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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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danke.«
    »Ange!«, rief ich. »Bring mir noch einen Pastis.«
    Kaum war er weg, sprach sie weiter: »Ich sehe wohl, dass Si e noch immer die Gewohnheit haben, hanebüchene Geschichten aufzu - tischen.«
    »Hören Sie, Helene ...«
    »Kommissarin. Es ist die Kommissarin, die Ihnen Fragen stellt. Im Rahmen der Ermittlungen in einem Mordfall. Dem Mord an einer Frau: Sonia de Luca. Mutter eines achtjährigen Kindes. Unverhei - ratet. Vierunddreißig Jahre alt. Vierunddreißig Jahre, Montale. Mein Alter.«
    Sie hatte leicht die Stimme gehoben.
    »Das weiß ich. Und dass diese Frau mich in einer Nacht verfü hrt hat. Und dass sie meine beiden teuersten Nachbarn in nur fünf Minuten Palaver herumgekriegt hat. Weil sie zweifellos eine wun - derbare Frau gewesen sein muss.«
    »Und was wissen Sie noch?«
    »Nichts.«
    »Verdammt!«, rief sie.
    Ange brachte die Sardinen in Blätterteig. Er sah uns einen nach dem anderen an.
    »Guten Appetit«, sagte er.
    »Danke.«
    »He, wenn er Sie ärgert, rufen Sie mich.«
    Sie lächelte.
    »Guten Appetit«, wagte ich meinerseits.
    »Mhm.«
    Sie nahm einen Bissen und legte Messer und Gabel wieder hin. »Montale, ich habe heute Morgen lange mit Loubet telefoniert. Bevor ich Sie angerufen habe.«
    »Ah, ja. Und wie geht es ihm?«
    »So gut es jemandem geht, den man in der Versenkung verschwin - den ließ. Wie Sie sich sicher vorstellen können. Er würde sich übri - gens freuen, von Ihnen zu hören.«
    »Ja. Stimmt, das ist nicht angenehm. Ich rufe ihn an. Und? Was hat er Ihnen über mich erzählt?«
    »Dass Sie eine Nervensäge sind, das hat er mir erzählt. Ein guter, ehrlicher Kerl, aber eine fürchterliche Nervensäge. Fähig, der Polizei Informationen vorzuenthalten, nur damit Sie ihr einen Schritt voraus sind und Ihre Dinge ganz allein regeln können. Wie Zorro höchstpersönlich.«
    »Loubet ist zu gut.«
    »Und wenn Sie sich endlich dazu herablassen, auszupacken, ist immer das schlimmste Unheil angerichtet.«
    »Ach nee!«, sagte ich gereizt.
    Denn Loubet hatte natürlich Recht. Aber ich war stur. Ich hatte kein Vertrauen mehr in die Polizei. Die Rassisten und von der Mafia Bestochenen. Und die anderen, deren Moral einzig der Karriere diente. Loubet war eine Ausnahme. Polizisten wie ihn konnte man in jeder Stadt an einer Hand abzählen. Die Ausnahme, die die Regel bestätigte. Unsere Polizei war genauso wie die gesamte Gesellschaft.
    Ich sah Hélène in die Augen. Aber ich las keine Boshaftigkeit und auch keine Nostalgie vergangenen Glücks mehr darin. Nicht einmal mehr die weibliche Sanftheit, von der ich einen Vorgeschmack bekommen hatte.
    »Das ändert nichts daran«, nahm ich das Gespräch wieder auf, »dass die Toten, Kompetenzüberschreitungen, Irrtümer, Willkür, Zusammenschlagen ... noch immer von Ihrer Seite kommen, nicht wahr? Ich habe kein Blut an den Händen.«
    »Ich auch nicht, Montale! Und Loubet genauso wenig, soweit ich weiß! Hören Sie auf damit! Was wollen Sie? Supermann spielen? Sich umbringen lassen?«
    Einige der grauenhaften Morde von Killern der Mafia schossen mir durch den Kopf. Einer von ihnen, Giovanni Brusca, hatte mit eigenen Händen ein elfjähriges Kind erdrosselt. Den Sohn des reuigen Santino di Matteo, eines ehemaligen Mitglieds des Cor-leone-Clans. Anschließend hatte Brusca die Leiche des Jungen in ein Säurebad gelegt. Sonias Killer musste aus seiner Schule stammen.
    »Vielleicht«, murmelte ich. »Was stört Sie daran?«
    »Es stört mich.«
    Sie biss sich auf die Unterlippe. Die Worte waren ihr herausgerutscht. Ich merkte es, vergaß es sofort wieder und sagte mir, dass ich vielleicht eine Chance hatte, in diesem Gespräch wieder die Oberhand zu gewinnen. Denn, Kommissarin oder nicht, ich hatte keineswegs vor, Hélène Pessayre von der Mafia zu erzählen.
    Von diesem absurden Zufall, der Sonia das Leben gekostet hatte. Auch nicht von den Telefonanrufen des Killers. Und erst recht nicht von Babettes Verschwinden. Jedenfalls nicht für den Augenblick, was Babette betraf.
    Nein, man würde mich nicht ändern. Ich würde vorgehen wie gewohnt. Nach Gefühl. Seit jener Nacht, seit dieses Arschloch ange - rufen hatte, sah ich die Dinge sehr einfach vor mir. Ich würde ein Treffen mit diesem Typ, dem Killer, arrangieren und ihm ein Magazin in den Bauch jagen. Der Überraschungseffekt. Wie sollte er darauf kommen, dass ein Trottel wie ich in der Lage sein würde, ihn mit einer Waffe zu bedrohen und umzulegen? Alle Killer hielten sich für die besten,

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