Mars
die Kandidatin ihrer Partei für die Präsidentschaftswahl werden wollte.
Edith sah sich noch einmal die üblichen, langweiligen Interviews mit Jamies Eltern in Berkeley und mit nichtssagend-höflichen, ausweichenden NASA-Vertretern an. Als sie an diesem zweiten Abend ins Bett ging, überlegte sie, was sie tun sollte.
Am n ä chsten Morgen stand ihre Entscheidung fest. Sie rief im Sender an und erkl ä rte ihrem sprachlosen Nachrichtenchef, sie werde den Rest der Woche freinehmen.
» Das geht nicht! Ich lasse nicht zu, da ß…«
» Ich habe noch zwei Wochen Urlaub und einen Haufen Krankheitstage, die ich nicht genommen habe « , sagte Edith zuckers üß ins Telefon. » Am Montag bin ich wieder da. «
» Verdammt noch mal, Edie, die werden dich feuern! Du wei ß t doch, wie die da oben sind! «
Sie stie ß einen Seufzer aus, den er nicht ü berh ö ren konnte. » Dann werden sie mich wohl feuern und mir meine Abfindung auszahlen m ü ssen. «
Sie legte auf und reservierte sich dann sofort telefonisch einen Platz in einer Maschine nach New York.
Als sie in zehntausend Metern H ö he ü ber die Appalachen hinwegflog, ging Edith im Geist noch einmal durch, was sie dem Nachrichtenchef des Network erz ä hlen w ü rde. Ich komme an James Watermans Eltern heran. Und an seinen Gro ß vater. Und an die Leute, mit denen er trainiert hat und die nicht f ü r den Flug zum Mars ausgew ä hlt worden sind. Ich kenne seine Geschichte, und ich wei ß , wie es beim Marsprojekt zugeht. Ich kann Ihnen eine Insider-Story dar ü ber liefern, wie diese Sache l ä uft. Die menschliche Seite des Mars-Projekts. Nicht blo ß leuchtende Wissenschaft, sondern die internen Machtk ä mpfe, die Konkurrenz, die ganzen saftigen Details.
W ä hrend sie sich innerlich auf das Gespr ä ch vorbereitete, dachte sie an Jamie. Er wird mich daf ü r hassen, da ß ich das tue. Er wird mich wirklich hassen.
Aber es ist meine Eintrittskarte f ü r einen Job beim Network. Er hat den Mars. Er hat mich f ü r den Mars sitzenlassen. Jetzt kann ich mir den Mars auf meine Weise zunutze machen, damit auch ich etwas davon habe.
DER ABFLUG
1
Die ausgewählten Teilnehmer der Marsexpedition wurden zur Montagestation hinaufgebracht, die sich in einer erdnahen Umlaufbahn knapp dreihundert Kilometer über der Erdoberfläche befand. Aus dieser Höhe war der Planet eine gewaltige, massige, unglaublich schöne Kugel, die den Himmel füllte und die Sinne mit riesigen Flächen blauer, von glänzenden weißen Wolken geschmückter Ozeane überwältigte, eine Welt voller pulsierendem Leben, die leuchtend vor der kalten schwarzen Leere des Raumes hing.
Der Mars war ein ferner, winziger Punkt in dieser Schwärze, ein lockendes, stetiges rötliches Leuchtfeuer jenseits des Welten trennenden Abgrunds.
Die Montagestation selbst – ein zusammengesetztes Habitat – bestand aus einer russischen Mir-Station und dem general ü berholten externen Treibstofftank einer amerikanischen Raumf ä hre, der gr öß er war als ein Zwanzigzimmerhaus. Der Mir-Teil der Montagestation war ungef ä hr in der Mitte des Shuttle-Tanks an dessen langer, gekr ü mmter Flanke angebracht und sah aus wie eine winzige gr ü ne Gondel an einem riesigen mattbraunen Zeppelin. Das russische Metallgebilde verf ü gte ü ber drei Anlegedocks f ü r Shuttles oder die kleineren Orbitalschlepper.
Hier w ü rden die sechzehn ausgew ä hlten Wissenschaftler vor ihrem Abflug zum Mars ü ber einen Monat lang leben und arbeiten, um sich aneinander und an ihren Expeditionskommandanten, Dr. Li, zu gew ö hnen. Und an die acht Astronauten und Kosmonauten, die das Marsschiff fliegen und das Kommando ü ber die Bodenteams f ü hren w ü rden.
Ein paar hundert Meter von der Montagestation entfernt hingen die beiden langen, schlanken Marsschiffe inmitten von Orbitalschlepperschw ä rmen und dicken Shuttles in der schwarzen Leere. Sie gl ä nzten wei ß im grellen Sonnenlicht. Um sie herum schwebten winzige Gestalten in Raumanz ü gen, die klein wie Ameisen wirkten; sie flogen best ä ndig hin und her und schafften Tag f ü r Tag und Stunde um Stunde Vorr ä te und Ausr ü stungsgegenst ä nde zu ihnen hin ü ber. Verglichen mit den knolligen, mattbraunen und gr ü nen Formen der Montagestation sahen die Marsschiffe wie schlanke Rennboote aus.
Im Orbit befand sich die ganze Ansammlung von Raumfahrzeugen und Menschen effektiv in der Schwerelosigkeit und war damit gewichtlos. Jamie sp ü rte, wie seine
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