Mars
worden. Sie hatten also nicht im entferntesten die Absicht, ihn zum Mars fliegen zu lassen.
2
S ä mtliche Wissenschaftler, die f ü r die Marsmission in Betracht kamen, hatten einander nat ü rlich bereits getroffen, und h ä ufig mehr als einmal, da ihr Training eine Art H ü pfspiel mit Feldern in aller Welt war. Aber es war viele Monate her, da ß Jamie Joanna Brumado gesehen hatte. Er hatte kaum ein Dutzend Worte mit der Frau gesprochen.
Jamie begab sich zum Eingangsbereich der schneebedeckten Basis, um sich von den Männern und Frauen, mit denen er trainiert hatte, zu verabschieden, und nicht so sehr, um die Neuankömmlinge willkommen zu heißen. Die Mitglieder seiner Gruppe sahen ihn bereits mitleidig an; aus ihren Blicken sprach Mitgefühl mit einem Mann, der es offenkundig nicht schaffen würde. Einige von ihnen scheuten in diesem letzten Moment beinahe vor ihm zurück, als hätten sie Angst, durch die Berührung eines Verlierers angesteckt zu werden.
Dr. Li zog einen Handschuh aus und sch ü ttelte Jamie zum Abschied feierlich und wortlos die Hand. Seine Haut f ü hlte sich trocken und schlaff an, wie die einer tote Eidechse.
Jamie blieb an der T ü r stehen, gerade eben au ß erhalb des schneidenden Windes, in seinen unf ö rmigen Parka geh ü llt, und sah zu, wie seine ehemaligen Teamkameraden zu dem wartenden Bus trabten, der sie zu dem aus dem Eisschelf herausgehauenen Flugplatz bringen w ü rde. Der Bus wurde von einem riesigen Flachbagger mit einem Schneepflug vorne dran gezogen. Zuviel des Guten, dachte Jamie. Die Stra ß en der Basis waren gepfl ü gt worden, und es hatte seit Tagen nicht mehr geschneit.
Zehn Personen in Parkas mit Kapuzen, in denen man M ä nner und Frauen nicht unterscheiden konnte, duckten sich gegen den eisigen Wind und sprinteten vom Eingang der H ü tte zum Bus. Sie trugen allesamt silberne Metallkoffer und weiche Kleiders ä cke bei sich – ihre kostbaren pers ö nlichen Kleidungsst ü cke und ihre wissenschaftliche Ausr ü stung. Alle bis auf den ausgemergelten Dr. Li, der nur seinen Laptop und einen kleinen Seesack dabei hatte. Die Vogelscheuche reist mit leichtem Gep ä ck, dachte Jamie.
Zehn ähnlich gekleidete und bepackte Gestalten arbeiteten sich durch den fauchenden Wind vom Bus zum Eingang vor, wo Jamie stand. Es fiel Jamie nicht schwer, die kleine Joanna Brumado unter den zehn auszumachen, die durch den Eingang strömten und sich nach dem kurzen Sprint vom Bus zur Tür der Hütte den pappigen Schnee von den Stiefeln stampften. Er sah auch, daß Antony Reed unter den Neuankömmlingen war.
Ebenso wie Franz Hoffmann.
Wortlos drehte Jamie sich zu der Holztreppe um, die zur Hauptetage der H ü tte hinunterf ü hrte, und machte sich auf den Weg zu seiner Unterkunft.
Erst als die neue Gruppe kurz vor dem Mittagessen im Speisesaal zusammenkam, fand Jamie die Kraft, hinauszugehen und sie zu begrüßen.
Der Speisesaal war der größte Raum in der Hütte, die man dem Marsprojekt zur Verfügung gestellt hatte: Er bot vollen dreißig Personen an seinen langen Resopaltischen Platz. Joanna saß mit Tony Reed und Dorothy Loring, einer kanadischen Biologin, am Ende eines dieser Tische.
» Was dagegen, wenn ich mich dazusetze? « fragte Jamie.
Reed schaute auf. » Waterman? Was machen Sie denn noch hier? «
Jamie bem ü hte sich, eine ausdruckslose Miene beizubehalten, w ä hrend er sich einen Stuhl heranzog.
» Ich bin gebeten worden, hierzubleiben und euch bei der Akklimatisierung zu helfen. «
Reed warf einen Blick zu Joanna hin ü ber, dann wandte er seine Aufmerksamkeit rasch wieder Jamie zu. » Ich verstehe. «
Das richtige Wort f ü r Antony Reed war › aalglatt ‹ . Er sah so aus, wie sich der Durchschnittsamerikaner einen Engl ä nder aus der Oberschicht vorstellte, und tats ä chlich war er auch beinahe einer. Sportliche, gleichwohl schmale und zierliche Figur, wie man sie von Tennis, Handball und vielleicht Polo bekommt. H ü bsches Gesicht mit zierlichen Wangenknochen und scharf geschnittenem Profil. Ordentlicher kleiner Schnurrbart, sandfarbenes Haar, das ihm spitzb ü bisch in die Stirn fiel. Er trug einen k ö nigsblauen Overall mit exakter B ü gelfalte und einen wei ß en Rollkragenpullover darunter, und es gelang ihm beinahe, den Eindruck zu erwecken, als sei das eine flotte Seglerkluft. Aber seine Augen waren zu alt f ü r sein Gesicht, dachte Jamie. Eisblaue, k ü hl berechnende Augen.
Reed war Arzt. Er hatte es abgelehnt, die noble
Weitere Kostenlose Bücher