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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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anhielt, eine sich stets ausdehnende Gemeinschaft von Gartenwelten - und von da aus vielleicht weiter aufwärts zu einer sich abzeichnenden Phase eines Übergangs zu einer höheren Ebene des Fortschritts und einem Bereich des Wissens, den man sich derzeit nicht einmal vorstellen konnte. Darum beharrte er auf Underhill.
    »Du bist dir zu sicher«, beklagte sich Marina. Sie hatte für Acheron plädiert. »Du mußt dir einen offenen Geist für viele Dinge bewahren.«
    »Ja ja.« Einen offenen Geist bewahren. Das fiel Sax leicht, sein Geist war ein Labor, das abgebrannt war.
    Jetzt stand er im Freien. Und niemand konnte die Logik von Underhill widerlegen, weder Marina noch alle übrigen. Diejenigen, die dagegen waren, hatten, wie er dachte, Angst vor der Macht der Vergangenheit. Sie wollten diese Macht über sich nicht anerkennen, sich ihr nicht völlig ausliefern. Aber gerade das war es, was sie nötig hatten. Michel hätte gewiß die Wahl von Underhill unterstützt, wenn er noch unter ihnen weilte. Der Ort war entscheidend wichtig, das hatten alle ihre Leben erwiesen. Und sogar die zweifelnden, skeptischen oder ängstlichen unter ihnen - sie alle mußten zugeben, daß Underhill der richtige Platz war in Anbetracht dessen, was sie versuchen wollten.
    Also einigten sie sich am Ende, dort zusammenzukommen.
     
    Zu diesem Zeitpunkt war Underhill eine Art Museum, in dem Zustand erhalten, den es 2138 gehabt hatte, in dem letzten Jahr, da es eine aktive Station gewesen war. Das bedeutete nicht, daß es genau so aussah wie in den Jahren, als es hoch bewohnt war; aber die alten Fragmente waren immer noch da. Darum würden die Veränderungen seit damals ihr Projekt nicht wesentlich behindern, meinte Sax. Nachdem er mit etlichen anderen eingetroffen war, unternahm er einen Rundgang, um sich umzuschauen. Und da waren sie, all die alten Gebäude: Die ursprünglichen vier Habitate, die als ganze aus dem Weltraum abgeworfen worden waren, ihre Müllhaufen, Nadias Quadrat von Zimmern mit Tonnengewölbe und ihrem überkuppelten Zentrum, Hirokos Treibhausgerüst ohne die umhüllende Kuppel, Nadias Grabenarkade im Nordwesten, Tschernobyl, die Salzpyramiden und endlich das Alchimistenviertel, wo Sax seinen Rundgang beendete. Er wanderte in dem Gewirr von Gebäuden und Rohren herum und versuchte, sich auf das Erlebnis des nächsten Tages vorzubereiten. Sich um einen offenen Geist zu bemühen.
    Sein Gedächtnis brodelte bereits, als ob es zeigen wollte, daß es keine Hilfe nötig hätte, um seine Arbeit zu tun. Hier zwischen diesen Gebäuden hatte Sax das erste Mal die transformative Macht der Technik über die pure Materialität der Natur erlebt. Sie hatten tatsächlich mit den bloßen Steinen und Gasen angefangen und von da aus extrahiert, gereinigt, transformiert, rekombiniert und gestaltet, auf so mannigfaltige Art, daß keine einzelne Person das alles verfolgen oder sich gar dessen Wirkung vorstellen konnte. So hatte er zwar gesehen, aber nicht verstanden. Und sie hatten ständig in Unkenntnis ihrer wahren Kräfte und mit (vielleicht deshalb) sehr wenig Sinn für das, was sie vorhatten, gearbeitet. Aber dort im Alchimistenviertel war er imstande gewesen, das zu erkennen. Er war sich so sicher gewesen, daß die Welt, wenn sie erst grün gemacht worden war, ein schöner Ort sein würde.
    Jetzt stand er hier im Freien, mit bloßem Kopf unter einem blauen Himmel in der Hitze des zweiten Augustes, schaute sich um und suchte sich zu erinnern. Es war schwer, das Gedächtnis zu steuern. Die Dinge fielen ihm einfach ein. Die Objekte in dem alten Teil der Stadt wirkten geradezu vertraut im echten Sinne des Wortes. Sogar die einzelnen roten Steine und Felsblöcke um die Ansiedlung herum und alle Buckel und Senken, die zu sehen waren, schienen wohlbekannt und kamen alle noch am rechten Platz auf der Kompaßrose zu liegen. Die Aussichten für das Experiment schienen Sax günstig zu sein. Kontext. Lage und Orientierung stimmten. Daheim.
    Es kehrte zu dem Platz der Tonnengewölbe zurück, dorthin, wo sie bleiben würden. Während seines Spaziergangs waren einige Wagen eingetroffen, und ein paar kleine Ausflugszüge waren auf den Nebengleisen der Strecke geparkt. Es kamen Leute an. Da waren Maya und Nadia, die Tasha und Andrea umarmten, die gemeinsam angekommen waren. Ihre Stimmen klangen in der Luft wie eine russische Oper, wie Rezitative unmittelbar vor dem Übergang in Gesang. Von den Hundertundeinen, mit denen sie angefangen hatten, erschienen nur

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