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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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Neubausiedlungen im Norden der Stadt.
    Hier ist nichts schlimmer als woanders. Oder besser. Beton in einer verzerrten Landschaft aus Stein und Kalk. Und dort unten links die Stadt. Weit weg. Hier ist alles weit weg. Nur das Elend nicht. Sogar die Wäsche, die zum Trocknen vor den Fenstern hängt, ist ein Beweis dafür. Obgleich in Wind und Sonne flatternd, wirkt sie immer farblos. Arbeitslosenwäsche eben. Aber im Gegensatz zu »denen da unten« hat man hier eine gute Aussicht. Prachtvoll. Die schönste in Marseille. Man braucht nur das Fenster zu öffnen und hat das ganze Meer für sich. Umsonst. Wenn man nichts hat, ist es viel, das Meer — dieses Mittelmeer — zu besitzen. Wie ein Kanten Brot für den Hungrigen.
    Die Idee für den Basketballplatz kam von einem der Jungen, der OubaOuba genannt wurde. Nicht, weil er ein wilder Neger aus dem Senegal war, sondern weil er vor dem Korb flink wie ein Marsu - pilami springen konnte, oder fast. Ein wahrer Künstler.
    »Wenn ich all diese Klapperkisten sehe, die den ganzen Platz weg - nehmen, könnte ich in die Luft gehen«, hatte er zu Lucien gesagt, einem eher sympathischen Vertreter des Sozialamtes. »Bei mir zu Hause ist ja auch nicht viel Platz. Aber diese Parkplätze, Scheiße ...!«
    Die Idee war ihren Weg gegangen. Schließlich kam es unter den amüsierten Augen des Leiters der Stadtverwaltung, der gerade nicht im Wahlkampfstand, zwischen dem Bürgermeister und dem Abge - ordneten zu einem regelrechten Wettrennen. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Die Jungen warteten nicht einmal die offizielle Eröffnung ab, um »ihren« Platz in Beschlag zu nehmen. Er war noch gar nicht fertig. Das wurde er übrigens nie, und die dünne Asphalt - schicht zerbröckelte jetzt an allen Ecken und Enden.
    Ich sah ihnen rauchend beim Spielen zu. Es war ein komisches Gefühl, wieder hier zu sein, in den nördlichen Vierteln. Das war mein Bezirk gewesen. Seit meiner Kündigung hatte ich keinen Fuß mehr hineingesetzt. Ich hatte keinen Grund, herzukommen. Weder hierher noch nach Bricarde, Solidarité, Savine oder Paternelle. Vorstädte, in denen nichts ist. Nichts zu sehen. Nichts zu tun. Nicht mal eine Cola kann man sich dort kaufen, wie in Plan d'Aou, wo wenigstens ein Lebensmittelladen mehr schlecht als recht überlebt hat.
    Man musste schon hier wohnen oder Bulle oder Sozialarbeiter sein, um so weit hinauszukommen. Für die meisten Marseiller sind die nördlichen Viertel nur abstrakte Realität. Orte, die existieren, die man aber nicht gesehen hat und nie sehen wird. Die man nur aus dem Fernsehen kennt. Genauso wie die Bronx. Mit den dazugehö - rigen Wahnvorstellungen. Und den Ängsten.
    Natürlich hatte ich mich von Gélou herumkriegen lassen, Gui tou zu suchen. Während der Mahlzeit vermieden wir das Thema. Es war uns beiden peinlich. Ihr, was sie erzählt hatte. Mir, was ich gehört hatte. Zum Glück bestritt Honorine die Unterhaltung.
    »Also, ich weiß nicht, wie du das machst, da oben in deinen Bergen. Ich hab Marseille nur einmal verlassen. Weil ich nach Avignon musste. Louise, eine meiner Schwestern, brauchte mich. Was war ich unglücklich ... Dabei bin ich nur zwei Monate geblieben. Das Meer hat mir am meisten gefehlt. Hier kann ich es stundenlang betrachten. Es ist nie gleich. Da oben gibt es natürlich die Rhone. Aber das ist nicht dasselbe. Sie ändert sich nie. Sie ist immer grau und geruchlos.«
    »Man kann sich das Leben nicht immer aussuchen«, hatte Gélou unendlich müde geantwortet.
    »Du wirst sagen, das Meer ist nicht alles. Glück, Kinder, Gesund - heit gehen vor.«
    Gélou war den Tränen nahe. Sie hatte sich eine Zigarette angesteckt. Ihre Goldbrasse hatte sie kaum angerührt. »Geh hin, ich bitte dich«, hatte sie gemurmelt, als Honorine verschwand, um die Kaffeetassen zu holen.
    Und da war ich. Vor dem Betonklotz der Familie Hamoudi. Gélou wartete auf mich. Auf uns, Guitou und mich. Trotz Honorines beruhigender Gesellschaft ängstlich bangend.
    »Sie hat Ärger, ich hab Recht, nicht wahr«, hatte sie mich in der Küche gefragt.
    »Mit ihrem Jüngsten. Guitou. Er ist abgehauen. Sie glaubt, er ist hier, in Marseille. Bearbeite sie nicht zu sehr, während ich weg bin.«
    »Sie werden ihn suchen gehen?«
    »Einer muss es tun, oder?«
    »Es könnte sein ... Ich weiß ja nicht ... Lebt sie ganz allein?«
    »Wir sprechen später darüber, einverstanden?«
    »Sehen Sie, ich hab es ja gleich gesagt. Ihre Cousine hat Probleme. Und nicht nur mit ihrem

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