Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea
dachte einen Moment nach. »Aber das passt nicht zu deinem Bild von Fabre, meinst du das?«
»Um so weniger, als der gehörnte Ehemann kurz danach umgelegt wird. Sie hat ihn nicht umgebracht. Du auch nicht. Es waren Killer. Genau wie bei Draoui. Und bei Guitou, der leider zur falschen Zeit am falschen Ort war.«
»Du glaubst, es gibt noch einen anderen Grund.«
»Ja. Draouis Tod hat nichts damit zu tun, dass er mit Cue geschlafen hat. Es ist etwas Ernsteres.«
»So ernst, dass dafür extra zwei Killer aus Toulon kommen. Um Hocine Draoui zu töten.«
Scheiße! Jetzt musste ich es ihm sagen.
Er zuckte nicht mit der Wimper. Sah mich fest an. Ich hatte das eigenartige Gefühl, dass er schon wusste, was ich ihm gerade gesagt hatte. Die Anzahl der Killer. Ihre Herkunft. Aber woher hätte er das wissen sollen?
»Ah! Und woher weißt du das? Dass sie aus Toulon gekommen sind?«
»Sie haben sich am ersten Tag an meine Fersen geheftet, Loubet. Sie suchten die Kleine. Na ï ma. Die, die mit Guitou im Bett war. Ich wusste, wer sie war und ...«
»Darum warst du in Bigotte.«
»Darum, ja.«
Er sah mich mit einer Wildheit an, die ich an ihm nicht kannte. Er stand auf. »Einen Cognac!«, rief er der Bedienung zu. Und ver - schwand in Richtung Toilette.
»Zwei«, ergänzte ich. »Und noch einen Kaffee.«
Neunzehntes Kapitel
In dem es zu sp ä t ist, wenn der Tod
uns erst einmal eingeholt hat
Als Loubet vom Klo zurückkam, hatt e er sich beruhigt. E r stellte nur fest: »Du hast Glück, dass ich eine Schwäche für di c h habe, Montale. Denn am liebsten würde ich dir den Hals umd rehen ! ‹‹
Ich breitete alles vor ihm aus, was ich wusste. Guito u › Naïma, die Familie Hamoudi. Schließlich alles, was Cue mir let zte Nacht erzählt hatte und was ich noch nicht an ihn weitergegeben hatte. Bis ins Detail. Wie ein guter Schüler.
Naïma war nach Aix zu Mathias gefahren. Montagab en d . Den Abend vorher hatte sie ihm das Wesentliche am Telef on mitgeteilt. Mathias hatte seine Mutter angerufen. Gleichzeitig in Panik und rasend vor Wut. Cue fuhr selbstverständlich nach Aix. Naïma berichtete von der schrecklichen Nacht.
Adrien Fabre war da gewesen. Sie hatte ihn nicht gesehen. Sie hatte nur seinen Namen rufen hören. Nachdem sie Gui tou g etö tet hatten: »Verdammt! Was hatte der Junge da zu suche n? Fabre!«, hatte einer der Kerle geschrien. »Komm her!« Sie k onnte sich genau an die Worte erinnern. Die würde sie nie vergesse n.
Sie selber hatte sich in der Dusche versteckt. Im Du sch becken zusammengekauert. Starr vor Angst. Sie konnte einen Aufschrei nur unterdrücken, weil Wasser auf ihr Knie tropfte, er kl ärte sie. Das linke. Nach dem erst en Tropfen hatte sie angefangen zu z ählen, bis ein weiterer Tropfen auf ihrem Knie landete.
Zwischen den Männern vor der Appartementtür war ein Streit ausgebrochen. Drei Stimmen, darunter die von Fabre. »Ihr habt ihn umgebracht! Ihr habt ihn umgebracht!«, schrie er. Er weinte fast. Der, der offenbar der Chef war, war ihm aber über den Mund gefahren. Dann gab es ein dumpfes Geräusch, wie eine Ohrfeige. Da fing Fabre wirklich an zu heulen. Eine der Stimmen mit einem starken, korsischen Akzent fragte, was sie tun sollten. Der Chef antwortete, er solle zusehen, wo er einen Lieferwagen herbekäme.
Mit drei oder vier Möbelpackern. Um den Laden auszuräumen Das Gröbste. Die entscheidenden Sachen. Er würde »den anderen« wegschaffen, bevor er einen Nervenzusammenbruch bekam
Wie lange sie unter der Dusche gehockt und Tropfen gezählt hatte, wusste Naïma nicht mehr. Sie erinnerte sich nur daran, dass es plötzlich ruhig war. Grabesstille. Nur ihr Schluchzen. Sie schlotterte. Eiseskälte war ihr unter die Haut gekrochen. Nicht die Kälte der Wassertropfen. Die Kälte des Grauens um sie herum und in ihrer Vorstellung.
Sie hatte ihre Haut gerettet, so viel begriff sie. Aber sie blieb dort, unter der Dusche, die Augen geschlossen. Bewegungslos. Wie erstarrt. Schluchzend und schlotternd. Auf das Ende des Albtraums wartend. Guitou würde einen Kuss auf ihre Lippen drücken. Sie würde die Augen aufschlagen, und er würde flüstern: »Komm, es ist vorbei.« Aber das Wunder blieb aus. Ein neuer Wassertropfen fiel auf ihr Knie. So wirklich, wie das gerade Erlebte. Sie stand mühsam auf. Resigniert. Und zog sich an. Das Schlimmste, dachte sie, wartete vor der Tür. Sie würde über Gui tous Leiche steigen müssen. Sie näherte sich mit abgewandtem Kopf, um nicht hinsehen
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