MARS (XUN Ebook-Edition) (German Edition)
All. Zurück blieb das orange-braun-rot-blau und grün gesprenkelte Antlitz ihrer Heimat Marszan. Eine sterbende Welt, in der es kaum noch Hoffnung auf eine Zukunft gab. Automatische Kameras nahmen auf, wie die Kugel des Planeten immer kleiner und kleiner wurde. Die Auswanderer konnten sich diese Aufnahmen ansehen, solange die Energiezellen der Zapfen genügend Strom abgaben. Danach würde die Zukunft zeigen, wann die Nachfahren der Siedler genügend Technik neu entwickelt hatten, um dieses Erbe wieder neu zu entdecken. Doch zunächst würde erst einmal das Überleben auf einer fremden Welt im Brennpunkt aller Bemühungen stehen. Alles andere rangierte ganz weit hinten auf der Prioritätenliste.
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Als Garzin das nächste Mal seine Augen aufschlug, fiel sein Blick aus einer geöffneten Luke hinaus ins All. Was er sah verschlug ihm fast den Atem. Dort draußen hing ein blau-weiß schimmerndes Juwel auf schwarzem Grund.
Te Errana!
Sie hatten es geschafft und hatten ihr Ziel erreicht. Garzin konnte seine Tränen nicht zurück halten. Er vergoss sie zum Teil aus Erleichterung, dass die gefahrvolle Reise von Marszana hierher hinter ihnen lag, zum anderen darüber, wie schön ihre neue Heimat von hier aussah. Mit einem Mal war sich der Familienvater sicher, dass sie das Richtige getan hatten! Vor ihnen lag zum greifen nah die Zukunft für ihn, Enide, Menfud und Anisha. Mochte der Neubeginn auch schwer sein – sie würden es schaffen, weil sie zusammen waren.
Als dann endlich auch seine Frau und seine beiden Kinder nach dem langen Schlaf die Augen wieder öffneten, da begrüßte er sie mit einem warmen Lächeln und den Worten: „Wir sind in unserem neuen Leben angekommen ...“
Jakob Moser
Auf Messers Schneide
Ein Schlachtfeld. Wie ein Schlachtfeld auf dem sich einst die Götter des Krieges persönlich die Schädel eingeschlagen hatten. Ihre zerstörten Rüstungen und Waffen waren in einem Schauer aus Rost auf den Planeten herabgestürzt und hatten ihm seinen endgültigen Anstrich verpasst. Blickte man zu lange auf die kahle Einöde hinaus, begann der ölig schwarze Horizont seine kalten Finger nach einem auszustrecken. In solchen Momenten totaler Isolation konnte einem der Mars das Herz aus dem Leib reißen. Ein trostloser Gesteinsbrocken fürwahr. Sogar die Gedanken zerfielen hier zu bronzenem Staub. Rieselten durch Nase und Ohren aus dem Kopf und wurden von stürmischen Böen hinfort getragen. Hier vergaß man. Hier bereute man. Welcher Ort wäre besser geeignet gewesen, um eine Gefangenenkolonie darauf zu errichten? Australien? Ja, die Herren von Gesetz und Ordnung hatten seit jeher ein Fable für roten Boden gehabt.
Lost Canberra. Einst ein El Dorado für die Hersteller schwedischer Gardinen. Nun Theater für alle Spielarten menschlichen Abschaumes. Was sollte ansonsten aus einer Stadt werden, deren Grundmauern aus dem Stahl einer weit entfernten Heimaterde und dem Blute eingebürgerter Verbrecher erbaut worden waren? Einer Stadt, welche aus der Ferne einer Ansammlung achtlos weggeworfener Schuhkartons glich, über welche man eine Glaskuppel gestülpt hatte. Was sonst? Eine Frage, welche sich für Ko nie gestellt hatte. Ko war ein Messermann. Alles an ihm war am Wetzstein der Buße geschliffen worden. Nichts an ihm war mehr rund oder weich. Selbst seine Seele schien sich schon vor Jahren aus seinem Körper geschnitten zu haben. So wurden Messermänner geboren. Aus der Reue und dem Hass, welche diesem verfluchten Golgatha als Lebenssaft dienten.
Er war ein Messermann. Ob unter seiner Klinge Kehlen zu Springbrunnen verkamen, oder einfach nur Geldsäcke den Besitzer wechselten, konnte ihm nicht egaler sein. Als Messermann brauchte man zwei Qualitäten. Ein stichfestes Phlegma und die Moralvorstellung einer Hyäne. Ko hatte beides zur Genüge. Zurück auf der Erde war er Minenarbeiter gewesen. Minenarbeiter, Vater, Ehemann und Steuerzahler. Unbescholten und durchwegs zufrieden. Während eines Streikes für bessere Arbeitsbedingungen hatte er einen Wachmann schwer verletzt. Warum wusste er heute nicht mehr. Wie schon erwähnt, dieser Planet labte sich an der dunklen Vergangenheit seiner neuen Bewohner. Nun war er ein Niemand. Und das war gut so. Wer nichts war, der konnte nicht ausgelöscht werden. Wer nichts war, den fand der Tod nicht einmal auf dieser planetengroßen Parodie
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