an Peter und Jackie, die beiden Schnellen von Zygote, die unter der polaren Kuppel am Strand entlang liefen. Sie hatten von sich aus einen ähnlichen Stil entwickelt.
    Unter Einsatz dieser Technik liefen die Gewinner die fünfzig-Meter-Distanz in 4,4 Sekunden, die hundert Meter in 8,3, die zweihundert in 17,1 und die vierhundert in 37,9. Aber in allen Fällen schienen die durch ihre Geschwindigkeiten geschaffenen Gleichgewichtsprobleme sie an einem vollen Sprint zu hindern, wie Maya sich erinnerte, sie in ihrer Jugend gesehen zu haben.
    Bei den größeren Strecken war der Laufstil ein anmutiger springender Schritt, ähnlich dem, was sie seinerzeit in Underhill als den Marstrott bezeichnet hatten, wo sie es ohne viel Erfolg in ihren engen Schutzanzügen probiert hatten. Jetzt war es wie Fliegen. Eine junge Frau führte fast das ganze Rennen über zehntausend Meter und hatte genügend Reserven, um gegen Schluß scharf anzuziehen. Sie beschleunigte während der ganzen letzten Runde und wurde immer schneller, bis sie wie eine Gazelle nur noch alle paar Meter den Boden berührte und die anderen Läufer überrundete, die sich abzuquälen schienen, während sie an ihnen vorüberflog. Es war herrlich. Maya brüllte sich heiser. Sie hielt sich an Michels Arm fest, und Tränen kamen ihr beim Lachen. Es war so erstaunlich und wundervoll, diese neuen Kreaturen zu sehen; und dennoch war sich keiner von ihnen dessen bewußt. Keiner!
    Sie sah es gern, wenn Frauen Männer besiegten, obwohl diese selbst es nicht zu bemerken schienen. Frauen gewannen etwas öfter bei Langstrecken und Hürden, Männer beim Sprint. Sax sagte, daß Testosteron der Kraft hilfreich wäre, aber schließlich zu Krämpfen führte und Erfolge über große Distanzen verhinderte. Auf jeden Fall kam es bei den meisten Wettbewerben auf die Technik an. Und darum sah man, was man sich wünschte, dachte sie. Zurück auf die Erde - aber die Leute dort hätten gelacht, wenn sie einen Satz mit dieser Bemerkung angefangen hätte. Zurück auf die Erde - na und? Es hatte in der Nestwelt alle Arten bizarren und häßlichen Verhaltens gegeben; warum sollte man sich Sorgen machen, wenn eine Hürde näher kam und ein anderer Läufer am Rande des Gesichtsfeldes auftauchte? Fliegen, fliegen! Sie schrie, bis sie heiser war.
    Am Ende des Tages machten die Athleten, die mit ihren Wettkämpfen fertig waren, einen Weg in das Stadium und rund um die Bahn frei; und ein einzelner Läufer trabte unter anhaltendem Beifall und wilden Hochrufen herein. Es war Nirgal! Mayas Kehle schmerzte vor Heiserkeit, als sie ihm zurief.
    Die Querfeldeinläufer waren an diesem Morgen am Südende von Minus One gestartet, barfuß und nackt. Sie hatten über hundert Kilometer über die Zentralmoore von Minus One, ein teuflisches Netz von Schluchten, Gräben, Pingos, Böschungen und Steinabstürzen, zurückgelegt. Offenbar war nichts allzu steil, so daß viele verschiedene Routen möglich waren, was diesen Sport eher zu einem Orientierungswettkampf als einem Lauf machte. Aber auf jeden Fall schwierig. Und um 4 Uhr nachmittags am Ziel zu sein, war wohl eine phänomenale Leistung. Die nächsten Läufer würden erst nach Sonnenuntergang eintreffen, sagten die Leute. Also machte Nirgal eine Ehrenrunde. Er sah hungrig und erschöpft aus, wie einer Katastrophe entronnen. Endgültig angekommen schlüpfte er in seine Hosen, beugte den Kopf für den Lorbeerkranz und nahm Hunderte von Umarmungen entgegen.
    Maya war dabei die letzte, und Nirgal lachte fröhlich, als er sie sah. Seine Haut war weiß vor getrocknetem Schweiß, seine Lippen verklebt und gesprungen, das Haar staubfarben und die Augen blutunterlaufen. Hager und ausgemergelt. Er trank Wasser aus einer Flasche, leerte sie und lehnte eine zweite ab. »Danke, ich bin nicht so dehydriert. Ich habe hier bei Jiri Ki ein Reservoir gefunden.«
    »Welchen Weg hast du denn genommen?« fragte jemand.
    »Frag nicht!« sagte er lachend, als ob es zu schlimm wäre, ein offenes Geständnis abzulegen. Später erfuhr Maya, daß die Routen der Leute nicht beobachtet, nicht beschrieben und wie ein Geheimnis bewahrt wurden. Die Rennen querfeldein waren bei einer gewissen Gruppe

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