Mars
diesem ö sterreichischen Zuchtmeister bevorstanden. «
» So schlimm ist er nun auch wieder nicht « , murmelte Jamie.
»Da waren die meisten von uns anderer Meinung. Und Joanna lag offenbar am meisten von uns allen daran, daß er zu Hause blieb.« Reeds Miene wurde pfiffig. »Vielleicht wollte sie auch nur, daß Sie mitfliegen. Ich bin richtig eifersüchtig, wissen Sie.«
Jamie verkniff sich eine Antwort. Sie waren den anderen jetzt zu nahe, um das Gespräch fortzusetzen. Er fragte sich, wieviel Wahrheit in Reeds Worten lag und wieviel von dem, was er gesagt hatte, eine scherzhafte Übertreibung war.
Von den Wissenschaftlern wurde nicht erwartet, da ß sie in den ersten paar Tagen im Orbit irgendwelche Arbeiten verrichteten; die Missionsplaner waren davon ausgegangen, da ß sie w ä hrend dieser Zeit krank und nicht einsatzf ä hig sein w ü rden. Aber sie konnten an Besprechungen teilnehmen. Die Psychologen behaupteten sogar, da ß Aktivit ä ten, die eher geistige als k ö rperliche Anstrengungen erforderten, sie von ihrem Unwohlsein ablenken w ü rden.
Jamie folgte Reed durch eine Luke in dem Schott, an dem der lange Gang endete. Schwerelos glitt er in einen gro ß en, freien Raum und stieg in der h ö hlenartigen Kammer in der Nase des ehemaligen Treibstofftanks wie eine Blase nach oben. Das kuppelartige Innere des Besprechungszentrums war mit schwarzwei ß en Streifen bemalt, die an der Spitze der Nase zusammenliefen. Jamie hing in der Luft, zwinkerte mehrmals und merkte, da ß die › Wand ‹ , durch die er gekommen war, zum › Fu ß boden ‹ des Besprechungszentrums geworden war.
Die ü berall auf der glatten Fl ä che angebrachten Fu ß schlaufen aus Plastik verst ä rkten diesen Eindruck.
Die schwarz-wei ß en Streifen boten eine starke vertikale Orientierung. Nachdem Oben und Unten nun klar festgelegt waren, ging es Jamie schon etwas besser. Er streckte eine Hand aus, als er sich einer gekr ü mmten Wand n ä herte, und stie ß sich leicht zum Boden hin ab. In der Schwerelosigkeit kann jeder ein Akrobat sein, erkannte Jamie. Oder eine Balletteuse.
Allm ä hlich versammelten sich sechzehn von Ü belkeit befallene, ein wenig gr ü n aussehende Wissenschaftler auf diesem Boden, steckten ihre Stiefel in die Fu ß schlaufen, neigten den K ö rper in der sogenannten › Null-G-Kauerstellung ‹ leicht nach vorn und lie ß en die Arme schwerelos auf Brusth ö he schweben. Wie am Meeresgrund sitzende Polypen, dachte Jamie, deren Arme in den Str ö mungen hin und her wedeln.
Dr. Li, der einen himmelblauen Overall mit Stehkragen trug, stand auf einer leicht erh ö hten Plattform an einer Seite des kreisrunden Raums, obwohl er bei seiner Gr öß e eigentlich keine Plattform ben ö tigt h ä tte. Im Gegensatz zu ihm waren die meisten Astronauten und Kosmonauten, die sich um ihn versammelt hatten, ziemlich klein, sah Jamie; die meisten Flieger – sowohl Amerikaner als auch Russen – hatten die wie abges ä gt wirkende Statur von Kampfpiloten.
Li war selber auch ziemlich gr ü n im Gesicht, fand Jamie. Der Expeditionskommandant wartete ein paar Augenblicke, bis unter den versammelten Wissenschaftlern Stille eingekehrt war. Dann hob er mit seiner d ü nnen, hohen Stimme an: » Ob Sie es glauben oder nicht, wir durchlaufen jetzt gerade die schwierigste Phase unserer Mission. «
» Ich glaube es! « murmelte jemand laut genug, da ß alle es h ö ren und dar ü ber lachen konnten.
» In ein paar Tagen haben wir uns an die geringe Schwerkraft gew ö hnt. In ein paar Wochen steigen wir in die Marsschiffe um, die anschlie ß end in Rotation versetzt werden, um die irdische Schwerkraft zu simulieren – und deren Rotation dann wieder verlangsamt wird, wenn wir uns dem Mars n ä hern, damit wir uns an die Marsschwerkraft akklimatisieren k ö nnen. «
Li sah bla ß und abgespannt aus. Sein Gesicht war jedoch aufgedunsener als auf der Erde, und seine Augen wirkten schmaler. Jamie kam der Gedanke, da ß sie tonnenweise Nahrung sparen k ö nnten, wenn sie bis zum Mars Schwerelosigkeit beibehielten; niemand w ü rde dann sonderlich gro ß en Appetit haben. Aber wir w ä ren auch nicht in der Lage, auf dem Mars zu arbeiten, wenn wir dort sind.
» Ich werde Ihnen gleich unsere Astronauten und Kosmonauten vorstellen. Dann werden wir uns in Kleingruppen aufteilen, um uns besser kennenzulernen. Zuerst m ö chte ich Sie jedoch an einen sehr sensiblen und sehr wichtigen Punkt erinnern, ein Thema, das Sie alle schon
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