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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Luft aushielt, ohne sich irgendwo nach außen zu wölben. Das klare Material war hübsch und straff, aber nicht hart wie Stein. Ohne Zweifel hielt es viele Bar weniger aus als sein Fassungsvermögen zuließ. Aber als Sax an die vielen Klafter von Steinen und Sandsäcken dachte, die sie auf ihre frühesten Wohngelegenheiten packen mußten, damit sie nicht explodierten, kam er nicht umhin, durch die enormen Fortschritte in der Materialwissenschaft beeindruckt zu sein.
    Ann nickte, als er davon sprach. »Wir haben unsere Fähigkeit überschritten, unsere Technik zu verstehen.«
    »Nun, ich denke, es läßt sich verstehen. Es ist nur schwer zu glauben.«
    »Ich nehme an, daß ich den Unterschied verstehe«, sagte sie gleichmütig.
    Er fühlte sich wohler und kam wieder auf das Gedächtnis zu sprechen. »Ich hatte sogenannte Blackouts, bei denen ich mich nicht an meine Gedanken in den letzten Minuten erinnern kann, bis hin zu einer Stunde. Kurzzeitiges Versagen des Gedächtnisses, das anscheinend mit Fluktuationen der Gehirnwellen zu tun hat. Und ich fürchte, daß auch die ferne Vergangenheit sehr unsicher wird.«
    Lange Zeit antwortete sie nicht, sondern grunzte nur zum Zeichen, daß sie gehört hatte. Dann:
    »Ich habe mein ganzes Selbst vergessen. Ich denke, daß jetzt jemand anders in mir ist. Mit geteilten Rollen. Eine Art Gegnerin. Mein Schatten oder der Schatten meines Schattens. Eingepflanzt und in mir wachsend.«
    »Was meinst du?« fragte Sax, schnell begreifend.
    »Eine Gegnerin. Sie denkt genau das, was ich nicht gedacht hätte.« Sie wandte wie scheu das Gesicht ab. »Ich nenne sie Gegen-Ann.«
    »Und wie würdest du sie charakterisieren?«
    »Sie ist... ich weiß nicht. Emotional. Sentimental. Stupide. Weint beim Anblick einer Blume. Fühlt, daß jeder sein Bestes tut. Derartiger Blödsinn.«
    »Vorher warst du gar nicht so?«
    »Nein nein nein. Es ist alles Mist. Aber ich empfinde es als wie real. So... gibt es Ann und Gegen-Ann. Und... vielleicht eine dritte.«
    »Eine dritte?«
    »Das nehme ich an. Etwas, das keines der anderen beiden ist.«
    »Und was tust du - ich meine, hast du für die einen Namen?«
    »Nein. Sie hat keinen Namen. Sie ist schwer zu fassen. Jünger. Weniger Ideen über Dinge, und die Ideen, die sie hat, sind seltsam. Nicht-Ann oder Gegen-Ann. Jemand wie jene Zo. Hast du sie gekannt?«
    »Ja«, sagte Sax überrascht. »Ich habe sie gemocht.«
    »Wirklich? Ich fand sie schrecklich. Und dennoch... in mir steckt auch etwas, das ihr ähnelt. Drei Personen.«
    »Das ist eine seltsame Art, sich das vorzustellen.«
    Sie lachte. »Bist du es nicht, der ein mentales Labor hatte, das all deine Erinnerungen enthielt, nach Zimmer- und Schranknummer registriert oder so?«
    »Das war ein sehr leistungsfähiges System.«
    Sie lachte wieder, schärfer. Er mußte grinsen, als er das hörte. Obwohl er auch Angst hatte. Drei Anns? Schon eine war mehr gewesen, als er verstehen konnte.
    »Aber ich verliere einige dieser Labors«, sagte er. »Ganze Einheiten meiner Vergangenheit. Manche Leute stellen sich das Gedächtnis als ein System von Knoten und Netzen vor. So ist es möglich, daß das Modell des Erinnerungspalastes intuitiv das beteiligte physikalische System widerspiegelt. Aber wenn man irgendwie den Knoten verliert, verschwindet auch das ganze Netzwerk drumherum. Wenn ich also in der Literatur einen Hinweis auf etwas finde, das ich getan habe, und versuche, mich daran zu erinnern, welche methodologischen Probleme wir hatten oder was auch immer und das Ganze, so weigert sich die ganze Ära einfach, zu mir zu kommen. Als ob es nie geschehen wäre.«
    »Ein Problem mit dem Palast.«
    »Ja. Ich habe das nicht erwartet. Selbst nach meinem - Unfall - war ich sicher, daß mit meiner Fähigkeit zu - denken nichts passieren würde.«
    »Du scheinst heute noch tadellos zu denken.«
    Sax schüttelte den Kopf. Er erinnerte sich an die Ausfälle, die Gedächtnislücken, die presque vus, wie Michel sie genannt hatte, die Konfusionen. Denken war nicht bloß eine analytische oder kognitive Fähigkeit, sondern etwas Allgemeineres... Er versuchte zu beschreiben, was ihm kürzlich passiert war, und Ann schien aufmerksam zuzuhören. »Du siehst, ich habe die über das Gedächtnis erschienenen Arbeiten durchgesehen. Das ist wirklich interessant geworden, sogar dringend. Und Ursula und Marina und die Acheronlabors haben mir geholfen. Und ich denke, sie haben etwas ausgearbeitet, das uns helfen könnte.«
    »Meinst du

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