Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
vierzehn: Sax, Ann, Maya, Nadia, Desmond, Ursula, Marina, Wasili, George, Edvard, Roger, Mary, Dmitri und Andrea. Nicht allzu viele; aber das waren alle von ihnen, die noch lebten und Kontakt mit der Welt hatten. Alle anderen waren tot oder fehlten. Falls Hiroko und die anderen Sieben der Ersten Hundert, die mit ihr verschwunden waren, noch am Leben waren, hatten sie nichts von sich hören lassen. Vielleicht würden sie unangemeldet auftauchen wie bei Johns erstem Festival auf Olympus. Vielleicht auch nicht.
Also waren sie vierzehn. So verkleinert wirkte Underhill unterbelegt. Obwohl ihnen alles zur Verfügung stand, um sich auszubreiten, drängten sie sich doch im Südflügel der Tonnengewölbe zusammen. Dennoch war die Leere des übrigen Platzes spürbar. Es war, als ob der Platz selbst ein Abbild ihrer versagenden Erinnerungen wäre mit ihren verlorenen Labors und verlorenen Ländern und verlorenen Gefährten. Jeder einzelne von ihnen litt an Erinnerungsverlusten und Störungen der einen oder anderen Art. Sie hatten unter sich fast alle Probleme des Gedächtnisses erlebt, die in der Literatur erwähnt waren, soweit Sax das übersehen konnte; und ein guter Teil ihrer Konversation handelte von vergleichender Symptomologie, im Wiedererzählen mannigfacher schrecklicher und/oder erhabener Erfahrungen, die sie in der letzten Dekade betroffen hatten. Sie wurden dadurch abwechselnd heiter und trübselig, als sie sich an diesem Abend durch die kleine Küche des Tonnengewölbes mit ihrem hohem Fenster in der Südwestecke wälzten. Es ging auf den Boden des zentralen Treibhauses hinaus, das noch unter seiner dicken Glaskuppel und dem dadurch veränderten Licht lag. Sie aßen ein Picknick-Dinner, das in Kühlbehältern hergeschafft worden war, plauderten, langten zu und verteilten sich dann im Südflügel, um die Schlafräume im oberen Stockwerk für eine unbequeme Nacht herzurichten. Sie blieben in endlosen Gesprächen so lange auf, wie sie konnten. Aber schließlich gaben sie auf, einzeln oder zu zweit, und versuchten zu schlafen. Mehrere Male in dieser Nacht erwachte Sax aus Träumen und hörte, wie Leute zu den Toiletten hinunter tappten, flüsternde Gespräche in der Küche oder Selbstgespräche im unruhigen Schlaf alter Leute führten. Er schaffte es jedesmal, sich wieder einzurollen und in einen leichten, von Träumen erfüllten Schlaf zu versinken.
Endlich kam der Morgen. Sie waren schon mit der Dämmerung auf. In dem horizontalen Licht nahmen sie ein rasches Frühstück ein: Obst, Croissants, Brot und Kaffee. Jeder Felsblock und Hügel warf lange Schatten nach Westen. So vertraut.
Dann waren sie bereit. Es gab anderes zu tun. Es gab einen kollektiven tiefen Atemzug, verlegenes Gelächter und die Unfähigkeit, dem anderen in die Augen zu schauen.
Maya weigerte sich noch immer, die Behandlung anzunehmen. Sie ließ sich durch kein Argument, das vorgebracht wurde, erschüttern. Sie hatte in der vorangegangenen Nacht immer wieder gesagt: »Ich will nicht! Ihr werdet auf jeden Fall einen Wärter brauchen, falls ihr verrückt werdet. Ich werde das übernehmen.«
Sax hatte gedacht, sie würde ihre Meinung ändern und es wäre bloß Mayas typisch ablehnende Haltung. Jetzt trat er enttäuscht vor sie. »Ich dachte, du hättest die schlimmsten Gedächtnisschwierigkeiten von allen.«
»Vielleicht.«
»Dann wäre es doch sinnvoll, die Behandlung zu machen. Michel hat dir massenhaft verschiedene Drogen für mentale Probleme gegeben.«
»Ich will nicht«, sagte sie und schaute ihm ins Auge.
Er seufzte. »Maya, ich verstehe dich nicht.«
»Ich weiß.«
Und sie ging in die alte medizinische Klinik an der Ecke und übernahm ihre Rolle als Wärterin für diesen Tag. Dort war alles bereit, und sie rief sie einzeln auf, nahm kleine Ultraschallinjektoren und setzte sie ihnen an den Nacken. Mit einem kleinen Knack- und Zischlaut injizierte sie einen Teil der Drogendosis und gab ihnen Pillen, die den Rest davon enthielten. Dann half sie ihnen, die Ohrstöpsel einzustecken, die für einen jeden eigens gemacht worden waren, um die stillen elektromagnetischen Wellen auszustrahlen. In der Küche wartete man in nervösem Schweigen, bis alle die Vorbereitungen beendet hatten. Als alle fertig waren, leitete Maya sie zur Tür und nach draußen. Und dann verschwanden sie.
Sax sah und fühlte ein Bild. Helle Lichter und eine Empfindung, als ob sein Schädel zertrümmert würde. Er würgte, keuchte und spuckte. Kühle Luft und die Stimme
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