Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
Vom Netzwerk:
einen Schrei aus und begann zu brüllen. Andere Arbeiter kamen ins Büro gerannt. Es kam zu einem Handgemenge. Wir waren im Nachteil. Schließlich rückten die Bullen an.
    An diesem Abend hatten wir die Nase voll und beschlossen, zu ernsteren Dingen überzugehen. Wir wollten unseren Anteil vom Kuchen haben, das war alles. Vielleicht konnten wir Antonins Buch - laden wieder eröffnen? Aber dafür hatten wir kein Geld. Wir steuerten unseren ersten Coup an. Eine Nachtapotheke ausrauben, oder einen Tabakladen. Eine Tankstelle. Der Gedanke war, uns etwas Betriebskapital zu verschaffen. Stehlen konnten wir. Bücher bei Tacussel auf der Canebière, Schallplatten bei Raphael in der Rue Montgrand oder Klamotten im Magasin General oder bei Dames de France in der Rue Saint-Ferréol. Es war sogar ein Spiel. Aber ein - brechen, damit kannten wir uns nicht aus. Noch nicht. Wir würden schnell lernen. Tagelang arbeiteten wir Strategien aus, machten den idealen Ort ausfindig.
    Eines Abends trafen wir uns wieder in der Fischerhütte. Es war Ugos zwanzigster Geburtstag. Miles Davis spielte Rouge. Manu holte ein Paket aus seiner Tasche und legte es vor Ugo hin.
    »Dein Geschenk.«
    Eine 9mm Automatik.
    »Wo hast du die denn ergattert?« Ugo betrachtete die Waffe. Er wagte nicht, sie zu berühren.
    Manu brach in Gelächter aus, griff dann noch einmal in die Tasche und zog noch eine Waffe hervor. Eine Beretta 7.65.
    »Damit sind wir ausstaffiert.« Er sah Ugo an, dann mich. »Ich konnte nur zwei kriegen. Aber das macht nichts. Wir gehen rein, du fährst die Kiste. Du bleibst am Steuer. Du passt auf, dass uns keiner stört. Aber es besteht keine Gefahr. Der Ort ist nach acht total verlassen. Der Typ ist alt. Er ist allein.«
    Es war eine Apotheke. In der Rue des Trois-Mages, einer kleinen Straße nicht weit von der Canebière. Ich saß am Steuer eines Peugeot 204, den ich am Morgen in der Rue Saint-Jacques im Bourgeois-Viertel geknackt hatte. Manu und Ugo hatten sich eine Seemannsmütze bis über die Ohren gezogen und ein Halstuch über die Nase gebunden. Sie sprangen aus dem Auto, ganz wie im Kino. Der Typ hob zuerst die Arme und öffnete dann die Schublade mit der Kasse. Ugo sammelte das Geld ein, während Manu den Alten mit der Beretta bedrohte. Eine halbe Stunde später stießen wir im Péano an. Auf uns, Jungs. Eine Runde für alle. Wir hatten eintau - sendsiebenhundert Francs eingesackt. Eine schöne Summe damals. So viel wie zwei Monate bei Kouros, Centimes inklusive. So einfach war das.
    Bald hatten wir die Taschen voller Geld. Wir konnten aus dem Vollen schöpfen, ohne auf Preise zu achten. Mädchen. Autos. Feten. Nachts landeten wir bei den Zigeunerinnen in L'Estaque, tranken und hörten ihrem Spiel zu. Den Verwandten von Loles Schwestern Zina und Kali. Lole begleitete jetzt ihre Schwestern. Sie war gerade sechzehn geworden. Still und in sich gekehrt blieb sie in einer Ecke sitzen, wie abwesend. Sie aß kaum und trank nur Milch.
    Antonins Buchladen hatten wir schnell vergessen. Wir verschoben die Idee auf später, erst mal wollten wir ein bisschen Spaß haben. Vielleicht war die Idee auch gar nicht so gut. Was würden wir verdienen? Nicht viel, so schlecht, wie es Antonin zum Schluss ging. Eine Bar wäre vielleicht besser, oder ein Nachtlokal. Ich machte mit. Tankstellen, Tabakläden, Apotheken. Wir grasten das Département von Aix bis Martigues ab. Einmal stießen wir sogar bis Salon-de-Provence vor. Ich war immer noch dabei. Aber mit immer weniger Begeisterung. Wie im falschen Film.
    Eines Abends hatten wir uns wieder eine Apotheke vorgenommen, an der Ecke der Place Sadi-Carnot und der Rue Mery, nicht weit vom Alten Hafen. Der Apotheker machte eine Bewegung. Eine Sirene heulte auf. Und der Schuss ging los. Aus dem Auto sah ich, wie der Typ zusammenbrach.
    »Fahr los«, sagte Manu, während er hinten reinsprang. Ich kam zur Place du Mazeau. Ich glaubte, nicht weit hinter uns Polizeisirenen zu hören. Rechts das Panier-Viertel. Keine Straßen, nur Trep - pen. Auf meiner Linken die Rue de la Guirlande, Einbahnstraße. Ich nahm die Rue Caisserie, dann die Rue Saint-Laurent.
    »Bist du verrückt, oder was! Das ist doch eine Rattenfalle.«
    »Der Verrückte bist du! Warum hast du abgedrückt?«
    Ich hielt den Wagen in der Sackgasse Belle-Marinière an. Ich zeigte auf die Treppen quer durch die neue Siedlung.
    »Da rüber. Wir hauen zu Fuß ab.« Ugo hatte noch nichts gesagt. »Alles klar, Ugo?«
    »Wir haben etwa fünftausend. Das

Weitere Kostenlose Bücher