Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
Vom Netzwerk:
dem Weg zu gehen.«
    »Spar dir deine Kommentare, Montale. Die sind mir scheißegal. Erzähl.«
    Ich berichtete.
    Ich berichtete ein zweites Mal. Auf dem Kommissariat. Diese kleine Freude konnte Pertin sich nicht versagen. Mir gegenüberzusitzen und mich zu verhören. In diesem Kommissariat, wo ich jahrelang einziger Herr im Hause gewesen war. Es war eine mickrige Revan - che, aber er genoss sie mit der Gehässigkeit eines Kleingeistes und würde sie bis ins Letzte auskosten. So eine Gelegenheit ergab sich vielleicht nie wieder.
    Und Pertin legte sich hinter seiner verfluchten Ray-Ban-Brille eine Strategie zurecht. Serge und ich waren Kumpel gewesen. Vielleicht waren wir es immer noch. Jemand hatte Serge umgelegt. Wegen einer schmutzigen Sache zweifellos. Ich war da, am Tatort. Zeuge. Ja, aber warum nicht Komplize? Mit einem Mal konnte ich eine Spur sein. Nicht, um Serges Mördern nachzusetzen, sondern um mich festzunageln. Ich konnte mir gut das unermessliche Vergnügen vorstellen, das er dabei empfand.
    Seine Augen konnte ich zwar nicht sehen, aber genau das hätte ich dort lesen können. Dummheit hindert nicht an logischem Denken.
    »Beruf?«, sagte er voller Verachtung.
    »Arbeitslos.«
    Er lachte los. Carli unterbrach seine Tipperei auf der Maschine und amüsierte sich ebenfalls.
    »Nein! Du gehst stempeln und all das? Wie die Bimbos und Kameltreiber?«
    Ich drehte mich zu Carli um. »Notierst du das nicht?«
    »Ich notier nur die Antworten.«
    »Ja, wer wird sich denn gleich ärgern, Superman«, nahm Pertin wieder auf. Er neigte sich zu mir: »Und wovon lebst du?«
    »He, Pertin, wo glaubst du, dass du bist? Im Fernsehen? Im Zirkus?«
    Ich hatte nur leicht die Stimme gehoben. Um die Dinge wieder an ihren Platz zu rücken. Daran zu erinnern, wer ich war: ein Zeuge. Über die Sache wusste ich nichts. Ich hatte nichts zu verbergen, außer dem Grund für meinen Ausflug in die Gegend. Meine Geschichte konnte ich hundertmal vorbeten, immer die gleiche Leier.
    Pertin hatte das schnell begriffen, und es machte ihn rasend. Am liebsten hätte er mir eine geknallt. Er war dazu fähig. Er war zu allem fähig. Als er mir noch unterstellt war, ließ er die Dealer informieren, wenn ich eine Suchaktion vorbereitete. Oder er benachrichtigte die Drogenfahndung, wenn er spürte, dass ein saftiger Fang ins Netz gehen könnte. Der Fehlschlag einer Operation in Petit-Séminaire, einer anderen Wohnsiedlung im Norden, war mir noch gut in Erinnerung. Die Dealer arbeiteten im Familienbetrieb. Brüder, Schwestern, Eltern waren in den Coup verwickelt. Sie lebten eng beisammen, ganz wie gute Nachbarn. Die Jungs bezahlten in Form von Hi-Fi-Geräten aus Einbrüchen. Material, das sie sofort zum dreifachen Preis weiterverscherbelten. Der Erlös wurde wieder in »Stoff« investiert. Wir scheiterten. Drei Jahre später hatte die Drogenfahndung Erfolg, mit Pertin an der Spitze.
    Er lächelte. Ein hinterhältiges Lächeln. Ich hatte ein paar Punkte gemacht, und er merkte es.
    Um mir zu zeigen, wer hier Herr der Lage war, nahm er Serges Pass, der vor ihm auf dem Tisch lag, und wedelte mir damit vor der Nase herum. »Sag mal, Montale, weißt du, wo er gehaust hat, dein Kumpel?«
    »Keine Ahnung.«
    »Sicher?«
    »Sollte ich?«
    Er öffnete den Pass, und das Lächeln war wieder da. »Bei Arno.«
    Verflixt! Was war denn das für eine Geschichte. Pertin beobachtete meine Reaktion. Ich zeigte keine. Ich wartete. Aus Hass gegen mich würde er den Fehler machen, Informationen an einen Zeugen weiterzugeben.
    »Das steht hier nicht drin«, sagte er und bewegte den Pass wie einen Fächer. »Aber wir haben unsere Quellen. Zuverlässiger sogar, seit du nicht mehr da bist. Zumal wir keine Priester sind. Wir sind Polizisten. Siehst du den Unterschied?«
    »Ich sehe ihn«, antwortete ich.
    Er neigte sich zu mir. »Sag mal, das war doch einer deiner Lieb-ju nge, nicht wahr, dieser dreckige kleine Zigeuner?«
    Arno. Arno Gimenez. Ich habe nie herausbekommen, ob bei ihm ein Irrtum vorlag. Achtzehn Jahre alt, unbesonnen, verschlagen, manchmal stur wie ein Holzkopf. Leidenschaftlicher Motorradlieb - haber. Der einzige Typ, der auf der Straße einen heißen Ofen ein - schließlich Motorradbraut klauen konnte. Und damit abhauen, ohne dass einer Zeter und Mordio schrie. Ein begnadeter Mechaniker. Jedes Mal, wenn er in eine Gaunerei verstrickt war, erschienen erst Serge und dann ich auf der Bildfläche.
    Eines Abends hatten wir ihn im Balto, einer Bar in L ´ Estaque,

Weitere Kostenlose Bücher