Marter: Thriller (German Edition)
konzentrieren.
Als sie das Stäbchen in die Hülle steckte und sie verschloss, schenkte er ihr den Anflug eines Lächelns. Er steht auf mich , fuhr es ihr durch den Kopf.
»Danke«, sagte sie, während sie die Handschuhe abstreifte und ihm die Hand hinhielt, um sich höflich zu verabschieden. »Sie hören von uns, Mr. Findlater.«
»Erstaunlich«, meinte Piola, als der Amerikaner das Zimmer verlassen hatte.
»Außerordentlich«, bestätigte Kat.
»Endlich haben wir eine Antwort auf all die Fragen, die sich uns stellten. Es passt alles zusammen. Das Foto, die Haarsträhne …«
»Was aber ist mit dem Besuch von Barbara Holton bei den Amis in der Caserma Ederle?«, wandte sie ein.
Piola zuckte mit den Schultern. »Wie er schon erklärt hat, ließ sich die Suche nach Melina recht gut mit Barbaras eigener Arbeit vereinbaren.«
Schweigen breitete sich aus, während sie beide noch einmal über das Verhör nachdachten, auf der Suche nach irgendwelchen Details, die nicht zusammenpassten.
»Manchmal ist es schwer«, stellte Piola schließlich fest, »zu akzeptieren, dass es die Wahrheit ist, wenn sich die richtige Antwort endlich findet. Psychologisch schwer, meine ich. Wenn es so viele Möglichkeiten gibt, dann widerstrebt es einem, einen Durchbruch zunächst als mehr als nur eine weitere Möglichkeit zu betrachten.«
Sie nickte.
»Andererseits«, fügte er hinzu, »müssen wir misstrauisch bleiben. Das verlangt unser Beruf.«
Sie sah ihn an. »Du glaubst ihm also auch nicht, wie?«
»Irgendwas stimmt da nicht«, bestätigte Piola. Er stand auf, da er nicht länger sitzen konnte. »Ich kann nicht sagen, was es ist. Aber irgendetwas an dieser ganzen Märchengeschichte über seine lange verschollene Tochter ist gelogen. Da bin ich mir sicher.«
»Am meisten stört mich, dass es keine Aufzeichnungen zu den Telefonaten gibt. Wenn Barbara für ihn gearbeitet hat, warum gibt es dann keinerlei Hinweise darauf? Das Einzige, was die beiden tatsächlich in Zusammenhang bringt, ist die Tatsache, dass die Prostituierten bestätigt haben, ein Amerikaner würde Fragen zu einem kroatischen Mädchen stellen.«
»Wir sollten ein paar von ihnen ein Foto von ihm zeigen. Sein Passfoto sollte genügen – das kriegen wir von der Einwanderungsstelle bei der Guardia di Finanza. Und wenn wir schon dabei sind, sollten wir auch gleich überprüfen, ob er tatsächlich zu den angegebenen Zeiten das Land verlassen hat und wieder eingereist ist.«
Sie nickte. »Darum kümmere ich mich.«
»Ist dir übrigens aufgefallen, dass er ein wenig seltsam reagiert hat, als du die Speichelprobe nehmen wolltest?«
Sie wurde rot.
»Oh«, entfuhr es Piola. »Verstehe.« Er rieb sich das Kinn. »Obwohl, eigentlich verstehe ich es nicht. Ich meine, klar geschieht es nicht alle Tage, dass einem eine wunderschöne Frau mit einem Stäbchen im Mund herumfummelt. Aber es fing schon vorher an, als du ihm erklärt hast, dass wir seine DNA benötigen. Er schien … irgendwie wütend.«
»Warum könnte das so sein?«
»Keine Ahnung. Aber es gab schon Fälle, da hat der Mörder sich in die Ermittlungen eingeschaltet und so getan, als sei er nur ein Zeuge, der der Polizei behilflich sein will. Erst seine DNA hat ihn dann überführt.«
»Wir haben aber keine DNA -Spuren vom Tatort.«
»Nein«, pflichtete Piola ihr bei. »Aber das weiß er vielleicht gar nicht.« Er seufzte. »Ich sag dir, Staatsanwalt Marcello wird begeistert sein. Jetzt sind sämtliche offenen Fragen beantwortet. Und noch ehe die Tinte von unseren Berichten getrocknet ist, wird der Fall an Interpol und das Team, das sich um das organisierte Verbrechen kümmert, übergeben.«
»Gut, dann mal rein hypothetisch. Nehmen wir an, Findlater sagt nicht die ganze Wahrheit. Was heißt das für uns?«
»Es bedeutet …«, begann Piola. Plötzlich holte er tief Luft. »Es bedeutet, dass das alles eine viel größere Tragweite hat, als wir bislang angenommen haben. Es bedeutet, dass wir, ganz gleich, wem oder was wir auf der Spur sind, es mit Leuten zu tun haben, die jederzeit einen glaubwürdigen amerikanischen Exmilitär herbeizaubern können, der uns Antworten auf all unsere Fragen liefert.«
»Mehr als das«, wandte sie ein. »Es bedeutet, dass sie genau wissen, wie unsere Fragen lauten. Sie wissen bis ins Detail über den Stand unserer Ermittlungen Bescheid.«
»Marcello?«
»Wer sonst?«
Wieder entstand eine längere Pause.
»Also«, sagte er schließlich. »Gehen wir mal davon aus, dass
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